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Tod im Albtal

Tod im Albtal

Titel: Tod im Albtal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Klingler
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Führerhäuschen winkte selbstgerecht Tibor Lodemann. Was ging den Kerl überhaupt meine Haut an?
    »Ich darf Sie jetzt durch unser Haus führen?«
    Vorbei an der verbiesterten Empfangsdame geleitete er mich durch Flure und Wandelgänge, Treppen hinauf und hinab. Dabei gebärdete er sich wie ein Fremdenführer. »Die Hälfte unserer Apartments sind inzwischen an Dauergäste fest vermietet. Wir haben einige auch in Eigentumswohnungen verwandelt. Sie wissen ja, warum.«
    Ich wusste nicht, nickte aber wissend.
    Der Spa-Bereich war renovierungsbedürftig und nicht ganz sauber. Die Kacheln abgestoßen. Die Pflanzen aus Plastik. Hier würde ich nicht mal eine Gummiente zum Schwimmen herschicken.
    Tibor Lodemann registrierte meinen Blick besorgt. »Sie sind natürlich etwas anderes gewohnt. Ja, man müsste etwas tun. Aber die Lage ist nicht einfach für uns. Es werden bekanntlich immer weniger Kuren bewilligt, und die Konkurrenz aus dem Osten macht uns zu schaffen. Und für die, die sich nur vergnügen wollen: Baden-Baden mit der Spielbank ist nicht weit. Wer Ski fahren will, reist gleich weiter zum höher gelegenen Dobel. Schneesicherer. Für die Jungen haben wir nicht mal eine anständige Disco.« Er seufzte. »Kein wirkliches Nachtleben. Manchmal veranstaltet die Therme nächtliches Baden mit Musik, aber nicht jeder sieht im Badeanzug gut aus, oder?«
    Dabei wanderte sein Blick vielsagend an mir herunter. Kalt sah ich ihm in die Augen. Er schaute zur Seite.
    »Und Mönchs Posthotel, früher eine der ersten Adressen, ist seit dem tragischen Tod des Chefs verwaist. Kein Investor zu finden.«
    Jetzt legte ich meinen Köder. Es wurde Zeit, denn ich hatte genug von diesem Dorfcasanova und seinem Mittelklasse-Ambiente. Ein Hotel wie dieses hier deprimierte mich. Dass es Menschen gab, die so Urlaub machen mussten! Da würde ich lieber gleich zu Hause bleiben.
    »Nun gut, Herr Lodemann, aber Sie haben ja glücklicherweise die Tagestouristen aus Karlsruhe und Mannheim. Oder Bruchsal. Die Elsässer. Und uns nachmittägliche Ausflügler aus Ettlingen.«
    Ich lächelte verhalten. Er starrte mich an. Fuhr sich kurz durch seine Locken. Eine Schuppe rieselte dabei auf seinen Kragen. Alles keine Empfehlung für ihn. Lockige Männer waren meiner Erfahrung nach oftmals Choleriker. »Krause Haare, krauser Sinn!« Manche Kindersprüche bergen ein Körnchen Wahrheit in sich.
    »Nun«, erwiderte er und räusperte sich, »leider ist es nicht ganz so lebhaft mit den Tagestouristen, wie wir uns das wünschen würden.«
    »Das wundert mich. Ein paar Minuten Fahrt nur, und man befindet sich hier in einer anderen Welt. Berge. Bäume. Das Gaistal mit seinen herrlichen Wandermöglichkeiten. Etwa zur Teufelsmühle. Obwohl …«, jetzt unterdrückte ich ein Seufzen, »heute bin ich ziemlich lange hinter einem Lastwagen hergefahren. Ich konnte nirgends überholen. Ein Umzugswagen aus Berlin übrigens. Und erst die armen Motorradfahrer. Man spürte förmlich, wie ungeduldig sie wurden.«
    Jetzt hatte ich den richtigen Knopf gedrückt.
    »Genau. Der neue Mitbürger wird sich gewundert haben. Kriegt gleich den richtigen Eindruck von der Provinz. Und die Motorradfahrer suchen sich nächstes Mal eine andere Stecke aus. Deshalb bin ich auch für das Projekt ›Highway to Heaven‹. Vielleicht haben Sie davon gehört? In Arizona, in Dubai und in Kanada gibt es bereits solche Angebote. Eine eigene Motorradstrecke. Vierspurig. Mit Haltepunkten und mit Schleifen, wo sie mal richtig zeigen können, was die Maschinchen draufhaben, ohne störende Pkws oder Lastwagen. Freie Fahrt für freie Biker. Sie würden in Herrenalb anhalten. Essen. Trinken. Übernachten. Ferienwohnungen mieten und kaufen. Ich mache keinen Hehl daraus, dass ich das Projekt überall forciere.«
    Ich gab mich skeptisch. »Aber wenn ich an Stuttgart 21 denke, könnte ich mir vorstellen, dass es bei einem solchen Bauvorhaben erhebliche Proteste geben würde. Leute, deren Häuser vom Lärm betroffen sind. Leute, die die Natur schützen wollen. Und an die Tiere denken. Vielleicht gibt es auch Häuser, die abgerissen werden müssten.«
    »Natürlich. Spinner gibt es überall. Und die drei Häuser sind doch kein Thema. Wir haben hier mehr Natur, als uns guttut. Von den Bäumen und Wiesen allein können wir nicht leben. Davon kann ich meiner Frau keine Kosmetikerin spendieren, damit sie wenigstens annähernd so aussieht wie Sie.«
    Blöder Kerl. Ich lächelte dennoch erneut und überlegte, wie ich auf

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