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Tod im Albtal

Tod im Albtal

Titel: Tod im Albtal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Klingler
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Kinder in Restaurants kriegen. Oder in Hotels.«
    »Hast du das Blatt noch?«
    »Weiß nicht. Vielleicht. Ich schmeiß nicht gern was weg.«
    Marlies verdrehte die Augen.
    Janine stand auf, wühlte in ihrem Kinderschreibtisch herum. Vielleicht hatte sie eine bestimmte Ordnung, vielleicht auch nicht, jedenfalls fand sie das Blatt. Es handelte sich um eine angedeutete Schwarzwaldlandschaft mit leeren Stellen, die sie natürlich nicht ausgemalt hatte. Das wäre als Jung-Teenager unter ihrer Würde gewesen. Dafür hatte sie einer Kuh einen Bart verpasst und »Shit« drübergekritzelt.
    »Kurhaushotel« stand in wellenförmiger Schrift oben auf dem Blatt. Es stammte also von Tibor Lodemann. Aha. Natürlich war er auch auf der Party gewesen. Als Freund und Unterstützer von Horst Schmieds wagemutigem Bauvorhaben einer Motorradrennstrecke mitten durchs Paradies mochte er ein geschätzter Gast gewesen sein.
    »Blöd, was?«
    Ich schwieg dazu. Vielleicht kamen noch mehr interessante Herren aus Janines Wundertüte, doch die schwieg nun mürrisch.
    Behutsam fragte ich: »Kannst du dich noch an andere Männer erinnern, die da oben bei dir herumliefen und das Bad benutzten?«
    »Nein.«
    »War also kein anderer Herr … auf der Toilette?«
    »Nein. Kein Herr. Nur noch der Charlie und der Volker«, kam es mit fehlender Logik.
    »Charlie?«
    »So nennt sie den Ortsvereinsvorsitzenden von Horsts Partei. Er ist halt für sie wie ein Onkel«, erläuterte Marlies ein wenig entschuldigend. »Karl Seiboldt. Der Vorsitzende der Karl-Seiboldt-Stiftung. Sie hat mit ihrer Flötengruppe da manchmal Auftritte gehabt.«
    Eine Kunststiftung, die behinderte Künstler förderte und bei uns sehr gute Presse bekam. Karl Seiboldt war selbst Vater einer behinderten Tochter.
    »Und Volker?«
    »Volker von Mühlbach. Wir sind mit der Familie gut bekannt.«
    Ich nickte. Die von Mühlbachs kannte ich natürlich auch. Sie gehörten zu unseren Kreisen. Eine gute Familie. Besaßen eine schöne Villa am Ortsausgang von Ettlingen Richtung Rheinstetten. Herr von Mühlbach war der Sage nach ein ganz weit entfernter Angehöriger des Hauses Baden.
    Seine Frau, Sportlerin, Jägerin und Reiterin, hatte vor einiger Zeit Rat bei mir gesucht, als es um die Hochzeit einer entfernten Verwandten ihres Mannes ging, die eine Etage höher auf der Adelsleiter stand als sie. Wir waren zu meiner Schneiderin Stefanie Loos nach Berlin geflogen, bei der ich fast alle meine Kostüme kaufte. So entging man der Gefahr, dass man in der badischen Provinz dem gleichen Kostüm gegenübersaß.
    Die Loos hatte ihr aus feinem Walkstoff ein wunderbares Kostüm mit einer kurzen Schößchenjacke in der Damentarnfarbe Altrosa auf den Leib geschneidert, der Rock knielang mit leichter Glocke. Dazu empfahl ich ihr eine cremefarbene Batistbluse und eine echte Perlenkette im Ton der Bluse. Perlen waren derzeit ein wenig out, aber Schmuck in der Farbe der Bluse sah immer megaedel aus. Der korallenrote Pillboxhut, den sie kaufte, vertrug sich mit Schuhen und Handtasche in der gleichen Farbe. Ansonsten kein Schmuck außer kleinen Perlenohrsteckern, dem goldenen Ehering und dem badischen Wappen am Revers. Die Frau hatte Eindruck gemacht.
    »Sonst keine Männer mehr?«
    »Nee!«
    »Und diese Leute, diese Männer vielmehr, haben dir alle Hallo gesagt?«
    »Ja, die haben mal reingeschaut, den Hund gestreichelt und mit mir reden wollen.«
    »Wollen?«
    »Na ja, was soll ich denn mit so alten Leuten reden? Aber sie sind immer ganz versessen darauf, sich mit uns zu unterhalten.«
    Gut zu wissen. Ich habe sowieso noch nie viel von der Anbiederei an die Jugend gehalten. Man sollte sie einfach in ihrer Welt in Ruhe lassen.
    »Du hast aber nicht zufällig gesehen, ob diese Männer außer in deines noch in andere Zimmer auf dem Stockwerk geschaut haben?«
    »Doch. Haben sie. Die sind alle ein bisschen da oben herumgelaufen. Ich glaube, die waren neugierig. Die Frau Schmied, die hat doch irgendwie auch gemalt und so. Und da oben, da hingen Bilder von ihr. Mir haben sie nicht gefallen. Da war ja gar nichts richtig drauf zu erkennen. Frau Raumütz sagt, Kunst kommt von können.«
    »Ihre Kunstlehrerin. Eine Traditionalistin!«, flüsterte Marlies.
    »Du hast nicht zufällig bemerkt, dass einer von den Herren, als er wieder runterging …«, wie sollte ich das jetzt formulieren, »etwas in der Hand hatte, was er vorher nicht in der Hand hatte? Oder etwas in eine Tasche gesteckt hat?«
    Janine sah mich forschend an.

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