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Tod im Apotherkerhaus

Tod im Apotherkerhaus

Titel: Tod im Apotherkerhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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Boden und tat so, als würde er sich in seiner eigenen Offizin nicht auskennen. Dazu nannte er eine ganze Reihe von Stoffen und Utensilien, die er für seine Tätigkeit brauchte. Natürlich hatte der Imitator keinerlei Ahnung, wo sich die einzelnen Dinge befanden, überspielte diesen Schwachpunkt allerdings geschickt, indem er sagte: »Wenn Ihr Gehilfe seid, kennt Ihr Euch aus in Apotheken, wisst also auch, wo das Entsprechende zu suchen ist.«
    »Jawohl.« Rapp hatte Mühe, sich dumm zu stellen, doch hatte er den Eindruck, es gelänge ihm einigermaßen, wobei er darauf achtete, es nicht zu übertreiben. Endlich hatte er alles beisammen. »Ist es Euch recht, wenn ich der Pillenbeschichtung am Schluss Rosmaringeschmack gebe?« Der Imitator nickte.
    Rapp begann, ein Quantum pulverisierte Lindenblüten mit Hilfe der Waage auf dem Rezepturtisch abzumessen. Die ermittelte Menge vermischte er mit hellem Lehm und fügte sodann einige Tropfen Öl hinzu.
    »Schildere, was du da tust«, unterbrach ihn der Imitator in lehrerhaftem Ton.
    »Gern. Zum Herstellen der Grundmasse habe ich die Lindenblüten mit Lehm vermischt und mit einigen Tropfen Oleum camphorat vermengt. Dies tat ich aus zweierlei Gründen: Erstens, um den Eigengeruch des Lehms zu neutralisieren, und zweitens, um ihn geschmeidiger zu machen. Wenn Ihr wollt, gebe ich noch ein paar leuchtende Pflanzensporen hinzu.«
    »Äh ... nun. Was würdest du vorschlagen?« »Ich würde es lassen, Herr Apotheker. Der Leuchteffekt mag so manchen verblüffen, wenn er die Pille versehentlich zerbeißt, in Wahrheit hilft er aber nicht. Wenn Ihr gestattet, rolle ich jetzt die Masse aus.« Der Imitator nickte.
    Unter Rapps geschickten Händen bildeten sich alsbald dünne, längliche Lehmwürstchen, die er quer auf eine gerippte Schneideplatte legte. Das Schneidebrett darüber ziehend, erklärte er: »Seht, schon ist die Rohform der Pillen entstanden.« In der Tat hatten sich durch den Ziehvorgang mehrere Dutzend kleiner, würfelförmiger Klümpchen gebildet, die er nun geschickt aus den Rillen herausklaubte. »Ihr habt sehr gutes Werkzeug, Herr Apotheker.«
    Abermals nickte der Imitator zustimmend. Was sollte er darauf auch sagen.
    Rapp gab die Klümpchen in den Pillenformer und strich mit der flachen Hand kreisend über sie hinweg. Kleine, runde Gebilde von hoher Ebenmäßigkeit entstanden auf diese Weise. Anschließend schüttete er die Kugeln in den Pillenbeschichter. »Seht Ihr, nun sind wir schon fast am Ziel.« Er tat zerstoßene Rosmarinblätter in den Pillenbeschichter, verschloss ihn mit der Halbkugel aus Buchsbaum und versetzte beides in kreisende Bewegungen, damit die Rosmarinpartikel an die Kugeln gerieten und daran haften konnten. »Hier, Herr Apotheker, die fertigen Pillen. Ich hoffe, Ihr seid mit dem Ergebnis zufrieden.« »Sehr schön.«
    Rapp, der gehofft hatte, er würde die Anstellung nun bekommen, sah sich getäuscht. Noch zögerte der Imitator. »Ich kann dir keine Unterkunft bieten«, sagte er. Es klang wie: Ich kann dir keine Arbeit geben.
    Doch Rapp ließ nicht locker. »Das ist mir recht, Herr Apotheker. Ich schlafe bei Freunden in der Nähe. Sie waren voll des Lobes über Euch und Eure Apotheke, weshalb ich überhaupt den Mut hatte, Euch aufzusuchen. Auch erzählten sie von Eurer Sammlung kurioser Stücke aus aller Herren Länder. Nun, einer der wenigen Gegenstände, der mir nach meinem Schiffbruch verblieb, ist dieses seltsame Naturgewächs.« Rapp holte die Paramuricea clavata hervor. »Ich selbst verstehe nicht allzu viel von derlei Dingen, weiß nur, dass es sich hier um eine Rote Gorgonie handelt. Gefällt sie Euch?«
    Statt einer Antwort nahm der Imitator das Hohltier auf und hielt es ins Licht. Sofort leuchtete das hundertfache Geäst in tiefem Rot auf. Rapp glaubte zu sehen, dass der Mann von dem Anblick wie gefesselt war, und dachte schon, er hätte gewonnen, da wurde die Tür heftig aufgestoßen. Albertine Kruse, die eingebildete Kranke, stand auf der Schwelle, atemlos und voller Vorwürfe: »Herr-Apotheker-ich-war-ges-tern-hier-aber-Ihr-wart-nicht-da-dabei-gehts-mir-so-schlecht-aber-Ihr-wart-einfach-nicht-da-wo-ich-doch-meine-Wallungen-habe-meine-Wallungen-habe!«
    Der Imitator wirkte etwas hilflos. Wahrscheinlich hatte er dem Wortschwall nicht folgen können, oder er hatte keine Vorstellung, welche Arznei bei Wallungen angezeigt war. »Die-Wallungen-sind-ganz-schrecklich-ganz-schrecklich!« »Ja, gute Frau, das sind sie wohl.« Der Imitator ließ

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