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Tod im Ebbelwei-Express (German Edition)

Tod im Ebbelwei-Express (German Edition)

Titel: Tod im Ebbelwei-Express (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
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starkem Kaffee.
    Mit dem köstlichen Aroma in der Nase legte er sich auf das Biedermeier-Sofa ins Wohnzimmer. Die Tasse balancierte Herr Schweitzer auf dem Gewölbe namens Bauch. Trotz seines desolaten Zustandes ermannte er sich, seine Gedanken auf das wenig rühmliche Thema seiner Einkerkerung zu lenken. Sofort breitete sich das wohlige und ein bißchen prickelnde Gefühl des Am-Leben-Seins in der Magengegend aus und setzte sich fort bis in die Zehenspitzen und Haarwurzeln. Doch was hieß das schon, am Leben sein, fragte er sich, das kann sich in dieser schnellebigen Zeit flugs ändern. Jetzt, wo die Mafia wahrscheinlich mit Mann und Maus hinter ihm her war. Instinktiv griff er zum Kaffee. Und wie er darüber sinnierte, wie diese Halunken ihn aufspüren könnten, erinnerte er sich erstmals an René, der in Fechenheim zurückgeblieben war, als Maria und er in Ferdis Taxi dem Libertät, Fraternität und Egalität und all die anderen schönen Dinge verheißenden Sachsenhausen entgegenfuhren. Was wollte René in Fechenheim? Hatte er ihm eigentlich gesagt, daß das Nummernschild von einem Fahrzeug stammte, dessen Fahrer Ivan Blochin hieß? Genau, jetzt hatte er es wieder vor Augen, I. Blochin stand auf dem Klingelbrett, bevor man ihn ins Reich der Träume befördert hatte. Vielleicht wußte Maria ja mehr. Und vielleicht hatte der Frühzecher-Wirt in Fechenheim schon mal die Fronten insoweit geklärt, als daß er seinen zwei Peinigern mal eben kurz die Kehle durchgeschnitten oder sie sonstwie verärgert hatte. Möglich war alles, vor allem bei René. Als Kneipier gab er zwar eine nahezu solide Figur ab, aber er besaß auch eine Vergangenheit, die wenig schmeichelhaft gewesen sein dürfte. Hells Angels und Friedenssymbole klöppeln paßt nämlich irgendwie nicht so ganz zusammen. Eventuell stand ja in der Zeitung mehr. So etwas wie
Zwei russische Asylanten von Sachsenhäuser Wirt hinterrücks gemeuchelt
. Obwohl, die Zeitung müßte sich zu dem Zeitpunkt schon längst im Druck befunden haben. Dann war da noch seine Armbanduhr in den Händen der Mafia. Konnten sie ihn, Herrn Schweitzer, möglicherweise über die Rückverfolgung des Vertriebsweges ausfindig machen? Weiß der Henker, was die alles drauf haben. Sein Name war jedenfalls nicht eingraviert. Er trank die Tasse aus und wünschte sich, er wäre wieder bei Kräften, dann würde er jetzt aufstehen und Straßenbahn fahren, aus dem Fenster schauen und die monotonen Fahrgeräusche –, dabei konnte er bestens nachdenken. Das hatte er schon etliche Male gemacht, wenn beispielsweise Frauengeschichten ihn in Aufruhr versetzt oder sonstige chaotische Probleme einer Lösung harrten. Was er jetzt brauchte, war ein Plan, denn wenn man keinen hat, darf man sich auch nicht wundern, wenn der Plan schiefgeht. Er war gewissermaßen das A und O allen Strebens. Herr Schweitzer stellte die Tasse auf die im eichenen Couchtisch eingelassenen schwarzen Kacheln. Müde schloß er die Augen. Erst dämmerte, dann schlief er. Auch kein schlechter Plan.
    Als er am späten Nachmittag erneut die Augen aufschlug, fühlte er sich zwar mitnichten neugeboren, aber schon bedeutend besser, was ein Schritt in die richtige Richtung war, dachte er. Maria hatte ihn mit einer Patchworkdecke zugedeckt, die sie vor Jahren aus Ubud, Bali, als Erinnerungsstück mitgebracht hatte. Frauen stehen ja bekanntlich auf so Devotionalien, zudem damit auch noch die internationale Brigade handarbeitender, unterdrückter Weiblichkeit einen finanziellen und solidarischen Aufwind erfuhr. Dabei handelte es sich im vorliegenden Fall um nichts anderes als zusammengenähte Reste. Naja, schön anzuschauen war sie ja. Und warm. Herr Schweitzer erhob sich von der Couch und folgte den schwachen Klopfgeräuschen. Er dachte schon, sie kämen von der Nachbarvilla, Bauarbeiten oder so. Dann fiel ihm ein, daß Maria die Ursache sein könnte, die sich in der Garage mit dem Carrara-Marmorblock beschäftigte. Dafür sprach, daß seine Liebste offenbar nicht im Haus war. Ganz schön clever von mir, überlegte Herr Schweitzer und öffnete die Flurtür, die direkt in die Garage führte. Bingo.
    „Hallo Schatz, gut geschlafen?“ Maria hielt ein Schrifteisen aus Vierkantstahl in der Hand, das mit der spitzen Seite auf den Marmor wies. Es hatte Herrn Schweitzer schon immer gewundert, wie seine Freundin aus amorphen Körpern die entzückendsten Figuren zauberte. Sein eigenes künstlerisches Talent hätte maximal zu einer Waschmaschine gereicht

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