Tod im Albtal
vom Tatort.«
»Was willst du damit sagen?«
»Nichts. Gar nichts. Mach damit, was du willst.«
Von Weitem sah ich jetzt Miss Ellie herantänzeln. Sie wurde von einem zierlichen Mädchen geführt und schien sehr zufrieden.
»Abreiben, Sabine!«, rief Peter Rösch. »Gründlich! Und dann gleich die Abschwitzdecke drüber.«
Ich wartete eine Weile, bis das Mädchen fertig war, dann besuchte ich mein Pferd im Stall. Die Stute schien sich zu freuen, stupste mich mit ihrer weichen, warmen Schnauze. Ihre großen Augen sahen mich unverwandt an. Ich fuhr ihren schön geschwungenen Hals entlang und fragte mich, was es mit Petra Bleibtrau auf sich hatte und wie glücklich sie über die Affäre ihres Bruders mit Friederike gewesen sein mochte.
Oder vielmehr wie unglücklich.
Ob Hagen die Bleibtraus auf seiner Rechung hatte? Wusste er überhaupt von Friederikes Verhältnis, und hatte er jemals mit den beiden gesprochen? Wenn nicht – von mir sollte er es möglichst nicht erfahren. Was mir noch wichtiger schien, als Friederikes Mörder zu finden, war meine Stellung in unserer kleinen überschaubaren Welt.
Noch.
* * *
Marlies und ich trafen uns in Ettlingen auf dem Parkplatz des Real-Marktes, bei dessen Anblick ich immer eine Art Futtermittel-Allergie bekam. Wer aß eigentlich das ganze eingeschweißte Zeug, das sie in riesigen Läden wie diesen verkauften? Ich wusste natürlich, dass nicht jeder sich leisten konnte, in Delikatessengeschäften einzukaufen, aber warum aßen die Leute dann nicht einfach nur hochwertige Nudeln? Ein wenig Trüffelbutter, etwas Mascarpone oder alten Parmesan, dazu ein bisschen Parmaschinken – das konnte doch nicht so schwer sein.
Marlies winkte mir fröhlich zu und stieg schwungvoll aus ihrem in mein Auto um. Vorfreude strahlte ihr aus allen Knopflöchern.
Ich nahm die Landstraße nach Mannheim. Das dauerte zwar etwas länger, war insgesamt aber staufreier, und man konnte sich entspannt unterhalten. Wir passierten Grötzingen und dann Weingarten mit seinem hübschen Ortskern, der Brücke, den Kirchen und seinen guten Restaurants, die sich in prächtigen Fachwerkhäusern versteckten.
Marlies wirkte aufgeregt. Dauernd wühlte sie in ihrer Tasche und betrachtete sich in einem kleinen Handspiegel.
»Marlies, alles kein Problem. Ich habe meine Farbkarte dabei. Du bist eine Mischung aus Herbst- und Wintertyp. Deshalb hattest du es bisher so schwer, etwas Passendes zu finden. Aber ich habe bereits die Designer herausgesucht, die in deinen Farben und Materialien schneidern. In Zukunft wirst du mit verbundenen Augen in deinen Kleiderschrank greifen und immer gut aussehen. Stichwort: Anlasskleidung. Es wird immer zum Anlass passen. Papstaudienz, Fürstenhochzeit oder Beerdigung – immer das Richtige.«
»Wo du gerade Beerdigung sagst …«
Und dann fing sie von sich aus mit dem heiklen Thema an, wenn allerdings auch nicht auf die taktvollste Weise. »Swentja, hoffentlich überlebe ich diesen Trip mit dir. Nicht dass ich auch noch im Leichenhemd ende.«
Ich konterte kühl: »Keine Sorge. Weiß steht nicht auf meiner Farbkarte für dich. Außer bei den Basics natürlich. Ansonsten höchstens ein warmes Wollweiß, und das führen sie bei Beerdigungsinstituten bestimmt nicht.«
Ich hatte jetzt die Querspange zur B 36 genommen und umrundete Graben-Neudorf zügig mit Hilfe einer der vielen Schnellumgehungen, die den einst gemütlichen Weg von Karlsruhe nach Mannheim in eine anonyme, fast kerzengerade Rennstrecke verwandelt hatten.
Ein ICE zischte pfeilschnell an uns vorbei, und Fernweh wallte in mir auf. Ich wäre gern mal wieder in unsere Wohnung an der Côte gefahren. Allein, wenn es sein musste. Flüchtig dachte ich an Hagen und an seine unverhohlenen Angebote. Wir hatten zwar ein französisches Bett dort, aber von meinem Mann sah ich darin meistens lediglich den Rücken, wenn er sich nach dem Studium der Financial Times umdrehte. Wenn an seiner Stelle Hagen läge, wäre dieses Bett endlich mit Leben erfüllt, und die Nächte würden wieder Geheimnisse bergen … Energisch schob ich die Vorstellung beiseite.
Ich musste versuchen, Marlies zum Plaudern zu verlocken. »Die Sache mit Friederike war wirklich schockierend! Ich kann bis heute nicht glauben, dass so etwas mitten unter uns geschehen konnte. Sie war doch eine ganz normale Frau. Warum nur musste sie so grausam sterben?«
»Ja, sie war ein armes Ding«, kam es mit einem genussvollen Seufzen zurück.
»Wie meinst du das?« Ich
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