Tod im Albtal
von Steffen Schraut, das mit einem tailliert geschnittenen Blazer in Weinrot sowie einem Bleistiftrock mit aufgenähtem Gürtel kombiniert werden konnte. Die Applikationen waren schwarz. Weinrot und Schwarz, eine fast zu edle Kombination, doch wunderbar zu Marlies blassem Teint. Sie würde ein schwarzes Shirt darunter tragen. Und bitte keinen Schmuck. Ihre billigen Bijou-Brigitte-Kettchen konnte sie allesamt ihren Töchtern vererben.
Dann noch zwei Kaschmirpullis in Mauve und Camel von Oui sowie eine klassische Hose von Windsor für alle Anlässe von der Vernissage bis zum Kirchgang. Die Accessoires stammten von Roeckl und Hermès, die unvermeidlichen T-Shirts in Schwarz, Weiß und Mauve sowie in Pudertönen von Joop. Zwei Seidenblusen in Altrosa beziehungsweise Rosmarinfarben von Rochas, sie passten wunderbar zu der Velourslederhose von Jean Claude Virtois. Max Mara, ein Designer, den ich sehr mag, steuerte eine entzückende Jacke mit Schößchen aus Schurwolle und Kaschmir in einem verjüngenden Perlton sowie den dazugehörigen Pencil-Rock bei. »Die beiden Stücke besitze ich auch!«, teilte ich Marlies mit und zerstreute damit jegliche Bedenken bei ihr.
Ein doppelreihiger Tweedmantel im Smokingstil von John Richmond würde sie lebenslang – von der Taufe ihres ersten Enkelkindes bis zur Beerdigung ihrer Tante – phantastisch aussehen lassen. Einem cremefarbenen Blazer von Chloé konnte ich nicht widerstehen, mit den Jeans zusammen sah das megaedel aus.
Die Verkäuferin war ganz meiner Meinung. Natürlich. Ich sah die Dollarzeichen in ihren Augen. In dem Laden hier würden sie uns wahrscheinlich ein Denkmal setzen. Jedenfalls verwöhnten sie uns im obersten Stockwerk zwischendurch mit Champagner und kleinen Häppchen, die sie eilig aus der Bar im zweiten Stock organisiert hatten.
»Die Frau von Helmut Kohl kauft auch hier!«, raunte mir die Verkäuferin glücklich zu. »Und die Spielerfrauen vom Fußballverein Hoffenheim beehren uns regelmäßig.«
Bevor die American-Express-Karte explodierte, fügte ich Marlies’ Garderobe in einer Boutique in der Roeckl-Passage noch eine schwarze Alltagshose von Airfield sowie eine kakaofarbene Jeans von Esprit und ein paar kurze Strickjacken sowie zwei, drei lange, trendige Blusen von H & M bei. Dort kaufte ich ihr auch Leggings, einen Wollrock, Stulpen und T-Shirts in Weinrot und Cognac.
Vollkommen erschöpft sanken wir schließlich auf die Stühle eines Cafés auf den Planken. Bis auf die Sachen von Esprit und H & M würde alles nach Hause geliefert werden. Marlies streichelte eine Handtasche von Falcchi aus seidenweichem Material, das aussah wie Leder und auch so viel kostete, jedoch aus Kunststoff war. Ich war gegen das Teil gewesen, denn so viel Geld gab ich nur für Echtes aus, aber die Tasche hatte ihr so gut gefallen, also hatte ich sie ihr erlaubt.
»Mir kommt es vor, als hätten wir ganz viele verschiedene Dinge in ganz vielen verschiedenen Farben und Materialien gekauft. Ich dachte, eine Stilberaterin geht ganz streng nach einer Linie vor.« Marlies’ Hände zuckten nach ihren Tüten, als könnte sie es nicht erwarten, alles noch einmal anzuschauen.
Ich lächelte. »Marlies, vertraust du mir?«
»Ja, aber …«
»Die Zeiten, als man wie Lady Diana in den Sachen von ein und demselben Designer geboren wurde, geheiratet hat und gestorben ist, sind vorbei. Materialmix und Designermix sind angesagt. Und doch wird jedes einzelne Stück deiner heute gekauften Kollektion zusammenpassen. Wenn du den kleinen Wollrock von H & M mit der Jacke von Max Mara kombinierst und darunter ein schlichtes T-Shirt trägst, wirst du ebenso klasse aussehen wie mit der Velourhose und der Strickjacke von Esprit. Es wird alles aussehen wie für dich gemacht.«
»Danke.«
»Und du wirst damit auffallen. Auf Partys, wo jeder jeden und seinen Kleiderschrank kennt und die meisten langweilig angezogen sind. Wie beispielsweise der am Vorabend von Friederikes Tod.«
Meine Klientin war jetzt zwar müde, aber auch glücklich und entspannt. Sie fühlte sich begehrenswert und freute sich darauf, all das schöne Zeug zu Hause auszupacken und ihrer Familie zu zeigen. Wartete gespannt auf den Gesichtsausdruck ihres Mannes, obwohl sie sich da vermutlich nicht zu viel versprechen durfte. »Ist das etwa neu?«, pflegte mein Mann zu fragen, wenn ich ihm irgendwie verändert vorkam. »Schick!« Mehr kam nicht.
Aber Marlies hoffte noch. Mit anderen Worten: Marlies war gesprächsbereit
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