Tod im Apotherkerhaus
es war kein Kunde, wie sich herausstellte, es war ein Büttel, der die Offizin betreten hatte. Ein stattlicher Mann in einer großen, mit Kapok gefütterten Kattunjacke, schwarzen Hosen und derbem Schuhwerk. Er hatte die regennasse Kappe vom Kopf genommen und schlug sie mehrmals auf seinem Unterarm aus. »Ladiges ist mein Name«, sagte er mit tiefem Bass und wies auf seine Begleiter, zwei Gestalten, die ähnlich gekleidet, aber wesentlich unscheinbarer waren. »Meine Assistenten, die Herren Rammer und Göck. Wir führen im Auftrag des Rates eine Untersuchung durch. Eine sehr wichtige Untersuchung. Ich darf annehmen, Ihr seid der Apotheker Rapp?« »So ist es«, sagte der Imitator steif. »Und das ist mein Gehilfe Molinus Hauser. Was kann ich für Euch tun?« »Nun«, Ladiges suchte nach Worten, »die Sache ist delikater Natur. Ich habe Euch einige Fragen zu stellen und würde mich auch gern im Hause umsehen.«
»Ich will Euch gerne helfen. Doch musste ich vorher schon Genaueres wissen. Worum also geht es?« Der Scharlatan verschränkte die Arme vor der Brust und spielte den wehrhaften Hausherrn. Rapp bewunderte, wenn auch widerstrebend, einmal mehr seine schauspielerischen Qualitäten. »Tja, nun.« Ohne es zu merken, setzte Ladiges seine Kappe wieder auf. »Ich will Euch reinen Wein einschenken. Ein Kollege von uns, Meinardus Schlich, wird seit Donnerstag vermisst. Der wichtigste Fall, mit dem er sich gerade beschäftigte, war ein Raub, der hier im Haus passiert sein soll. Kollege Göck, der von uns als Letzter mit ihm sprach, sagt, Schlich wäre fest davon überzeugt gewesen, einer großen Sache auf der Spur zu sein.«
»So isses, so isses«, nuschelte Göck.
Ladiges fuhr fort: »Ich frage Euch also direkt, Herr Apotheker: Wurde Euch etwas gestohlen, und wenn ja, was? Und weiter: Wann habt Ihr Meinardus Schlich zum letzten Mal gesehen?« »Zum letzten Mal gesehen ... ?« Der Imitator zog die Wörter in die Länge, als denke er scharf nach, während er zur Tür schritt und sie abschloss. »So werden wir ungestört sein, Meister Ladiges. Aber um Eure Frage zu beantworten: Es muss heute vor einer Woche gewesen sein, ja, am Montag.« »Am Montag«, brummte Ladiges. »Und was war der Gegenstand Eures Gesprächs?«
»Nun, äh, es ging um den Raub meines Thesaurus.« »Theasaurus?«
»Ja, dabei handelt es sich um eine Sammlung exotischer Tiere und Pflanzen. Große Teile davon wurden gestohlen.« »Aha. Gab es schon irgendwelche Hinweise auf den Verbleib der Stücke?« Ladiges klang jetzt etwas flüchtig, offenbar interessierte ihn das Schicksal seines vermissten Kollegen viel mehr. So entging ihm auch, dass er gerade eine Frage von größter Bedeutung gestellt hatte. Rapp jedoch hatte es sehr wohl bemerkt. Wenn der Imitator jetzt verneinte, weil er die Büttel vom Aufbewahrungsort des Diebesguts fern halten wollte, log er in Gegenwart seines Gehilfen - und machte sich damit von ihm abhängig; nannte er hingegen den Anker-Speicher, würde der Thesaurus früher oder später wieder im Apothekenhaus landen - ob er wollte oder nicht.
»Nun, die Rede war von einem Speicher im Hafen, am Kehrwieder, glaube ich.«
Wie geschickt der Imitator doch war! Er hatte nicht gelogen, sondern die Wahrheit gesagt. Allerdings nicht die ganze Wahrheit, nur gerade so viel, dass es echt klang und dass es Ladiges und seinen Männern nahezu unmöglich war, das Versteck zu finden. Dabei war es doch bekannt. Na warte, die Suppe werde ich dir versalzen, du falscher Prophet!, dachte Rapp. »Ich kann mich noch erinnern, dass vor dem Speicher ein schwerer Anker liegen soll«, schaltete er sich ein, »aber mehr weiß ich auch nicht.«
Der Imitator schluckte; seine Augen verdunkelten sich. Niemand sah es außer Rapp.
»Ach!« Ladiges wollte sich am Kopf kratzen, bemerkte die Kappe und nahm sie wieder ab. »Ein Anker liegt vor dem Speicher, sagt Ihr? Demnach wart Ihr bei dem Gespräch dabei?« »Ganz recht, Meister Ladiges. Aber mehr weiß ich wirklich nicht.« Rapp tat, als könne er kein Wässerchen trüben und musterte verstohlen den Imitator. Eine leichte Röte überzog dessen Gesicht. Rapp rieb sich innerlich die Hände. Ladiges setzte die Kappe wieder auf. »Ich nehme an, Herr Apotheker, das Diebesgut wurde mittlerweile wieder zurückgebracht? Versteht mich nicht falsch, aber in diesem Fall, wo Euch gewissermaßen kein Schaden entstanden ist, nun, könntet Ihr Euch mit einer Einstellung der Nachforschungen einverstanden erklären? Die Suche
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