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Tod im Jungfernturm

Tod im Jungfernturm

Titel: Tod im Jungfernturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Jansson
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Auch Maria bückte sich danach, und ihre Augen trafen sich auf Kniehöhe. Mona senkte den Blick.
    »Ich weiß nichts«, sagte sie kühl. »Lassen Sie mich in Ruhe.«
    »Wir glauben, daß Sie eine ganze Menge wissen. Wenn Sie es uns erzählen, haben wir die Möglichkeit, Sie zu schützen.«
    Mona verdrehte die Augen. »Vor wem?«
    »Ich dachte, daß Sie mir das sagen können. Es wird doch nur noch schlimmer, wenn es immer weitergeht, oder? Es ist sicher schwer, das alles allein zu tragen.«
    Mona antwortete nicht. Sie kroch ins Bett, legte sich mit dem Rücken zu Maria und schaltete das Licht aus. Im Flur hörte man schnelle Schritte. Die Nachtschwester kam, setzte sich auf einen Stuhl neben Mona und spritzte Antibiotika, reinigte die Nadel und legte einen neuen Tropf. An der Tür zögerte sie und winkte Maria zu sich. Außer Hörweite von Mona sagte sie: »Ich finde das alles etwas unheimlich.«
    »Das verstehe ich. Hartman paßt im Zimmer auf, und wenn jemand versucht reinzukommen, dann drückt er die Klingel, und ich bin in einer Sekunde drüben. So sicher wart ihr hier noch nie.« Maria fand allerdings nicht, daß sie sonderlich überzeugend wirkte.
    »Das stimmt, aber jetzt kommt man überhaupt erst auf die Idee, daß jemand hier eindringen könnte. Wenn es in der Vier klingelt, halten wir uns fern. Und wissen Sie was? Schwester Gun, die heute abend in der Küche arbeitet, hat von einer Flasche den Hals abgeschlagen, um sich damit zu wehren, falls jemand kommt.«
    »Es ist für alle am besten, wenn die Polizei das hier regelt«, sagte Maria.

43
    Der Sonnenuntergang verlosch unendlich langsam, Dunkelheit und Stille breiteten sich aus. Monas Atemzüge waren tiefer geworden, und der Rhythmus wirkte einschläfernd. Maria hatte sich einen Stuhl in den Flur gestellt, von wo aus sie Monas Bett im Blick hatte, obwohl es im Hinblick auf die Infektion einige Gründe gab, warum die Tür lieber geschlossen sein sollte. Ein paar Mal wäre sie fast eingeschlafen, dann war ihr der Kopf auf die Brust gefallen, und ihr Körper hatte gezuckt. Die Buchstaben des Romans flossen zu einem einzigen Brei zusammen, und die Augen brannten.
    Sie hörte, wie die Schwestern im Zimmer nebenan mit unglaublicher Geduld versuchten, einen senilen alten Mann davon zu überzeugen, im Zimmer zu bleiben. Sie hatten ihn eben aus dem Nachbarzimmer geholt, wo er zu einer wildfremden Dame ins Bett gekrochen war. Es war zwei Uhr. Maria spürte, wie ihr ganzer Körper vor Müdigkeit schmerzte. Es gab keine bequeme Stellung mehr auf dem Stuhl. Um diese Tageszeit war Maria geneigt, sich Trygvessons Ansicht anzuschließen, daß es vielleicht übertriebener Ehrgeiz war, eine Überwachung rund um die Uhr anzufordern. In sechs Stunden würde sie abgelöst werden. Hartman wollte gehen, sowie es hell wurde. Sechs Stunden! Schon bald würde sie sich in den Arm kneifen müssen, um noch wach zu bleiben.
    Maria stand auf, ging ein Stück den Flur hinunter und zwang sich, die Gedanken zu ordnen und sich auf die Ermittlung zu konzentrieren. »Eine Mutter tut alles für ihren Sohn«, hatte Mona im Fieberwahn gesagt. Keiner der Söhne hatte ein wasserdichtes Alibi für den Morgen, an dem Wilhelm gestorben war. Vorausgesetzt, daß es wirklich am Morgen gewesen war, ansonsten wäre Monas Aussage, daß sie gemeinsam gefrühstückt hätten, gelogen.
    Arne hatte allein in seiner Wohnung geschlafen und war erst um neun Uhr bei der Arbeit gewesen. Christoffer konnte sich weder an den Namen noch an die Anschrift der Frau erinnern, bei der er nachts gewesen war. Pat und Patachon, mit denen er sich eine Decke geteilt haben wollte, hatten keinerlei Peilung, was den besagten Morgen betraf, und wie sich herausstellte, nicht einmal, was den Monat anging. Gegen acht Uhr am selben Morgen hatte eine Erzieherin aus der Tagesstätte angerufen und darum gebeten, daß man doch mal die Besoffenen vom Spielplatz holte. Der eine schlief auf der Schaukel, die anderen waren ins Kletterhaus gekrochen. Arvidsson hatte sie tatsächlich mit in die Ausnüchterung genommen, sie hatten also fast ein Alibi.
    Blieb noch Olov. Er war in Martebo gewesen, hatte aber leider niemanden, der das bestätigen konnte. Er hatte die Spätschicht in der Notaufnahme gehabt und war um 14.30 Uhr zur Nachmittagsübergabe wieder dagewesen. »Das, wofür es sich zu leben lohnt, ist es auch wert, dafür zu sterben«, hatte Olov zu Henrik Dune gesagt. War das, wofür es sich zu leben lohnte, auch wert, daß man dafür

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