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Tod im Ebbelwei-Express (German Edition)

Tod im Ebbelwei-Express (German Edition)

Titel: Tod im Ebbelwei-Express (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
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angefangen hatte. Für eine andere Alternative wußte er einfach zu wenig.
    Herr Schweitzer wollte sich zudecken und tastete nach dem kuscheligen Federbett. Er erinnerte sich nicht an das, was er gerade geträumt hatte, doch es war ein beunruhigender Traum gewesen, den er auf gar keinen Fall fortsetzen wollte. Kein Wunder also, daß er sich freigestrampelt hatte. Im Halbschlaf suchte er die rechte Matratzenhälfte ab, es wäre nicht das erste Mal gewesen, daß Maria ihm seine Decke stibitzt hätte. Doch stattdessen schlug seine Hand an etwas Hartes. Außerdem bemerkte er seine Rückenlage, wo er doch sonst immer auf der Seite schlief. Das waren zuviele Ungereimtheiten auf einmal, als daß an eine wohlige Fortsetzung seiner Lieblingbeschäftigung zu denken war. Und dann erinnerte er sich binnen Sekundenbruchteilen an das letzte, was er als freier Mensch wahrgenommen hatte: das Klingelbrett.
    Eine Adrenalineruption ließ Herrn Schweitzer hochschrecken. Eine matte, nackte Birne baumelte von der Decke. Abermals wurde ihm schwindelig. Er wartete auf das Ende des Anfalls, dann befühlte er seinen Schädel. Er ertastete eine Beule, die arg schmerzte, und zog seine Hand wieder zurück. Er blickte sich um und ihn überkam eine Einsamkeit, wie sie Edward Hopper in seinen Bildern nicht emotionaler hätte darstellen können.
    Ganz eindeutig befand er sich in einem Verlies von zwölf oder dreizehn Quadratmetern. Ein paar unverputzte Löcher an den rußgeschwärzten Wänden deuteten darauf hin, daß dort vor langer Zeit einmal Regale hingen. Vor ihm, in etwa zwei Metern Höhe drang ein schwacher Lichtschein durch eine kleine Reihe verdreckter Glasbausteine. Rechter Hand entdeckte er eine an etlichen Stellen verrostete Metalltür. Er stand nicht auf, weil er hoffte, sie möglicherweise offen vorzufinden, sondern um durch das Schlüsselloch zu spähen. Sehr zu seinem Bedauern handelte es sich um ein Zylinderschloß, das einem den Blick auf die andere Seite verwehrte. Er drückte die Klinke. Ein idiotischer Versuch, natürlich.
    Nun, da sich seine Augen gänzlich an das schummrige Licht gewöhnt hatten, sah er links unter den Glasbausteinen einen kleinen Mauervorsprung. Dahinter befand sich, halb in die Mauer eingelassen, eine Toilettenschüssel. Der Deckel war abmontiert, wohl um zu verhindern, ihn als Schlagwaffe zu benutzen. Die Keramik war derart verunreinigt, daß zu befürchten stand, bei Benutzung von einer Bakterienarmee niedergestreckt zu werden.
    Herr Schweitzer hätte gerne gewußt, wie spät es war, doch hatte man ihm die Armbanduhr abgenommen. Zum Glück hatte er seine Jacke im Taxi gelassen, in der seine Ausweispapiere steckten. Identifiziert hatten sie ihn folglich noch nicht, denn genau das galt es zu verhindern. Wenn sie erstmal wußten, wer er war und wo er wohnte, konnten sie ihn jederzeit wieder aufsuchen. Vorausgesetzt, er kam hier irgendwie raus. Doch das war schier unmöglich. Er wußte noch nicht einmal, ob er sich noch in Fechenheim befand. Ebensogut hätten ihn die Russen ja woandershin transportiert haben können.
    Herr Schweitzer hielt nicht viel von hysterischen Zeitgenossen, die bei den klitzekleinsten Abweichungen vom Alltagstrott kläglich jammernd ihr Schicksal bedauerten, als sei jedermann außer ihnen selbst schuld an ihrer Lage. Er wußte sehr genau, daß er sich ziemlich dämlich angestellt hatte. Ein Profi hätte nämlich zuvörderst die Umgebung erkundet, bevor er sich einem Haus voller Mafia-Russen näherte. Und exakt jene Unterlassungssünde war ihm nun zum Verhängnis geworden. Blutiger Anfänger, schimpfte er sich.
    Als Mann der Tat suchte er systematisch die Wände ab, ob irgendwo eine Geheimtür verborgen war. Als dieses Märchen ausgeträumt war, hob er die Matratze hoch. Er wollte sie schon wieder hinlegen, da erblickte er sein Handy, an das er gar nicht mehr gedacht hatte. War ihm wohl aus der Hosentasche gerutscht, bevor sie ihn durchsuchten. Auch Profis machen Fehler.
    Innerlich frohlockend hob er es auf, es winkte das Ende seiner mißlichen Lage. Nun mal ganz schnell René anrufen, der würde ihn schon irgendwie hier rausboxen. Zur Not würde er die Polizei benachrichtigen, die dann sein Handy per Satellitentechnik, von der er schon so viel gehört hatte, auf den Meter genau orten konnte. Mit einem Male war es ihm sogar sehr willkommen, die Polizei jetzt schon eingeschaltet zu wissen, um die vermaledeite Angelegenheit zu Ende zu bringen, damit er, Herr Schweitzer in Bälde wieder

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