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Tod im Beginenhaus

Tod im Beginenhaus

Titel: Tod im Beginenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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wieder dieses flaue Gefühl in sich. Mit aller Macht versuchte sie es zu verdrängen. Es war nicht gut, derart misstrauisch zu sein. Oder etwa doch?
    Irmingard hatte unterdessen eine der Pflegerinnen zu sich gerufen und übergab ihr den Korb mit den Kräutern. Dann wandte sie sich wieder an Adelina.
    «Wenn Ihr einen Augenblick warten wollt, hole ich Euch gleich Euer Geld.»
    «Natürlich. Ich sehe so lange nach Vincentia. Es geht ihr doch gut?»
    «Sie hat ein bisschen Magenweh, aber ansonsten scheint sie sich ganz wohl zu fühlen.» Irmingard verließ den Raum, und Adelina ging um den Wandschirm herum. Das kleine Mädchen saß mit überkreuzten Beinenauf dem Boden und spielte selbstvergessen mit der Puppe. Adelina ging neben ihr in die Hocke.
    «Guten Tag, Vincentia. Kennst du mich noch?»
    «Adelina», sagte das Mädchen mit monotoner Stimme. «Hast du ein Kleid mitgebracht?»
    Adelina blickte auf die Puppe und lächelte.
    «Heute leider nicht. Aber wenn du möchtest, nähe ich dir noch eins. Du darfst aber nicht auf dem kalten Boden sitzen. Davon kann man krank werden.» Sie nahm die Kleine am Arm, um sie zum Aufstehen zu bewegen. Vincentia ließ es mit sich geschehen und krabbelte brav auf das Bett.
    «Ich habe gehört, du hast Magenschmerzen?»
    Das Mädchen hob den Kopf und sah Adelina plötzlich mit merkwürdig klarem Blick in die Augen.
    «Der Frühstücksbrei war nicht gut. Ich hab ihn ausgespuckt.»
    «Tatsächlich? Warum hat er dir denn nicht geschmeckt? Sonst magst du ihn doch auch.»
    «Der Brei war nicht gut», wiederholte das Mädchen, dann wurde ihr Blick wieder trübe. Plötzlich weiteten sich ihre Augen, und ihre Hände fuhren in die Luft.
    «Da! Große Tiere! Tiere!», schrie sie und deutete wild um sich. Adelina erschrak und versuchte, die kleinen Hände festzuhalten.
    «Vincentia, was ist denn mit dir? Beruhige dich, da sind keine Tiere.»
    Doch das Mädchen schrie immer lauter, den Blick starr auf eines der Fenster gerichtet. Die gegen die Winterkälte über den Rahmen gespannte Decke hatte sich an einer Ecke gelöst und flatterte in der Zugluft.
    «Tiere, Tiere!», brüllte sie. Zwei junge Beginen kamen herbeigerannt und bemühten sich ebenfalls, daszappelnde Mädchen zu beruhigen. Adelina hielt noch immer Vincentias Hände umfasst; sie waren eiskalt. Wenn sie losließe, würde die Kleine mit Sicherheit wild um sich schlagen. Vincentia spuckte und wand sich unter den Griffen der Pflegerinnen. Dann wurde sie plötzlich ganz ruhig und sackte in sich zusammen. Adelinas Herz schlug heftig gegen ihre Rippen.
    «Du liebe Zeit, hatte sie einen Anfall?» Hinter ihnen wurden Schritte laut. Irmingard kam herbei und beugte sich über die kleine Patientin.
    «Sie hat behauptet, Tiere zu sehen, und wollte um sich schlagen», erklärte eine der Beginen. Adelina meinte sich zu erinnern, dass ihr Name Heidrun war. «So etwas hat sie noch nie gemacht.»
    Mit besorgter Miene strich Irmingard dem Mädchen über das schweißnasse Haar.
    «Sie scheint sich wieder beruhigt zu haben. Ihr müsst sie besser im Auge behalten», sagte sie streng. Die beiden Pflegerinnen nickten betreten und machten sich wieder an ihre Arbeit. Irmingard zuckte mit den Schultern.
    «Es tut mir Leid. Man kann nie sicher sein, wie sie auf Besuch reagiert.»
    «Das weiß ich doch. Ihr braucht Euch nicht zu entschuldigen.» Adelina nahm die Münzen, die Irmingard ihr reichte, und steckte sie in ihre Gürteltasche. «Ich wünschte nur, man könnte ihr helfen.» Sie blickte auf das Mädchen hinab, das sich auf seinem Bett zusammengerollt hatte und sämtliche Finger der linken Hand in den Mund gesteckt hatte. «Wenn ihre Magenbeschwerden schlimmer werden, lasst es mich wissen. Wir haben eine gute Kräutermischung gegen Bauchweh.»
    «Das werde ich. Aber ich glaube, es ist nichts Schlimmes. Soll ich Euch zum Tor begleiten?»
    «Das ist nicht nötig. Ihr habt sicher eine Menge Arbeit.» Adelina beugte sich noch einmal zu Vincentia hinunter und strich ihr eine wirre Haarsträhne aus dem Gesicht. «Bis bald. Ich bringe dir dann ein neues Kleid für deine Puppe mit.»
    Als sie schon auf halbem Weg zum Wandschirm war, hörte sie Vincentia rufen.
    «Adelina!»
    Sie drehte sich um und sah die großen dunklen Augen in dem totenblassen Gesicht.
    «Adelina, es kribbelt. Ein schönes Puppenkleid!»
    Adelina lächelte ihr noch einmal zu und verließ dann verwirrt den Raum.
    ***
    «Warum habt Ihr mir verschwiegen, dass Ihr noch einmal im Hospital wart?»,

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