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Tod im Beginenhaus

Tod im Beginenhaus

Titel: Tod im Beginenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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Vergessenheit geraten ist. Glücklicherweise gibt es in manchen Universitäten Abschriften seiner Erkenntnisse.» Wieder hielt er inne. «Es war im Sommer vor zwei Jahren, als einer meiner Patienten mich zu sich rufen ließ. Er klagte über schlimme Leibschmerzen, aber keine meiner Arzneien half ihm, es wurde nur schlimmer. Am Ende konnte ich nur noch den Priester holen lassen.»
    «Der Mann ist gestorben?» Adelina stand auf und holte sich den Krug mit dem nur noch lauwarmen Kräutersud vom Tisch.
    «Setzt Euch wieder an den Ofen. Wenn Ihr etwas wollt, sagt es.» Burka maß sie mit strengen Blicken, also setzte sie sich wieder auf ihren Platz.
    «Der Mann?»
    «Starb noch am selben Tag. Er hatte keine Angehörigen, also bot ich mich an, für seine Beerdigung zu sorgen. Ich wartete, bis der Priester gegangen war, dann ließ ich einen Wagen kommen und den Leichnam in mein Haus bringen.»
    «In Euer Haus?»
    «Ich musste herausfinden, was den Mann um sein Leben gebracht hatte.» Burka starrte zu Boden. «Also habe ich die Leiche seziert.»
    «Ihr habt …?» Adelina riss die Augen auf.
    «… ihn aufgeschnitten, ja.»
    «Du liebe Zeit. Ihr habt einfach einen Leichnamseziert, obwohl Ihr wusstet, dass es verboten ist? Die Kirche …»
    «Es ist nicht überall rundheraus verboten. Aber Ihr habt es erraten. Die Kirche bekam davon Wind. Einer meiner Knechte lief zum Erzbischof. Er hatte wohl Angst um sein Seelenheil in einem Haus wie meinem.»
    «Ihr hattet Knechte?» Adelina verzog das Gesicht, kaum dass ihr die Frage herausgerutscht war. Was tat das schließlich zur Sache? Er war ein … ja, was eigentlich?
    «Die Schergen des Erzbischofs standen vor meiner Tür, noch bevor ich den armen Mann beerdigen lassen konnte. Sie sperrten mich in den Turm. Mehrere Wochen verbrachte ich zwischen Meuchelmördern und Wahnsinnigen. Natürlich verhörten sie mich, das müssen sie tun. Wenn man sich einsichtig zeigt, belassen sie es beim ersten Grad der Befragung.» Adelina schauderte.
    «Sie haben Euch laufen lassen?»
    «Sie haben sich meine Gründe angehört, wieder und wieder. Dann wollten sie mich als Ketzer verurteilen.»
    Adelina fuhr von ihrem Sitzplatz hoch und riss dabei den halb vollen Becher zu Boden.
    «Ihr sitzt hier und erzählt mir, dass Ihr ein verurteilter Ketzer seid?» Verstört wandte sie sich ab. «Ketzer werden verbrannt. Ihr seid noch am Leben.»
    «Ich hatte mächtige Freunde. Daher bekam ich die Chance, zu widerrufen und das Land zu verlassen. Als Medicus darf ich arbeiten, aber der Papst persönlich hat verfügt, ich dürfe auf Lebenszeit an keiner Schule oder Universität lehren. Nicht einmal die freien Künste.»
    Adelina drehte sich wieder zu ihm um. «Und niemand weiß davon?»
    «Seid versichert, sobald ich versuche, eine Stelleanzunehmen, wird es bekannt. Der Papst bestätigt die Pfründen der Magistri und Doctores. Und der Erzbischof hat mich durch einen seiner Legaten in der Stadt begrüßen lassen.»
    Lange sah Adelina ihn schweigend an. Dann bückte sie sich nach dem Becher, der unter die Bank gekullert war, und stellte ihn zurück auf den Tisch. Der Medicus beobachtete, wie sie den feuchten Fleck aufwischte und den Lappen zum Trocknen aufhängte.
    Sie nieste heftig und wischte sich unwirsch mit dem Ärmel über die Nase.
    «Ihr habt Euch unter falschen Voraussetzungen hier eingemietet.»
    «Werft Ihr mich hinaus?»
    Adelina ging zur Tür, als hätte sie die Frage nicht gehört. Im Gang dahinter war es kalt. Sie drehte sich noch einmal zu ihm um.
    «Habt Ihr herausgefunden, an was der Mann gestorben ist?»
    «Nicht wirklich. Er hatte eine schlimme Entzündung in den Därmen. Vielleicht war es …» Er brach ab, und um seine Mundwinkel zuckte es. «Ich werde die Miete immer pünktlich zahlen.»
    Adelina zog die Küchentür entschlossen hinter sich zu und schleppte sich in ihre Kammer. Dort ließ sie sich stöhnend auf ihr Bett fallen und zog sich die Decke über den Kopf. Ihre Hände waren eiskalt geworden. Sie legte sie an ihre glühenden Wangen.
    Sie hatte einem Ketzer Unterschlupf gewährt! Für ehrenhaft hatte sie ihn gehalten und sogar begonnen, ihn zu mögen. Es war besser, wenn sie sich von ihm fern hielt, soweit das möglich war.
    Aber ging das? Sie brauchte ihn, wenn sie beweisenwollte, dass Reinhild, Adrian und Balthasar vergiftet worden waren. Wer sonst hatte denn ihren Verdacht auch nur in Erwägung gezogen? Mit wem sonst konnte sie darüber reden?
    Der Verdacht.
    Sobald sie wieder gesund

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