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Tod im Ebbelwei-Express (German Edition)

Tod im Ebbelwei-Express (German Edition)

Titel: Tod im Ebbelwei-Express (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
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näherte er sich von der Bruchstraße her. Wie vorauszusehen waren kaum Leute unterwegs. Ein Täuberich gurrte einer fliehenden Taube hinterher. Das ist ja wie bei uns Menschen, dachte Herr Schweitzer, bevor er um die Ecke bog und sich seine Lederhandschuhe anzog. Das erste Hindernis erwartete ihn. Würde die kleine graue Eisentür offen sein, wie es René versprochen hatte? Sie war es. Renés Spezialist hatte ganze Arbeit geleistet. Nur die Profis von der Spurensicherung würden die kleinen Kratzer am Schloß als das erkennen, was sie waren. Unter der Woche wäre es einfacher gewesen, da stand das Tor nämlich offen, aber das kleine Häuschen an der Haltestelle Südbahnhof wäre auch von Bediensteten der Verkehrsbetriebe besetzt gewesen.
    Auch das nächste Hindernis erwies sich als nichtig. Der Schlüssel hing dort, wo er früher auch immer hing, als Herr Schweitzer, wenn er Frühschicht hatte, seine 14 aus dem Depot holte. Mit dem Knauf der Pistole – für was die Dinger doch alles gut waren – schlug er die kleine Scheibe des Holzkästchens ein. Dann langte er hinein, ergriff den Schlüssel, zog die Hand heraus und verletzte sich am Handgelenk, das vom Handschuh nicht bedeckt war. Verdammichaberauch, fluchte er. Auch wenn die Wunde nicht sehr tief war, blutete sie doch ein wenig. Er leckte sich das Rot von der Haut. Dann brach er die Spitze der Scherbe ab und ließ sie in der Jackentasche verschwinden. Wir wollen der Kripo doch nicht die Freude machen, dem Täter, also mir, dachte er, durch dämliche Blutspuren auf die Schliche zu kommen. Einen Simon Schweitzer hinter Gittern konnte und wollte er sich partout nicht vorstellen, da gab’s bestimmt weder Handkäs noch Schoppen noch Marias. Er öffnete das Rolltor und fuhr den Ebbelwei-Expreß nach draußen. Sofort erschien Bertha, und Herrn Schweitzer fielen die Augen aus dem Kopf.
    Bertha im schwarzen Faltenrock und gleichfarbigen Schaftstiefeln. Die hellblaue Kostümweste half da auch nicht wirklich.
    „Sag mal, willst du anschaffen gehen oder dich mit der Mafia treffen? Für mich siehst du aus wie …“
    „Schnauze, Vollidiot.“
    „Na, na, na, wer wird denn gleich so ruppig sein?“
    „Guck dich doch mal an. Läufst rum wie’n ausgelutschter Faschist. Ich dachte, du machst einen uff Hippie. Und was soll der Pulli überhaupt? Merkst du net, wie heiß es ist?“
    „Äh … doch … schon. Ich trag nun mal gerne Pullis.“
    „Da hab ich dich aber auch schon anders gesehn.“
    Herr Schweitzer leckte sich wieder das Blut vom Handgelenk. Es war schon viel weniger geworden.
    „Oh, hat sich unser Dabbes verletzt. Das geht aber schnell bei dir. Wenn du so weitermachst, bist du weg vom Fenster, bevor wir die Mafiosi überhaupt gesehn haben.“
    „Hast du zufällig ein Pflaster bei dir?“
    „Klar Mann. Und einen Kühlschrank und eine Kreissäge.“
    „Du denkst aber auch an alles.“
    „Logo. Den Kühlschrank brauche ich für den Kasten Bier in meiner Handtasche und die Kreissäge, falls du die Straßenbahn gegen den nächsten Baum gondelst und ich dich aus’m Blech schneiden muß.“
    „Auf Schienen pflegen keine Bäume zu stehen, nur so zur Info.“
    „Bei dir weiß man nie. Warum fährst du denn net los?“
    „Weil wir noch warten müssen, bis die 14 durch ist. Der fahren wir dann hinterher.“
    „Wieso? Hast du den Weg vergessen?“
    Okay, dachte Herr Schweitzer, sich wegen Berthas Nerven zu sorgen, ist so überflüssig wie Kondome im Vatikan. Mehr denn je war er von einem guten Gelingen überzeugt. Mit dem Handrücke wischte er sich den Schweiß von den Schläfen. Ratternd und quietschend kam die Linie 14 aus der Brückenstraße gebogen. Herr Schweitzer wartete, bis die wenigen Fahrgäste ein- und ausgestiegen waren, dann setzte er den Ebbelwei-Expreß in Bewegung.
    Zur selben Zeit, als Herr Schweitzer sich von Maria verabschiedet hatte, gönnte sich Bernie in seiner Wohnung gegenüber der Pferderennbahn, auf der übrigens 1863 das erste Rennen stattfand, ein exquisites Frühstück. Geräucherter Aal mit Meerrettichsoße, Schwarzwälder Bauernschinken, zwei Eier im Glas, eine selbstgemachte Avocadocreme und ein Bastkörbchen mit Laugen- und Sesambrötchen schmückten seinen antiken Frühstückstisch. Bernie war seit annähernd zwanzig seiner nunmehr fünfzig Jahre ein aus der Not heraus geborener Junggeselle. Doch auf diese Weise umging er geschickt der Frauen Lieblingsfragen wie: Schatz, liebst du mich noch, oder Liebling, wie gefällt dir mein

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