Tod im Albtal
der anderen Seite des Dorfes, in der Nähe des Naturfreundehauses, noch schnell auf dem Hof Rösch & Rösch bei unserem Pferd vorbei.
Ich parkte und wurde beim Aussteigen von einem schwarzen Labrador beschnuppert, der mich mit feuchten Augen verfolgte, als ich vorsichtig über den sandigen Boden zu den Stallungen schlenderte. Ausnahmsweise war ich für den Anlass nicht passend angezogen.
Anerkennend bemerkte ich, dass alles wie immer blitzsauber war. Es roch sogar nur dezent nach Pferd. Vorherrschend waren der Geruch von frischem Heu und Feuchtigkeit – die Stallungen wurden offenbar häufig mit Wasser ausgespritzt. Unsere Box, die dritte von links, war allerdings leer. Drei Schülerinnen teilten sich den Ausreitdienst für Miss Ellie, wie ich die Stute getauft hatte. Eine von ihnen war gewiss mit dem Tier unterwegs. Beruhigend, dass alles hier so gut klappte. Es hatte sich bewährt, den besten Hof als Pension für Miss Ellie zu wählen.
Peter Rösch, der das Gestüt zusammen mit seinem Zwillingsbruder bewirtschaftete, kam mir entgegen, als ich wieder zum Auto ging. Er trug Stiefel bis weit über die Knie, und sein sandfarbenes Haar fiel ihm in die Stirn. Er hatte leuchtend blaue Augen.
»Hallo, Swentja! Na, hattest du Sehnsucht nach Miss Ellie?«
Natürlich verkehrten wir nicht in denselben Kreisen, aber rund um die Pferde war es üblich, dass man sich duzte, genau wie beim Tennis oder auf einem Segeltörn. Nur beim Bridge blieb man nach meinem Eindruck lebenslang beim Sie.
Der Hof Rösch & Rösch war sehr beliebt bei unseren Freunden, denn er erfüllte höchste Standards, und er war teuer. Teuer war in unseren Kreisen immer gut.
»Ich war sowieso hier oben, und ich dachte, ich schaue einfach mal vorbei. Alles in Ordnung?«
»Sie hatte vorgestern ein bisschen Hautjucken. Die Tierärztin war da und hat ihr eine Kalziumspritze verpasst. Alles wieder gut. Rechnung folgt prompt.«
»Dass ausgerechnet eine Frau diesen Job macht!«
Peter Rösch zuckte mit den Achseln. »Die kann das! Sie ist übrigens die Schwester von diesem Bleibtrau, der in Neurod die Hundepension hat. Liegt also in der Familie. Und die zwei sind noch symbiotischer als wir, der Tom und ich.«
»Ist sie gut?«
»Ja, die kann richtig zupacken. Ein Mannweib, wenn du mir den Ausdruck verzeihst. Und sehr fixiert auf ihren Bruder. Ich weiß, wovon ich rede. Wir sind zwar Zwillinge, aber ab und zu fährt der eine von uns auf die Shetlands und studiert die Ponys da, wo sie herkommen, und der andere lässt sich an den Pyramiden die Sonne auf den Pelz brennen. Ein bisschen Abstand muss schon sein.«
»Dann ist der Bleibtrau eben ein ganz besonders anziehender Mensch.«
»Er ist ein gutmütiger Bär. Tapsig. Warmherzig. Wahrscheinlich ein Frauentyp. Aber davon verstehe ich nichts.«
Ich lächelte. Es war allgemein bekannt, dass beide Röschs schwul waren, doch sie standen auf vollkommen unterschiedliche Männertypen und waren im Übrigen sehr diskret.
»Hör mal, die Sache mit Friederike Schmied ist ziemlich unangenehm gewesen für dich, oder?«
Natürlich diskutierte ich mit Angestellten wie den Röschs nicht über persönliche Angelegenheiten oder Gefühle, doch die beiden waren immerhin selbstständige Unternehmer und hatten lange Antennen, die bis ins Tal hinabreichten. So könnte es sich lohnen, eine Ausnahme zu machen.
»Ja. Nicht gerade die Situation, in die man häufiger geraten möchte.«
»Ich war mit Tom an dem Tag auch unten in Ettlingen. Es war ja Marktfest. Ziemlich viel los im Städtchen, aber kein Wunder, bei dem idealen Wetter. Man hat alle getroffen, die man so kennt. Den Harald Hurst und den Volker und die Sina. Auch die Prominenz wie unsere Herren und Damen von der Stadtverwaltung, die Gontard und jede Menge anderer alter Bekannter. Sogar die Leute aus Karlsruhe hatten sich in Schale geworfen, um unser südliches Flair in Ettlingen zu genießen. Die Hinterwäldler waren natürlich auch da. Tibor Lodemann habe ich gesehen, den alten Gauner. Ich bin ihm aber aus dem Weg gegangen. Der Mann ist einfach nur geizig. Seine Frau wollte eine Reitbeteiligung bei uns, und er hat so lange gefeilscht, bis ich ihm gesagt habe, er sollte sich besser ein Schaukelpferd anschaffen, das sei billiger. Seither sprechen wir nicht mehr miteinander. Ach, ich weiß nicht, ob es dich interessiert …« Jetzt trat ein verstohlenes Lächeln in Peter Röschs Gesicht. »Unsere Tierärztin Petra Bleibtrau war übrigens auch unterwegs. Und gar nicht weit
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