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Tod im Frühling

Tod im Frühling

Titel: Tod im Frühling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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Büro konnte er endlich seine Sonnenbrille absetzen, die er im m er b ei schönem Wetter tragen m ußte. Er ließ sich schwerfällig an seinem Tisch nieder und seufzte. Die erste Wär m e hatte im m er die gleic h e Wirkung auf ihn: ein Gefühl der Hochsti mm u ng gefolgt von einem h eftigen Hei m wehanfall. Zu Hause in S y rakus war es zu dieser Zeit schon recht war m , und es blühten auch schon die Mandelbäu m e und die großen violetten Disteln. Es war warm genug, um draußen zu sitzen und vielleicht das erste Ricotta-Eis des Jahres zu probieren – etwa auf der Piazza m it den rosa stuckierten Gebäuden und großen grünbraunen Pal m en. Er starrte stu m pf aus dem kleinen Fenster auf eine dunkle, säuberlich gestutzte Lorbeerhecke und den Kiesweg, wo die schwarzen Autos geparkt waren. Was war das eigentlich, worüber er nachdenken sollte? Über diesen Morgen i m Schnee… Langsam überflog er die Szene, sah die großen Flocken herabfallen, sah den Jungen in der weißen Schürze, w i e er Säge m ehl verstreute, die Autos, die ihm e n tgegenka m en. Er hielt inne, erinnerte sich. Ein Wagen war ihm entgegengekom m en und hatte geblinkt. Hinten war je m and, der einen Stadtplan hielt. Er hatte sich die Szene schon ein m al v ergegenwärt i gt. Wie er d em Capitano auch schon gesagt hatte, war er sich sicher, daß dies der Wagen m i t den entführten Mädchen war, obwohl er auf Fahrer und Beifahrer gar nicht besonders geachtet hatte – der riesige Stadtplan hatte ihn abgelenkt, und außerdem m u ß te er sich auch noch auf den von allen drei Seiten ko m menden Verkehr konzentrieren, da er die Straße überqueren wollte. Für die Verfolgung der Entführer war diese Erkenntnis sowieso n i cht sonderlich h i lfreich, aber es bedeutete, daß die Nilsen zu m indest in diesem Punkt die Wahrheit gesagt hatte .
    Da war etwas anderes, was ihn störte, etwas Unlogisches, das er dem Capita n o erst erklären konnte, wenn er es sich selbst erk l ärt hatte .
    Wieder sah er den Wagen blinken, er wollte nach rechts in d i e Via Mazzetta abbiegen, die südliche Route aus der Stadt hinaus. Dann überquerte er die Straße, und der langgestreckte, ockerfarbene Palast kam in Sicht. Schneeflocken fielen langsam vor ihm herab und landeten auf den Dächern der Autos, die auf dem ansteigenden Parkplatz davor standen. Ein sardischer Dudelsackpfeifer kam i h m entgegen. Nur einer. Egal, wie er es drehte und wendete, es ergab keinen Sinn. Gewöhnlich waren sie im m er zu zweit, und er hatte da m als geglaubt, so erinnerte er sich, daß der andere wahrscheinlich gerade in irgendeinem Laden war und bettelte. Trotzde m , es stim m te hinten und vorne nicht. Er versuchte es noch m al. Der Pfeifer, eingehüllt in e i nen schwarzen Mantel, kam ihm entge g en und spie l te… was ha t te er gespiel t ? Der Wach tm eister konnte sich be i m besten Willen nicht daran erinnern. Zu Weihnachten spielten sie i m m er › Vom Himmel hoch‹, und zu Ostern sp i elten sie nor m alerweise eine Pastorale. Aber bei dem ganzen Verkehrslärm und den Mengen schwatzender Einkäufer und Touristen war es bis auf kleine Fetzen praktisch un m öglich, die Melodie herauszuhören. Man nahm eben nur an, daß es das war, was sie spielten. Nie m and schenkte ihnen sonderlich viel Beachtung. Einige Florentiner m ochten sie, weil sie m alerisch aussahen. Sie gaben ihnen Geld und nah m en die kleinen r eligiösen Bilder oder Glücksbotschaf t en entgegen, die die Schäfer verteilten. Andere haßten und ignorierten s i e und behaupteten, sie kä m en nur in die Stadt, um zu stehlen. Sicher war, daß dieser Pfeifer von nie m andem beachtet wurde. Aber hatte er nicht sowieso sehr schlecht gespiel t ? Und was könnte er gespielt haben? E s war weder We i hnachten noch Ostern. Der Wacht m eister konnte s i ch diesbezüglich zwar an keine bestim m te Regel e rinnern, aber soweit er sich entsinnen konnte, hatte er zur Fas t enzeit die Pfeifer noch nie gesehen. Es schien, daß sie im m er erst u m Ostern herum wieder auftauchten, wenn die Leute aus den Kirchen s t rö m ten, in d er Hand kleine Olivenzweige, die im harten Sonnenlicht silbrig glänzten .
    Der Pfeifer an diesem Morgen hat t e nur einen gewöhnlichen Schäferu m hang getragen, nicht das kurze, wippende Cape und die langen we i ßen, kreuzweise m it Lederriemen u m wickelten Wollsocken. Naja, nicht jeder besaß solche Sachen… So kam er nicht weiter. Wenn der Pfeifer früh dran war dann war er eben früh dran. Aber

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