Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod im Dom

Tod im Dom

Titel: Tod im Dom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Ziegler
Vom Netzwerk:
gelassen. Unsere Rettung hatten wir allein meiner Geistesgegenwart und der sowjetischen Handgranate zu verdanken, und ich war fest entschlossen, die erfolgreiche Handgranatenstrategie weiterzuverfolgen.
    No more Mr. Nice Guy.
    So einfach es für den teuflisch gutaussehenden Harry Hendriks gewesen war, sich in den teuflisch gutaussehenden Präsidenten der Cologne Skater zu verwandeln, so einfach konnte sich der Präsident der Cologne Skater in den bösen Onkel Makarow verwandeln. Und wenn Onkel Makarow Antworten brauchte, dann würde er sie auch bekommen.
    Also fuhren wir nach München, Machetzky besuchen, die Nummer drei auf der Liste des Majors.
    Anja hatte es nach meiner leichtsinnigen Liebeserklärung weniger eilig – völlig losgelöst von der bösen Wirklichkeit drängte sie mich, irgendwo am Wegesrand eine romantische Pension zu suchen, um »unsere Liebe zu besiegeln«, wie sie es nannte, doch ich lehnte strikt ab.
    Wir konnten es uns nicht leisten, wertvolle Zeit mit vögeln zu verschwenden. Paul und der Major hatten zwar mit ihrem Mercedes-Transporter eine Bruchlandung gemacht, aber als ich das Wrack inspiziert hatte, war es leer gewesen.
    Nicht, daß es mich sehr überrascht hatte.
    Paul hatte die Kollision mit dem Trabbi überlebt, den Zusammenstoß mit dem Schwerlaster und Anjas spontanen Kastrationsversuch – da mußte ihm der Flug über die Böschung wie ein Jahrmarktsspaß vorgekommen sein.
    Wir mußten vor diesem mörderischen Duo in München eintreffen, oder aus den Antworten auf meine Fragen wurde wieder nichts.
    Mich interessierte zum Beispiel brennend, was Machetzky und Pastich diesem Schönbrunn bei ihrem Besuch im Kurhotel erzählt hatten. Es mußte etwas Unangenehmes gewesen sein – so unangenehm, daß Schönbrunns Herz es nicht verkraftet hatte. Und was war mit dieser angeblichen Erbschaft Schönbrunns und seinen teuren Träumen von einem Altersruhesitz in Spanien? Laut Ede Reutling schien er tatsächlich jede Menge Geld gehabt zu haben, aber vielleicht stammte es gar nicht aus einer Erbschaft, sondern aus den illegalen KoKo- Geschäften.
    Vielleicht hatten die sechs Männer auf der Liste irgendwo einen Haufen Geld gebunkert, und Paul und der Major waren deshalb hinter ihnen her.
    Je länger ich über diese Theorie nachdachte, desto besser gefiel sie mir.
    An Geld hatte es in meinem Leben immer gemangelt. Wenn es so etwas wie Gerechtigkeit auf dieser Welt gab, dann würde ich nicht nur als freier, sondern auch als reicher Mann aus diesem ganzen Schlamassel hervorgehen.
    »Also drück auf die Tube«, sagte ich zu Anja, und sie tat es.
    Als wir in München ankamen, schneite es. Die ganze Stadt sah aus wie die Bavaria-Filmkulisse für ein großstädtisches Wintermärchen, und nur die überall aktiven Räumfahrzeuge trübten das romantische Bild. Auf dem Weg in die Innenstadt wurden wir zwischen zwei Schneepflügen fast zermalmt, weil sich Anja mehr für das Bayerische Nationalmuseum und das Prinz-Carl-Palais als für den Verkehr interessierte, und in der City gewann ihr kunsthistorisches Über-Ich endgültig die Oberhand.
    »Eine Stunde!« rief sie aufgeregt. »Gib mir nur eine Stunde, Harry! Die Residenz, die Feldherrnhalle, die Frauenkirche – ich muß sie sehen! Bitte!«
    »Das hängt allein von Machetzky ab«, erklärte ich.
    Wir stellten den Trabbi im Parkhaus am Max-Josephs-Platz ab und marschierten ins nächste Café. Ich ließ mir das Telefonbuch geben, suchte Machetzkys Nummer heraus und rief an, doch ich bekam nur den Anrufbeantworter an die Strippe. Immerhin versicherte mir Machetzkys Stimme, daß er in Kürze wieder zu Hause sein werde, und so bestellte ich mir Kaffee und Cognac, während Anja auf ihren kunsthistorischen Kurztrip ging.
    Nach zwei Stunden war Anja immer noch nicht zurück. Ich begann mir Sorgen zu machen, trank aus lauter Beunruhigung ein paar Cognacs zuviel und rief wieder Machetzky an. »Ja?« meldete er sich diesmal live.
    »Ich bin ein Freund von Otto Pastich«, log ich, um ihn nicht gleich zu Anfang mit einer Todesnachricht zu erschrecken. »Er ist in Schwierigkeiten. Er meint, ich sollte mit Ihnen reden, damit Sie nicht auch in Schwierigkeiten geraten.«
    »Pastich? Ich kenne keinen Pastich. Und was für Schwierigkeiten meinen Sie? Wer sind Sie? Was wollen Sie überhaupt?«
    Offenbar hatte ich ihn doch erschreckt – sein Tonfall sprach Bände.
    »Nennen Sie mich einfach Onkel Makarow«, schlug ich vor. »Ich gehöre zwar nicht direkt zur großen Onex-Familie

Weitere Kostenlose Bücher