Tod im Herbst
sein e Kleider hochgebracht werden? Dann geht es schneller für Sie.«
»Ja, wenn Sie es arrangieren könnten.«
»Ich seh eben mal nach, ob hier jemand ist, der sich um Si e kümmer n kann.«
Er öffnete die Tür zum Seziersaal.
Die Gruppe der Wartenden konnte gerade noch einen Blick auf eine Ecke des Seziertisches werfen, der in der Mitte des Raumes auf dem gekachelten Fußboden stand, als John Sweeton sich vornüberbeugte, als wollte er sich übergeben. Er übergab sich aber nicht, sondern wirbelte herum, stieß dem Wachtmeister den Kopf in die Magengegend und rannte den Korridor hinunter, den Kopf noch immer eingezogen.
»Ich werd mich um ihn kümmern!« Der Wachtmeister hatte die Flucht, wenn nicht den Stoß in den Magen, vorausgeahnt und hatte sich über die Lage des Treppenhauses schon informiert. Der Korridor war eine Sackgasse. Er stürmte polternd hinter dem Jungen her, der, als e r merkte , da ß e r keine n Ausgan g fand , seine n Lau f schlit ternd abbremste, kehrtmachte und den Wachtmeister auf sich zukommen sah; er stieß eine Tür zur Linken auf und schloß hinter sich ab. Es schepperte metallisch, und dann war Klirren von Glas zu hören, das auf dem gekachelten Fußboden zersplitterte. Als der Wachtmeister vor der Tür ankam , stellt e e r fest , da ß si e vo n inne n abgeschlosse n war.
Der Pförtner kam herbeigeeilt.
»Was ist dort drin?« fragte ihn der Wachtmeister.
»Es ist bloß ein Lagerraum. Manche Leute reagieren komisch hier. Er wird sich schon wieder beruhigen, wenn Sie ihn eine Weile in Frieden lassen.«
»Er kann dort nicht entkommen?«
»Es ist bloß ein Lagerraum. Es gibt nicht einmal ein Fenster.«
»Lassen Sie mich allein. Ich werde mich um ihn küm mern.«
»Wenn Sie meinen, daß Sie es schaffen.«
»Ich werde mich um ihn kümmern.« Als er allein war, klopfte er vorsichtig an die Tür.
»Nein! « Di e Stimm e wa r hysterisc h un d fas t nich t wie derzuerkennen. »Sie können mich nicht zwingen, mitzukommen! Sie haben kein Recht dazu!«
»Und du hast kein Recht, dich dort einzuschließen«, erwiderte der Wachtmeister gleichmütig.
»Ich bleibe solange hier drin, wie ich will, und Sie können mich nicht davon abhalten!«
»Ich kann die Tür aufbrechen.«
»Wenn mein Vater hier ist, werden Sie’s noch bereuen!« Es war die Stimme eines Kindes, das kindische Sachen sagt, und der Wachtmeister war ziemlich sicher, daß der Junge weinte.
»Dein Vater wird erst morgen kommen. Willst du so lang e dor t dri n bleiben?«
»Ist mir egal, was Sie sagen. Ich will ihn nicht sehen, und Sie können mich zu nichts zwingen.«
Der Pförtner tauchte wieder auf. Er trug in Plastik verpackt e Kleidungsstücke.
»Sie scheinen ihn ja nicht gerade zu beruhigen!«
»Habe ich auch nicht vor«, knurrte der Wachtmeister. Der Pförtner entfernte sich.
»Hör zu«, sagte der Wachtmeister laut, den Mund dicht an der Tür. »Wenn du dich weiterhin so anstellst, wir d dein e Lag e noc h schwieriger , al s si e e s ohnehi n schon ist.«
»Ich bin in keiner schwierigen Lage. Sie können nichts beweisen , un d mei n Vater...«
»Du sollst mir zuhören, hab ich gesagt! Noch weiß niemand , wi e de r Jung e gestorbe n ist , abe r wen n d u so weitermachst, werden wir davon ausgehen müssen, daß du wa s dami t z u tu n hast.«
»Sie lügen! Ich glaube Ihnen nicht, ich hatte gar keinen Grun d dafür.«
»Un d wohe r solle n wi r wissen , o b d u eine n Grund hattes t ode r nicht ? D u gibs t un s eine n Grund , dic h festzu nehmen, und – Vater hin oder her – es wird lange dauern, bi s wi r beweise n können , wa s d u geta n oder nicht getan hast , un d i m Gefängni s wir d e s nich t viel bequeme r sei n al s in diesem Loch hier.«
Al s kein e Reaktio n kam , stie ß de r Wachtmeiste r miß mutig mit der Schulter gegen die Tür, die einzudrücken er wirklich keine Absicht hatte.
»Hauen Sie ab!« rief der Junge.
»Mach die Tür auf!«
»Moment...« Ein scharrendes Geräusch war zu hören, da s Knirsche n vo n Glas , un d dan n gin g di e Tü r eine n Spalt auf.
Anstatt den Jungen herauszulassen, zwängte sich der Wachtmeiste r hinei n un d macht e di e Tü r wiede r zu.
»Was wollen Sie? Lassen Sie mich raus!«
»Vor einer Minute wolltest du noch hier drin bleiben!« Der Raum war dunkel, nur von einem Lüftungsloch in de r Wan d zu m Nebenrau m ka m ei n schwache s graues Licht. Der Junge hatte sich in die hinterste Ecke verkrochen, zwischen Holzregalen mit Glasflaschen, von
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