Tod im Herbst
verwandt e Seelen . Ic h glaube, er hat ein wenig Hobbymalerei betrieben und sich, als er einfach so davonlief, für einen zweiten Ga u guin gehalten. Natürlich ist aus ihm nichts geworden.«
»Halte n Si e e s fü r möglich , da ß ih r Vate r dami t einver standen war, daß sie bei ihm wohnt, wenn er, wie Sie sagen, seine Familie im Stich gelassen und ihr in all den Jahren keinen Pfennig geschickt hat?«
»Es muß so gewesen sein, denn genau so ist es ja ge kommen.«
»E s is t ebe n nich t s o gekommen , Signora ! Hild e Vogel hat nicht bei ihrem Vater, sondern in einem Hotel ge wohnt , un d zwa r allein.«
»Ich glaube, da irren Sie sich. Sie hatte nicht das Geld dafür.«
»Wie es aussieht, hatte sie sogar eine ganze Menge Geld.«
»Dann war irgendeine Gaunerei im Spiel.«
Der Hauptmann registrierte, daß er Hilde Vogel automatisch vor dieser Giftspritze in Schutz nahm, mußte sich aber in Erinnerung rufen, daß er selbst genau dasselbe gesag t hatte.
»Lebt Ihr Sohn noch, Signora?«
»Nein. Er ist sehr jung an einer Gehirnblutung gestor ben.«
»Was war er von Beruf?«
»Rechtswissenschaftler an der Universität Mainz.«
»Sie und Ihre Schwiegertochter haben das Haus dann allein bewohnt?«
»Ja.«
»In welcher finanziellen Lage war sie zu dieser Zeit? Hatte Ihr Sohn für sie vorgesorgt?«
»Da s Vermöge n geht , wi e üblich , au f eine n männlichen Erben über. Sie bezog eine kleine Rente, genau wie ich, solange sie nicht wieder heiratete, sowie das Recht, auf Lebenszeit in unserem Haus zu wohnen.«
»Hätte sie mit der Rente, die sie bekam, auch woanders wohnen können?«
»Ich denke, nein. Die laufenden Kosten für den Unter hal t de s Hause s wurde n au s de m Vermöge n bestritten . Die Rent e wa r nu r fü r persönlich e Ausgabe n gedacht.«
Früher oder später mußte er die Rede auf den männlichen Erben bringen. Der Hauptmann war inzwischen überzeugt, daß Guarnaccia recht hatte und daß dieses Gespräch nur im Gerichtsmedizinischen Institut beendet werde n konnte . E r hiel t e s fü r da s beste , sic h di e Informa tionen, die er benötigte, zu verschaffen, bevor er sich diesem Problem zuwenden würde. Trotzdem stellte er fest, ehe er weitermachte, daß die Frau nicht von sich aus auf die Existenz eines Kindes zu sprechen kam. Er würde sie nach dem Grund dafür fragen müssen.
»Erzählen Sie mir von diesem Mann... Becker, so hieß er doch, mit dem Ihre Schwiegertochter, wie Sie glauben, ein Verhältnis hatte.«
»Ic h glaub e e s nicht , ic h wei ß es . Ic h hab e Auge n im Kopf. Und er war sowieso ein übler Bursche. In der gan ze n Stad t wa r bekannt , da ß e r ein e Affär e mi t seine r Sekre tärin hatte, die mit ihm herumreiste, angeblich arbeits bedingt.«
»War das vor oder nach seiner angeblichen Affäre mit Ihrer Schwiegertochter?«
»Davor oder danach?« Die Frau sprühte geradezu vor Abscheu . »E r ha t e s mi t beide n getrieben . Vielleich t ha t er sic h au f mein e Schwiegertochte r beschränkt , al s si e anfing, be i ih m z u arbeiten , abe r al s si e un d mei n Soh n heirateten, griff er bald wieder auf die andere zurück. Und was das Danach angeht –«
»Moment mal. Wollen Sie damit sagen, diese Affäre ging auch dann weiter, als Ihr Sohn und Ihre Schwiegertochter gerade geheiratet hatten?«
»Von wegen! Glauben Sie, ich hätte einen derartigen Skanda l i n de r Famili e geduldet ? Ic h hab e si e jed e Minute beobachtet, das kann ich Ihnen versichern. Und ich habe alles in meiner Kraft Stehende getan, um meinen Sohn daz u z u bringen , mi t Becke r z u brechen . Eh e un d Familie sin d wichtige r al s Freundschaften.«
»Haben Sie sich mit ihm deswegen gestritten?«
»Ich habe nur an seine Vernunft appelliert.«
»Also war sie Beckers Geliebte, ehe sie Ihren Sohn kennenlernte? Das muß ja an sich nichts Ungewöhnliches sein. Sie hat vermutlich mit Becker gebrochen und beschlossen, Ihren Sohn zu heiraten.«
»Sie wußte, wo für sie etwas zu holen war. Becker hätte sie nie geheiratet.«
Der Hauptmann blätterte in Mario Quercis Aussageprotokoll. Als er die gesuchte Seite gefunden hatte, blickt e e r au f un d fragte : »Becker s Sekretärin , wa r si e älter als Ihre Schwiegertochter?«
»Ein paar Jahre. Bestimmt hat er sie deswegen...«
»Ihr Name?«
»Ursula Janz.«
»Wohnt sie auch in Mainz?«
»Nein.«
»Wo denn?«
»Sie werden von mir doch nicht erwarten, daß ich das weiß. Ich habe keine Ahnung.«
»Wann ist sie aus
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