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Tod im Botanischen Garten - Frank Beauforts dritter Fall

Tod im Botanischen Garten - Frank Beauforts dritter Fall

Titel: Tod im Botanischen Garten - Frank Beauforts dritter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ars vivendi verlag GmbH , Co. KG
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Publikumsliebling im Zoologischen Museum in Erlangen. Doch nachdem das geschlossen wurde, landete er hier im Archiv. Jetzt geht Schorsch frischrestauriert als Prunkstück in die Erlanger Ausstellung. Er ist sogar auf dem Plakat abgebildet.«
    »Haben Sie den Affen ausgestopft?«, fragte Anne Herrn Franke, doch der Tierpräparator brummelte nur vor sich hin und beschäftigte sich weiter mit seinen Schlangen.
    »Schorsch und die anderen Präparate wurden nicht ausgestopft, sondern modelliert. Es sind Dermoplastiken. Darauf legt der Präparator großen Wert. Ein äußerst aufwendiger Vorgang, der viel handwerkliches und künstlerisches Geschick erfordert. Als der Gorilla gestorben war, wurde er enthäutet und sein Fell gegerbt, um es haltbar zu machen. Der Körper wurde entfleischt, danach die Knochen wieder zum Skelett montiert und schließlich der Körper mit Ton modelliert. Danach wurde ein Abdruck von dem Modell gemacht, von diesem Abdruck die endgültige Form gegossen und schließlich das Fell aufgezogen. Das Ganze hat Monate gedauert.«
    »Ich werde ausgestopfte, äh, ich meine präparierte Tiere in Zukunft mit größerer Hochachtung betrachten. Haben Sie hier unten nur Exoten aus dem Zoo?«
    »Aber nein. Es gibt beispielsweise auch eine wunderbare Heimatsammlung fränkischer Vögel. Über dreihundert Exemplare, darunter längst vertriebene wie das Blaukehlchen oder der Fischadler. Die Sammlung stammt aus den Fünfzigerjahren und ist berühmt in der Fachwelt, weil die Tiere so lebensecht präpariert sind. Wollen Sie sie sehen?«
    Ohne eine Antwort abzuwarten, kurbelte der Professor zwei Rollschränke auseinander, sodass ein begehbarer Raum entstand. Plötzlich fanden sie sich inmitten einer Voliere wieder. Die Metallregale strotzten vor Vögeln. Sie saßen auf Ästen, brüteten in Nestern oder spreizten ihre Flügel im Landeanflug. Täuschend echt und doch totenstill. Kein Gesang erhob sich mehr aus diesen Vogelkehlen.
    »Hier sind alle Vögel versammelt, die im fränkischen Raum heimisch sind. Da die Uferschwalbe, dort Heidelerche undFeldlerche im Vergleich, hier sämtliche Spechte vom großen Schwarzspecht bis zum Grünspecht.« Er deutete auf die entsprechenden Präparate. »Dann haben wir natürlich alle Singvögel – immer pärchenweise dargestellt – vom Pirol bis zum einfachen Feldsperling. Das beeindruckendste Exemplar ist aber unser Fischadler hier.« Die braunen Schwingen des Greifvogels waren weit ausgebreitet – eine dramatische Pose. Der Professor schob seine Brille hoch und studierte das Etikett der Holzplatte, auf die der Vogel montiert war. »Der wurde im Weihergebiet von Dechsendorf am 14. September 1952 geschossen, so leid es einem tut. Heute wäre das natürlich verboten.«
    »Warum macht man das überhaupt – tote Tiere präparieren?«, schaltete Beaufort sich ein. »So ganz hat mir diese Passion noch nie eingeleuchtet. Für mich hat es etwas von einer Trophäe.«
    »Da verstehen Sie diese Sammlung aber völlig falsch. Das sind keine Jagdtrophäen, sondern Lernobjekte für Studenten. Ein Tier bewegt sich, versteckt sich oder ist gefährlich. Nur das präparierte Tier kann man in aller Ruhe ganz aus der Nähe studieren, nicht als Bild, sondern als räumliches Objekt, aus jedem möglichen Blickwinkel. Das hier ist ein dreidimensionales Archiv der Tierwelt.« Adler führte seine Besucher zu einem anderen Regal, in dem verschiedene Tierschädel lagen, und drückte Anne einen Bärenschädel und Beaufort einen Krokodilschädel in die Hand. Die Knochen fühlten sich kalt und glatt an. »Noch lehrreicher ist es, wenn sie Objekte wie diese auch anfassen können. Ich nenne das Begreifen durch Begreifen. Wenn ein Student erst mal verschiedene Schädel in Händen gehalten und den ähnlichen Aufbau der Schädelknochen erkannt hat, versteht er die Evolution ganz automatisch.«
    »Wirklich schade, dass diese Sammlung nicht für jeden frei zugänglich ist«, fand Anne.
    »Als es unser Zoologisches Museum in der Erlanger Innenstadt gab, war das noch möglich. Aber diese Zeiten sind längstvorbei.« Die Begeisterung des Professors, die er eben noch an den Tag gelegt hatte, wich einer sanften Melancholie. »Unsere ältesten Stücke stammen noch aus den Markgräflichen Kunst- und Naturalienkabinetten in Ansbach und Bayreuth. In ihrer besten Zeit, in den Siebziger- und Achtzigerjahren, umfasste die Sammlung über zehntausend Exponate. Doch dann wurde das Zoologische Museum aufgelöst, weil die Mediziner das

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