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Tod im Beginenhaus

Tod im Beginenhaus

Titel: Tod im Beginenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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wenig wie möglich zu belasten. Doch schon nachwenigen Metern musste sie wieder Halt machen und sich abstützen. Verzweifelt atmete sie mehrmals tief ein und aus. Dann humpelte sie wieder ein paar Schritte und musste wieder eine Pause machen. So würde sie die Brückenstraße niemals erreichen. Wieder traten ihr Tränen in die Augen, diesmal mehr vor Wut als vor Schmerz. Die Gasse, in der sie sich befand, war menschenleer. Es war eine Abkürzung, die in die Schildergasse und von dort über die Hohe Straße zur Brückenstraße führte.
    Verbissen hüpfte sie ein Stückchen weiter, doch auf dem unebenen Grund kam sie aus dem Gleichgewicht. Wieder blieb sie stehen. So ging es auch nicht. Wenn sie sich auch noch den anderen Fuß verstauchte, würde sie gar nicht mehr weiterkommen. Hinter ihr erklangen mit einem Mal schwere Schritte.
    «Seid Ihr das, Jungfer Merten?» Sie drehte sich um und sah den bulligen Ludowig auf sich zueilen. Besorgt musterte er sie.
    «Habt Ihr Euch verletzt?»
    «Ich bin mit dem Fuß umgeknickt», erklärte sie und lächelte ihn zutiefst erleichtert an. Er konnte ihr eine Mietsänfte schicken. Das war zwar teuer, aber die beste Lösung.
    «Das ist doch nicht nötig», meinte er auf ihren Vorschlag. «Ich habe die Kutsche hinten am Neumarkt stehen. War nur kurz da drüben», er zeigte auf ein Haus hinter sich, «im Haus meiner Schwester. Ich bringe Euch heim. Wenn Ihr hier kurz warten wollt …»
    Sie nickte, und er rannte zurück zum Marktplatz. Es dauerte nur wenige Minuten, bis die Kutsche mit dem Grauschimmel herangerollt kam. Ludowig hob Adelina fürsorglich auf den Kutschbock, und schon holperten sie los.
    «Würdest du mich wohl zu deinem Herrn bringen?», bat Adelina, als sie merkte, dass er die Kutsche in Richtung Alter Markt lenken wollte.
    «Ihr wollt Euren Knöchel untersuchen lassen?», fragte er und schlug den anderen Weg ein. «Seid Ihr da nicht besser bei einem Chirurgen aufgehoben?» Er lächelte freundlich. «Magister Burka ist ein hervorragender Medicus, was man so hört, aber in Knochendingen kennt er sich bestimmt nicht so gut aus. Ich hab einen Vetter, der ist Baderchirurg. Zu dem kann ich Euch bringen.»
    «Nein, nein», wehrte sie ab. «Es ist nicht wegen des Knöchels. Ich muss Magister Burka in einer dringenden Angelegenheit sprechen. Ich war eben auf dem Weg zu ihm.»
    Ludowig nickte.
    «Dann müssen wir schauen, ob der Herr Magister schon wieder zu Hause ist. Hat wohl viele Patienten. Wo er sich doch das schöne große Haus leisten kann. Ärzte sind reiche Leute. Schließlich ist alle Welt ständig krank.» Er deutete auf ihren Fuß. «Wenn ich Euch später noch zu meinem Vetter bringen soll, müsst Ihr es nur sagen. Mach ich gerne.»
    «Danke.» Sie lächelte ihn wieder freundlich an. Er war wirklich eine gute Seele. «Aber ich glaube, so schlimm ist es auch wieder nicht. Der Fuß ist sicher nur verstaucht. Das tut zwar weh, aber einen Umschlag kann ich mir später auch selber machen.»
    «Stimmt ja!», rief er und lachte. «Ihr seid ja die Apothekerin, nicht wahr? Natürlich habt Ihr da Eure Medizin selbst im Haus.» Sie nickte, sagte jedoch nichts dazu, dass er sie fälschlicherweise als Apothekerin tituliert hatte. Wenn ihr Leben damals anders verlaufen wäre, trüge sie nun tatsächlich diese Berufsbezeichnung.
    Wenig später hielt Ludowig vor einem frei stehenden zweigeschossigen Haus, das ziemlich am oberen Ende der Brückenstraße lag. Die Fenster des ersten Stockwerks waren zum Teil mit Butzenscheiben verglast, die im Erdgeschoss immerhin mit geschabter Schweinehaut abgedichtet. Auf der rechten Seite führte ein Weg um das Haus herum zu den Wirtschaftsräumen und zum Stall. Ludowig half ihr von der Kutsche herunter und die wenigen Stufen zur Eingangstür hinauf. Dann klopfte er mit dem in die Tür eingelassenen Metallring dreimal fest gegen das Holz.
    Eine schmale, ältliche Frau mit fest um den Kopf gebundenem Kopftuch und Hunderten Lachfältchen um Mund und Augen öffnete.
    «Ist der Magister im Haus, Magda?», fragte Ludowig. «Die Apothekerin möchte zu ihm.»
    Magda nickte und winkte Adelina ins Haus.
    «Ich hole ihn. Er ist gerade erst nach Hause gekommen und gleich in seinem Studierzimmer verschwunden. So ein fleißiger Mensch. Aber ein bisschen griesgrämig, möchte ich meinen.» Erschrocken schlug sie die Hand vor den Mund, als ihr bewusst wurde, dass sie so etwas vor einer Besucherin gesagt hatte. Dann eilte sie die breite Treppe am Ende der

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