Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod im Beginenhaus

Tod im Beginenhaus

Titel: Tod im Beginenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
Vom Netzwerk:
nächsten Augenblick schob sich der Medicus herein. Sein Mantel war tropfnass, und auch aus den Haaren rann ihm das Wasser in den Kragen.
    «Es regnet», sagte er überflüssigerweise. «Die Haustür war nicht verschlossen. Ich habe den Riegel vorgelegt.» Er zog den Mantel aus, und Adelina beeilte sich, ihn ihm abzunehmen und in der Nähe des Herdes aufzuhängen. Dabei funkelte sie ihn argwöhnisch an.
    «Wie lange seid Ihr schon hier?», zischte sie erbost. Burka sah ihr unbeeindruckt dabei zu, wie sie ihm einen Teller hinstellte und seinen Becher mit Bier füllte.
    «Lange genug, um Eurem Vater zuzustimmen», raunte er. «Ihr solltet Euch vom Hospital fern halten.»
    Das flaue Gefühl war plötzlich wieder da, aber sie ignorierte es und schöpfte Grütze auf seinen Teller. Während er aß, konnte sie jedoch nicht umhin, ihn heimlich zu beobachten. Dabei stellte sie allerdings nur fest, dass sich seine dunklen Locken noch viel anziehender ringelten, wenn sie nass waren. Verärgert über sich selbst, ging sie an diesem Abend früh zu Bett.

5
    Mehrere Tage lang gelang es Adelina, dem Medicus aus dem Weg zu gehen. Er selbst tat nichts, um ihre Verärgerung darüber zu mildern, dass er sie belauscht hatte. Er verließ das Haus morgens sehr zeitig und kehrte abends gerade so spät zurück, dass er das Abendessen nicht verpasste. Danach zog er sich in seine Kammer zurück oder leistete Albert in dessen Laboratorium Gesellschaft.
    Das Wetter schlug derweil immer wüstere Kapriolen. Tagsüber regnete es in Strömen, und nachts gefroren die nassen Straßen und Gassen zu gefährlichen Rutschbahnen. Die Kaufleute und Händler auf dem Alter Markt beschwerten sich täglich über den vereisten Untergrund, der die Bürger davon abhielt, ihre Einkäufe zu tätigen. Schließlich veranlasste der Stadtrat, dass alle Marktplätze mit Asche und Sand bestreut wurden.
    Adelina blieb die meiste Zeit im Haus, half ihrem Vater in der Apotheke und beschäftigte sich ansonsten damit, alle Räume zu putzen, da das Weihnachtsfest nicht mehr fern war. Ihre Gedanken drehten sich jedoch weiterhin um ihren Verdacht. Sie zerbrach sich den Kopf darüber, wie sie an Beweise käme.
    Als sie doch einmal das Haus verließ, um Salben an einen Bader auszuliefern, beschloss sie spontan, auf dem Rückweg erneut zum Friedhof von St. Marien zu gehen. In Gedanken versunken, bahnte sie sich den Weg zwischen den steinhart gefrorenen Grabhügeln.Sie wich in großem Bogen zwei Totengräbern aus, die unter Flüchen mit Spitzhacken und Schaufeln versuchten, ein neues Grab auszuheben. Dabei bemerkte sie zu spät den Mann, der still und versunken an Reinhilds Grab stand. Als er ihre Schritte hörte, drehte er sich um und blinzelte überrascht. Dann schien er sie zu erkennen. Ungehalten wandte er sich wieder dem Grab zu.
    «Was sucht Ihr hier?»
    «Reinhild war meine Freundin», erklärte Adelina unumwunden. Zwar war es ihr unangenehm, mit Reinhilds Witwer ausgerechnet auf dem Friedhof zusammenzutreffen, doch ihre Neugier überwog.
    «Eure Freundin war sie? Das sollte mich freuen.» Die Stimme des Mannes troff vor Sarkasmus. «Was mich weniger freut, ist die Tatsache, dass Ihr mein Gesinde hinter meinem Rücken aushorcht. Welche Art Freundschaftsdienst habt Ihr Euch davon versprochen?»
    «Ich wollte wissen, wie Reinhild gelebt hat.»
    «Wie sie gelebt hat?» Das Echo klang gereizt.
    «Sie wollte nicht zu Euch zurück.» Adelina trat an das Grab heran, kniete sich hin und fegte ein paar welke Blätter fort, die sich zwischen den Steinen der Umrandung verfangen hatten. Sie spürte die sprachlosen Blicke des Kaufmanns auf sich ruhen. Rasch erhob sie sich wieder. «Sie war fast ein ganzes Jahr im Hospital und schien sich dort wohl zu fühlen. Weshalb hätte sie dort bleiben wollen, wenn es ihr bei Euch gut ging?»
    «Was bildet Ihr Euch eigentlich ein, unverschämtes Weib?», brüllte der Kaufmann los. Die Totengräber blickten verwundert zu ihnen herüber. «Verprügeln sollte man Euch für Euer loses Mundwerk!» Fast sah es so aus, als wolle er diese Gedanken in die Tat umsetzen, doch dann fasste er sich, wandte sich um und stapftewutschnaubend davon. Nach wenigen Schritten blieb er plötzlich stehen und fuhr zu ihr herum.
    «Was wollt Ihr von mir? Reinhild ist tot. Wozu also das Ganze?» Als sie nicht gleich antwortete, kam er wieder näher. «Nehmt Euch in Acht, Jungfer Merten», sagte er leise. «Haltet Euch aus meinen Angelegenheiten heraus! Sollte ich erfahren,

Weitere Kostenlose Bücher