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Tod im Herbst

Tod im Herbst

Titel: Tod im Herbst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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etwas für morgen ausrichten lassen.«
    »Ist was passiert?«
    »Nein , nein . Nichts ... Ist jemand bei Ihnen?«
    »Nein, niemand.«
    »Aha . Trotzdem , ic h glaube , e s ha t Zei t bi s morgen . Sie habe n bestimm t vie l z u tun , sons t wäre n Si e u m diese Uhrzei t nich t meh r i n Ihre m Bür o ...«
    Nachde m de r Hauptman n erklär t hatte , wa s anstand, meint e er : »Wen n da s s o ist , komm e ic h gleic h rüber , wenn Sie nichts dagegen haben. Es geht um den Fall Vogel...« Er hustete, und mit unverständlichem Gemurmel legte er den Hörer auf.
    Der Hauptmann war perplex. Er stand wieder auf und tra t an s Fenster . Als o hatt e e r sic h geirrt . Un d doc h hätt e er schwören können, daß Guarnaccia irgendeiner eigenen Sach e nachgegange n wa r un d a n de m Fal l Voge l nich t mehr interessiert war. Wenn das so war, dann mußte irgend e twas ihn zu diesem Schwenk veranlaßt haben. Vielleicht waren die Eltern des toten Jungen doch noch aufgetaucht . Na ja, er würde es bald wissen. Der kleine weiße Fiat des Wachtmeisters kam den Borgo Ognissanti heraufgeknattert und bog in die Durchfahrt ein. Der Hauptman n setzt e sich hin und wartete.
    Die Sache war nur die, daß Guarnaccia, nachdem er mit seiner ganzen Leibesfülle eingetreten war und sich auf der andere n Seit e de s Schreibtisch s hingesetz t hatte , offen sichtlic h nich t wußte , w o e r anfange n sollte.
    »Ehrlich gesagt, ich weiß nicht, wo ich anfangen soll...« Er starrte unverwandt auf seine Knie.
    »Ich schlage vor, ganz am Anfang«, sagte der Hauptmann, neugierig, mit welcher komplizierten Geschichte er herausrücke n würde.
    »Es ist nicht so leicht genau zu erklären...«
    Weil es für den Wachtmeister keinen Anfang gab, nur Mensche n un d ein e Reih e vo n Bilder n i n seine m Kopf . Ein Paar Turnschuhe in einem Graben, die aus dem Wasser ragen , heruntergefallen e Blätte r schwimme n dara n vorbei. Die muffige, vernachlässigte Villa. Die Fotos verschwundener Jugendlicher am Schwarzen Brett in den Konsulaten, und die nette Frau in der ordentlichen Wohnung, die am Herd steht und sagt »Vielleicht weil ich selbst einen Sohn in diesem Alter habe.«
    Und , wen n e r di e Wahrhei t sage n sollte , a m meiste n lag ihm auf der Seele, daß er sich vor einer Stunde plötzlich wiede r dara n erinner t hatte , woru m sein e Fra u ih n gebeten hatte. Heute vormittag hätte er eigentlich zur Mittelschule an der Piazza Pitti hinübergehen und seine beiden Söhne anmelden sollen. Er hatte es nicht nur vergessen, sondern sich den ganzen Tag über lieblose Eltern aufgeregt. Das war der Grund, warum er schließlich den Hauptmann angerufe n hatte . E r wa r übe r sein e eigen e Dummhei t so deprimiert, daß er von seinem Vorgesetzten die Bestätigung haben mußte, daß das, was er den ganzen Tag getan hatte, wichtig war. Sonst hätte er so lange gewartet, bis er sein e Gefühl e un d Vermutunge n selbs t i n ein e Ar t logische Ordnung bringen konnte.
    Jetz t sa ß e r da , mi t eine m Durcheinande r vo n Bilder n in seine m Kopf , un d de r Hauptman n vo r ih m wartet e gedul dig. Mit einer großen Willensanstrengung hob er die Augen, um sie auf seinen Vorgesetzten zu richten, und begann mit seiner Geschichte in der Mitte.
    »Ich bin heute nachmittag im Gerichtsmedizinischen Institu t gewesen.«
    Al s de r Hauptman n nich t reagierte , sonder n ih n bloß aufmerksam ansah, fuhr er fort, wobei er manchmal seine große n Auge n i n de m geräumige n Bür o herumwandern ließ, manchmal auf seine Knie herabblickte, gelegentlich abe r da s Gesich t de s Hauptmann s beobachtet e un d sich dabe i fragte , welche n Eindruc k e r woh l machte , wenn überhaupt.
    Schließlic h hatt e e r nicht s Konkrete s i n de r Hand . Er war ohne klare Vorstellung hinaus ins Gerichtsmedizinische Institut gefahren. Er hatte nur den Wunsch verspürt, noc h einmal , au s de r Nähe , de n Junge n ohn e Gesich t zu sehen . Al s diese r Gedank e i n ih m aufstieg , wa r ih m je doch, als hätte er ihn schon lange gehabt.
    Professor Forli gab immer sehr ausführliche Erklärungen, und obwohl er mit der Autopsie noch nicht begonnen hatte, begleitete er den Wachtmeister persönlich. Sie wa re n sic h a n de m Tiefkühlfach , i n de m di e Leich e lag, gegenübergestanden.
    »Abgetrennte Körperteile werden separat aufbewahrt«, hatt e Forl i erklärt , währen d e r da s Fac h herausgezogen hatte . »D a e s jedoc h a b Schulterhöh e aufwärt s praktisch nichts zu sehen

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