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Tod im Beginenhaus

Tod im Beginenhaus

Titel: Tod im Beginenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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mit einem langen Blick.
    «Ich besitze nun ein Haus, und es gibt schließlich keinen Grund, seine eigenen vier Wände lange leer stehen zu lassen, nicht wahr?»
    «Da habt Ihr zweifellos Recht. Gehabt Euch wohl!», antwortete Albert, klopfte ihm auf die Schulter und ging wieder in die Apotheke.
    «Viel … Glück», stammelte Adelina. «In Eurem neuen Haus, meine ich.» Sie wandte sich ab und wollte ebenfalls hineingehen.
    «Adelina?»
    Sie drehte sich wieder um. In Burkas Augen las sie Dinge, die sie lieber nicht wissen wollte.
    «War ich das? Eine schöne zusätzliche Einnahmequelle?»
    Obwohl er ganz ruhig gesprochen hatte, verletzten seine Worte sie zutiefst. Er stieg auf den Kutschbock. «Ich werde meine restlichen Sachen später abholen lassen.» Er schnalzte, und das Pferd setzte sich in Bewegung.
    Adelina fühlte sich wie erstarrt. Was nun? Er war fort, und eines wusste sie: Es war ihre Schuld. Niemals hättesie ihm die Wahrheit sagen dürfen. Nun hasste er sie. Verraten würde er sie zwar nicht, nein, dazu war er zu ehrenhaft. Aber verachten würde er sie für ihre Tat. Sie legte die Hände an ihre Wangen, die mit einem Male glühten. Vorbei. Alles vorbei. Aus dem Inneren der Apotheke wurden polternde Schritte laut.
    «Lina, schnell! Du musst gucken! Fine hat eine Ratte gefangen!» Freudestrahlend kam Vitus auf die Straße gestürzt und zerrte an Adelinas Hand. «Komm, du musst gucken, bevor Ziska sie wegbringt!»
    «Ja doch, Vitus, ich komme schon.» Sie ließ sich von ihrem Bruder ins Haus ziehen und durch die Hintertür wieder in den Garten hinaus. Fine saß hoch erhobenen Hauptes vor ihrer Beute, einer ungeheuer fetten Ratte, die in einer Lache von Blut schwamm. Franziska stand daneben und grinste.
    «So was hab ich noch nie gesehen. Eine Katze, die Ratten fängt!», lachte sie. «Aber die Mäuse im Haus, die erwischt sie nicht.»
    Adelina betrachtete die Ratte und nickte.
    «Tatsächlich ein großer Fang», murmelte sie, weil Vitus ungeduldig auf eine Reaktion wartete. Nachdem nun alle ihre Beute bewundert hatten, schien Fine das Interesse an ihr zu verlieren. Sie erhob sich, strich Vitus und Adelina kurz um die Beine und quetschte sich durch den Türspalt ins Haus.
    «So eine eitle Katze», sagte Franziska und musste wieder lachen. Dann ergriff sie die Ratte mit spitzen Fingern am Schwanz und warf sie in die Abortgrube. Adelina nickte nur. Ihr Blick streifte über den winterlichen Garten und blieb am Zaun zu Keppelers Grundstück haften. Die Latten waren ordentlich vernagelt und so weit erhöht worden, dass niemand mehr herübersteigenkonnte. Sie schluckte und presste die Lippen zusammen.
    «Herrin? Ist etwas nicht in Ordnung?» Franziska sah sie besorgt an. Adelina schüttelte den Kopf.
    «Ist schon gut. Ich muss nur kurz …» Sie wandte sich ab und holte tief Luft. Es half nicht. Kopflos rannte sie ins Haus und stürzte in ihre Kammer. Hinter sich hörte sie die erschrockene Franziska noch etwas rufen, doch sie sperrte die Tür hinter sich zu und lehnte sich dagegen. Auf dem kleinen Pult neben ihrem Bett lag ein dickes Buch. Magister Arnoldus’ Aufzeichnungen. Mit einem trockenen Schluchzen kroch sie ins Bett und presste das Gesicht in ihr Kissen. Es dauerte lange, bis die Tränen zu fließen begannen, und jede einzelne brannte wie Feuer in ihren Augen.
    ***
    Den Rest des Tages verbrachte Adelina in schlafwandlerischer Betäubung. Schweigend ging sie ihren Pflichten nach. Franziska schien sich ihren eigenen Reim auf die Geschehnisse zu machen, denn sie bemühte sich nach Kräften, Vitus und Albert abzulenken. Das war auch bitter nötig, denn als Vitus endlich begriffen hatte, dass sein neuer Freund, der Medicus, nicht mehr zurückkommen würde, bekam er einen Tobsuchtsanfall, der damit endete, dass Albert und Franziska alle Kräfte zusammennehmen mussten, um das laut heulende Bündel ins Bett zu verfrachten.
    Adelina nahm das alles nur am Rande wahr. Sie konnte sich auch nicht aufraffen, zu ihrem Bruder zu gehen, um ihn zu trösten. Zum ersten Mal überließ sie diese Aufgabe jemand anderem.
    Am späten Nachmittag klopfte ein strohblonderKerl mit schweren Holzpantinen an den Füßen an die Haustür. Sein rechtes Bein war etwas kürzer geraten als das linke, was ihn jedoch bis auf ein leichtes Hinken nicht zu behindern schien. Er wollte die restlichen Kisten des Medicus abholen. Adelina schickte ihn allein in die Dachkammer und wartete am Fuß der Treppe, bis der breitschultrige junge Mann, der sich

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