Tod im Dünengras
und Carolin um eine Pause gebeten, aber da ihr Versuch zu vermitteln
wohl nichts bringen würde, lieà sie es sein. Sie wartete, bis Felix die Küche
verlassen hatte, dann stimmte sie wieder in den Gesang mit ein: »Zuletzt
erschwingt sich flammengleich â¦Â«
Aber in Wirklichkeit konnte sie an nichts anderes denken als an
Kommissar Vetterichs Anruf. Noch vor dem Dessert hatte er sich gemeldet. Zwar
war seine Untersuchung noch nicht abgeschlossen, doch er konnte trotzdem schon
eine interessante Mitteilung machen: In der Spitze des Schuhs hatte er
Wattereste gefunden. Anscheinend hatte jemand die Turnschuhe ausgepolstert,
jemand, der kleinere FüÃe besaà und keine Abdrücke in seiner eigenen SchuhgröÃe
hinterlassen wollte.
Mit Eriks Freude war es vorbei gewesen. »Da ist also jemand mit viel
zu groÃen Schuhen zum Strand gekommen, hat sie mit Watte ausgestopft, damit er
nicht aus den Schuhen herausfällt, hat Francesco erschlagen, ist zurückgekehrt
und hat die Schuhe in den Papierkorb geworfen.«
»Weil er nicht damit rechnete, dass zwei aufmerksame Italienerinnen
sie finden und mitnehmen würden«, hatte Sören ergänzt, der nicht mitansehen
konnte, wie enttäuscht Mamma Carlotta war. »Nun wissen wir wenigstens, dass es
keinen Sinn hat, nach einem Mann mit groÃen FüÃen zu suchen.«
»Und wir wissen, dass der Mord kaltblütig geplant war.«
»Die dritte Strophe noch einmal!«, rief Carolin, und Mamma Carlotta
stimmte gehorsam ein: »Aus Wald und Feld, aus Bach und Teich, aus aller
Schöpfung Kreis â¦Â«
Obwohl es so aussah, als hätte Eriks Arbeit einen Rückschlag
erlitten, war Mamma Carlotta froh gewesen, dass der nette Willem Jäger nicht
mehr als Täter infrage kam. Und vor allem war sie erleichtert, dass sie sich
auch um Tove keine Gedanken mehr zu machen brauchte. Sie musste jetzt nur noch
dafür sorgen, dass er nicht erfuhr, wo die Schuhe geblieben waren, die Fietje
ihm vom Strand mitgebracht hatte. Und natürlich durfte ihm niemals zu Ohren
kommen, dass man ihm einen Mord zugetraut hatte. Sie musste so bald wie möglich
wieder einen Besuch in Käptens Kajüte machen. Aber natürlich allein! Tove
musste einsehen, dass er ihr nicht anlasten konnte, mit Francesco verwandt
gewesen zu sein. Und sie konnte von ihm verlangen, dass er die Antipathie, die
er für Giovanna empfand, nicht auf sie übertrug.
Gerade als Carolin vorschlug, sich nun den Blümelein zu widmen, die
längst im Mondschein schliefen, störte Felix die auÃerplanmäÃige Chorprobe
erneut. Er erschien mit dem schnurlosen Telefon in der Küche und drückte es
seiner Schwester ans Ohr. »Für dich!« Die Blümelein mussten allein
weiterschlafen, das Telefongespräch hatte Vorrang. Carolin saà mit staunenden
Augen da, während sie zuhörte. Zunächst wirkte sie sehr betroffen. »Oh, das tut
mir leid!« Dann aber änderte sich ihre Miene, und Röte stieg in ihre Wangen.
»Glaubt sie wirklich, dass ich das kann?« Am anderen Ende redete jemand lange
und eindringlich, dann sagte Carolin: »Gut, wenn sie es möchte, mache ich es
natürlich. Wird sie denn zum Chorwettbewerb wieder gesund sein?« Sie nickte
mehrmals, dann verabschiedete sie sich: »Danke, Herr Ingwersen. Und liebe GrüÃe
an Vera.« Sie blickte ihre GroÃmutter an, als hätte sie ein Telefonat mit Andy
Borg vom Musikantenstadl geführt. »Dass sie mir das zutraut!«
»Was ist passiert?«
»Vera ist krank. Irgendwas mit dem Kreislauf, sagt ihr Mann. Sie
kann die Chorprobe heute Abend nicht leiten.«
»Zwei Tage vor dem Wettbewerb?«, stöhnte Giovanna. »Das ist ja
schrecklich.«
»Aber ich darf sie vertreten«, meinte Carolin strahlend, die
angesichts dieses Vertrauensbeweises nicht viel Mitleid mit Vera aufbringen
konnte. »Weil ich die Einzige bin, die richtig Noten lesen kann. AuÃerdem hätte
ich eine natürliche Autorität, meint sie, und ein gutes Gefühl für die Wirkung
eines Chorliedes.«
»Das hat sie auch gesagt?«, staunte Mamma Carlotta.
Carolin nickte. »Ich soll mir alle Unterlagen, die ich für heute
Abend brauche, aus der Muschel II
holen. Am besten, wir fahren eine Stunde früher zur Chorprobe, dann kann ich
mich noch vorbereiten.«
Mamma Carlotta nickte bereitwillig, aber Giovanna winkte ab. »Ich
habe noch zu tun.
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