Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod im Ebbelwei-Express (German Edition)

Tod im Ebbelwei-Express (German Edition)

Titel: Tod im Ebbelwei-Express (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
Vom Netzwerk:
Brot.“
    „Laufen die Geschäfte echt so schlecht?“
    „In mancher Schicht komme ich gerade mal auf vier Euro die Stunde. Wundert mich nur, daß das Finanzamt noch nicht nachgefragt hat, wovon ich eigentlich lebe. Manchmal frage ich mich das nämlich selbst.“
    Herr Schweitzer blieb noch auf einen Kaffee. Dann ging er direkt aufs Polizeirevier. Sein gelegentlicher Zechkumpan Frederik Funkal hatte Dienst und Herr Schweitzer bat ihn, doch mal das Kennzeichen des dunklen Kleinwagens zu eruieren, in dem gestern die Wassertrinker davongefahren waren. Frederik Funkal würde ihn anrufen, sobald er ohne viel Aufsehen zu erregen an den Computer konnte.
    Das lief ja alles wie am Schnürchen, freute sich Herr Schweitzer, und hätte fast seinen maroden Körper vergessen, als er behende wie eine trächtige Elefantenkuh die Stufen der Polizeidienststelle herabpolterte.
    Maria und er hatten gerade im Schoppepetzer zu Abend gegessen. Herr Schweitzer betrachtete die nikotingeräucherte Wandbemalung, die Sachsenhäuser Alltagsszenen des neunzehnten Jahrhunderts darstellten, als Frederik Funkal anrief und ihm mitteilte, das Nummernschild gehöre zu einem weißen Mercedes und der Halter sei ein gewisser Ivan Blochin, wohnhaft im Frankfurter Stadtteil Fechenheim. Beim ersten Klingelton hatte er wie gewohnt um sich geblickt, wer wohl so wichtig sein konnte, sich in einer altehrwürdigen Apfelweingaststätte wie dem Schoppepetzer anrufen zu lassen, bis er merkte, daß es sein eigenes Handy war. Selbstverständlich war er errötet und hatte mit Gesten des tiefsten Bedauerns die Tischnachbarn um Verzeihung gebeten.
    „Ich würde gerne einen Handkäse mit Schokostreuseln nehmen“, drang es von links an Herrn Schweitzers Ohr.
    Es dauerte eine Weile, bis sich der Satz in seiner ganzen Tragweite gesetzt hatte. Ein Handkäs mit Schokostreuseln? Er drehte seinen Kopf, Maria tat es ihm gleich. Beide entdeckten am Nebentisch eine distinguierte Dame mit Unschuldsblick und einem Bolero aus Wollfilz, der auf einer Pferderennbahn, eventuell Ascot, opportun gewesen wäre.
    Ein fassungsloser Kellner Semmler hatte die Geschmeidigkeit eines Stahlbetonträgers angenommen. „Ein Handkäs mit Scho… Scho… Schoko…“
    „Streusel“, kam ihm die Dame zu Hilfe.
    Die Gespräche in der unmittelbaren Umgebung waren verstummt. So etwas hatte Sachsenhausen seit Urzeiten nicht mehr erlebt. Jedem war bewußt, daß hier etwas geschah, das noch Jahrzehnte später den Enkeln der Enkel am Kaminfeuer weitergegeben werden würde. Maria krallte ihre Finger in Herrn Schweitzers Handfläche.
    Semmler hatte außer Gesichtsfarbe und Körperrundung nichts mehr von einem Buddha an sich. Diesen orientalischen Weisen war in der Regel nichts Menschliches fremd. Zu Semmlers Ehrenrettung muß jedoch nachdrücklich darauf hingewiesen werden, daß sich noch niemals irgendwo auf der Welt ein Mensch mit einem Handkäs mit Schokostreuseln konfrontiert sah. Nicht mal in England, das ja bekanntlich kulinarisch keine Grenzen nach unten kannte.
    Der Apfelweinkellner wagte einen erneuten Vorstoß: „Handkäs mit Schokostreuseln?“
    „Das essen doch alle hier“, entgegnete die Dame nervös und wies mit der Hand in den Raum.
    Semmler konnte trotz einer ungeheuren Willensantrengung seine Erstarrung nicht abschütteln. Seine Augen suchten Halt und Erklärung bei den Gästen, doch diese waren ebenso paralysiert wie er selbst. Er war kurz vorm Durchdrehen. Das Atmen fiel ihm schwer, ja, es setzte gelegentlich sogar aus.
    Herrn Schweitzer ging ein Licht auf, nicht umsonst sagte man Detektiven Spürsinn nach. „Entschuldigen Sie bitte vielmals, wenn ich mich einmische, aber gehe ich recht in der Annahme, daß dies Ihr erster Handkäs mit Schokostreuseln wäre?“
    Die Dame, der es sichtlich unangenehm war, plötzlich im Mittelpunkt des Interesses zu stehen, ergriff den Strohhalm, der sich ihr darbot. „Ja. Ich dachte mir, wenn ich schon mal in Frankfurt bin, möchte ich auch die regionale Küche ausprobieren. Die soll hier … anders sein.“
    „Meine Dame, das ist sehr ehrenwert. Wir fühlen uns auch alle sehr geschmeichelt. Die Schokostreusel haben Sie bisher nur gesehen, niemand hat Ihnen davon erzählt, richtig?“
    „Ja, mein Herr, so ist es.“
    „Dann, wehrte Dame, sei Ihnen erklärt, daß das, was Sie bei anderen Gästen auf dem Teller sahen, durchaus Handkäs war. Doch das, was Sie für Schokostreusel hielten, ist Kümmel.“
    „Puuuh“, entfuhr es dem Kellner.
    Die Welt

Weitere Kostenlose Bücher