Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod im Albtal

Tod im Albtal

Titel: Tod im Albtal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Klingler
Vom Netzwerk:
Hagens Hund fiel mir schon wieder ein. Dieser andächtige Blick! Ich verdrängte ihn und sein Herrchen erneut.
    »Aber die meisten Gäste haben sich gefreut und mit ihr und dem Hund Späßchen gemacht. Janine sagt, sogar die Gontard hat dem Hund Leckerlis gegeben. Gleich, als wir reinkamen, hat sie eins davon rausgeholt. Bunte Knöchelchen. Ich hatte noch Angst, er kotzt irgendwohin, wenn er zu viel davon kriegt. Das hätte ich gar nicht von Elena erwartet. Sie ist sonst immer so distanziert, aber wahrscheinlich nur, weil jeder sie immer um Freikarten fürs Ballett anmachen will. Jetzt wollen sie natürlich wieder in den ›Nussknacker‹, aber ich habe gehört, er ist ausverkauft bis Februar. Aber so ein Hund weckt eben in jedem Beschützergefühle, vor allem bei kinderlosen Frauen, wenn du verstehst, was ich damit meine. Natürlich funktioniert das auch bei Katzen.«
    Marlies holte Luft. Wie alle Tierhalter konnte sie endlos über ihre Lieblinge reden.
    »Die Leute sind extra nach oben gegangen, um mit deiner Tochter und dem Hund zu spielen? Und das auf einer Party der Schmieds? Toll!«
    »Na, so nun auch wieder nicht. Die meisten sind nicht eigens hochgegangen. Die Toiletten für die Herren waren nämlich oben, und deshalb mussten die Männer sowieso rauf. Wir Damen durften uns unten frisch machen, wie man so sagt. Damit wir nicht so weit laufen müssen.« Sie kicherte. »Rücksichtnahme auf die unter uns, die dauernd aufs Klo müssen.«
    »War das nicht ein wenig ungewöhnlich? Bei einer Privatparty unterschiedliche Toiletten für Damen und Herren …«
    »Na ja, es war nicht so, dass ›Männlein‹ und ›Weiblein‹ draufstand wie in einer Kneipe. Es handelte sich natürlich nur um eine heiter vorgebrachte Empfehlung, die zwar keiner kontrolliert hat, die aber stillschweigend eingehalten wurde. Es war schließlich keine Sitzparty, sondern eine Rumlaufparty, und es kamen und gingen zwischendurch immer wieder Leute. Manche waren auch im Garten oder rauchten vor dem Haus.«
    Ich nickte. Eine typische Party in unseren Kreisen. Sehen und gehen nenne ich das. Hingehen und schauen, ob sich’s lohnt. Wenn nicht, gleich wieder gehen.
    »Wir Frauen erneuern ja im Klo auch gleich noch unser Make-up oder frisieren uns neu, und dann müssen die Männer zu lange warten. Also sollten die, die nicht gleich drankamen, nach oben gehen, und das sind nun mal nur die Männer gewesen. Die Schmieds haben unter dem Dach, im dritten Stock, übrigens ihr Privatbad und noch mal ein Klo. Drei Toiletten für zwei Leutchen. Bisschen übertrieben, oder?«
    Dazu äußerte ich mich jetzt nicht. Samantha hatte mit vierzehn auch ihr eigenes Bad bekommen. Ich mochte meine Dusche einfach nicht mehr mit einer anderen Person teilen, nicht einmal mit meiner eigenen Tochter. Diese betonte Nähe, wie sie manche Frauen mit ihren Töchtern pflegten, war mir fremd und hieß für mich klammern! Wir waren eins gewesen, als sie noch in meinem Bauch strampelte. Aber vom Moment ihrer Geburt an hatte sie sich in ihre eigene Richtung entwickelt. Ich konnte das akzeptieren, denn ich brauchte keinen Klon von mir.
    »Hat deine Tochter beobachtet, welche Männer sich wie verhalten haben? Hat sie sich da irgendwie geäußert?«
    Jetzt sah mich die sonst so gutmütige Marlies verärgert an.
    »Swentja, meine Tochter schaut nicht fremden Männern hinterher, die auf die Toilette gehen!«
    Ich wartete eine Weile. Schweigen war immer gut. Ich gab ihr Zeit zum Nachdenken. Dabei genoss ich die sommerliche Fußgängerzonenatmosphäre, die sich vor mir entfaltete. Es tat gut, hier so anonym zu sitzen. Es war September, doch die jungen Mädchen konnten es nicht abwarten und trugen jetzt schon modische Wildlederstiefel bis zum Knie.
    Eine Frau mit einer Kelly-Bag aus Straußenleder lief vorbei. So, wie die Frau aussah, war das Ding sogar echt. Limitierte Auflage. Ich vermutete, dass sie mehr als zehntausend Euro gekostet hatte.
    »Marlies, ich vertraue dir jetzt etwas an, aber bitte erzähle es nicht weiter, okay? Während die Party bei Schmieds lief, ist vermutlich von einem der männlichen Gäste etwas gestohlen worden. Aus Friederikes Bürozimmer. Etwas, was für die Aufklärung des Mordes an ihr wichtig ist. Sehr wichtig. Und genauso wichtig wäre es, wenn deine Janine sich erinnern könnte, welcher von den Männern sich länger, als es der normale Toilettengang erfordert, im ersten Stock aufgehalten hat. Dass deine Tochter da oben saß, ist ein unerwarteter Glücksfall,

Weitere Kostenlose Bücher