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Tod im Jungfernturm

Tod im Jungfernturm

Titel: Tod im Jungfernturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Jansson
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Hände, so daß der Schaum wie lustige weiße Wattebäusche durch das Zimmer flog. Svea saß kerzengrade im Bett und starrte mit erschrockenen Augen zum Waschbecken hinüber.
    »Sie wäscht meine Kleider. Das sind mein Kleid, meine Strümpfe und auch noch meine na, du weißt schon«, flüsterte sie.
    Mona arbeitete sich zu Margit vor. Sie hatte alles auf einmal gewaschen, Geschirr wie Wäsche. Mona fischte zwei Kaffeetassen, einen Teller und eine Gabel aus dem Waschbecken, und dann Sveas Kleider, einen Kopfkissenbezug und eine Tube Decubal. Margit war bester Laune. Mona bemühte sich, alles wieder in Ordnung zu bringen. Sie spülte Sveas Kleider aus und hängte sie über die Heizung. Margit hatte damit offensichtlich schon begonnen, denn die ganze Stehlampe hing voll mit den groben Nylonstrümpfen des Krankenhauses.
    Mona entschuldigte Margit und redete beruhigend auf Svea ein, doch das half nicht viel. Sveas Sicherheitsgefühl war in seinen Grundfesten erschüttert. Sie konnte in diesem Zimmer mit dieser wild gewordenen Frau keine Ruhe mehr empfinden und fing an, laut zu schreien. Ihre Atmung wurde immer asthmatischer. Mona legte den Arm um sie und wiegte sie sanft hin und her.
    »Ist ja gut. Sie wollte doch nur etwas helfen. Jetzt wird sie ins Bett gehen. Dann wird es still und ruhig, und ihr könnt schlafen.«
    »Ich will hier weg. Ich werde die ganze Nacht schreien, wenn du mich hier nicht wegholst. Ich habe Asthma! Das Fenster muß offen sein! Sie läßt mich nicht das Fenster öffnen, weil sie nicht im Zug sitzen will. Und dann geht sie her und macht die Tür zu. Ich ersticke!«
    »Wir werden versuchen, das morgen zu regeln! Jetzt kriech mal ins Bett, dann stecke ich die Decke um dich fest.«
    »Morgen! Da bin ich schon tot. Da hat sie mich mit ihren Verrücktheiten umgebracht. Wenn du mich nicht in ein anderes Zimmer bringst, dann werde ich von Wilhelm erzählen. Ich werde ihnen alles erzählen. Wir haben alle unsere kleinen Geheimnisse. Deshalb kommt er nicht nach Hause. Er kann nicht nach Hause kommen. Weil er nicht mehr lebt.«
    Mona erstarrte von Kopf bis Fuß. War es möglich, daß sie etwas wußte? Vielleicht, aber woher?
    »Ja, da sagst du nichts mehr«, lachte Svea. »Wilhelms Vater lag am Ende da und faselte im Fieber, weißt du noch? Ich bin morgens und abends gekommen und habe nach ihm geschaut. Da habe ich schon das eine oder andere gehört, daß den Leuten die Ohren abgefallen wären. Wer Ohren hat, der höre. Dreißig Silberlinge! Judas Ischariot! Was die alle reden würden!«
    »Ich kann dich in den Aufenthaltsraum fahren.«
    »Mich? Sie hat schließlich angefangen! Fahr sie raus.«
    Margit schüttelte sich vor Lachen, nickte dann bedeutungsvoll und sagte: »Sie kann sich ihre Zylinder selbst kaufen. Ich bürste jedenfalls keine Nähmaschine. Das sage ich euch, eine Spargelsuppe zu tanzen … das ist wirklich schade. Schade um die verschüttete Milch und umgekehrt.« Und mit diesen weisen Worten, deren Klugheit nur sie verstand, bettete sie Sveas Hausschuhe in ihr Bett und steckte mit großer Zärtlichkeit die Decke um sie fest.

    Mona Jacobsson stand vor dem Schrank mit den sterilen Sachen. Alles war still und ruhig. Ossian saß auf seinem Rollator vor dem Empfang und ruhte sich eine Weile aus, ehe es an der Zeit war, umzudrehen und die Tausendmeilenwanderung fortzusetzen. Mona hatte die Nachtbeleuchtung im Flur eingeschaltet und war jetzt allein auf der Station. Die anderen schrieben Berichte. Margit schnarchte ruhig im Aufenthaltsraum vor sich hin, und Svea saß zufrieden in ihrem Bett und schaute »Engel in Weiß«, eine Fernsehserie, in der sie selbst mitspielte, beinahe zumindest. Immer wenn Dr. Vogel »Schwester!« rief, antwortete sie, und in der Zwischenzeit hielt sie lange Vorträge, um ihm begreiflich zu machen, was den Patienten fehlte.
    Sterillium, Kompressen und ein Skalpell, mehr war nicht vonnöten. Mona ließ die Dinge in ihre Handtasche gleiten. Sie hatte beschlossen, die Beule am Bein aufzuschneiden. Sie hoffte, daß es genügen würde, den Schnitt mit einem Heftpflaster zusammenzuziehen, denn sie wußte nicht, ob sie den Mut haben würde, sich selbst zu nähen. Das war aber alles längst nicht so beunruhigend wie das, was Svea gesagt hatte. Sie mußte noch mal mit ihm reden. Er hatte gesagt, sie dürfe ihn nicht bei der Arbeit anrufen. Niemals! Aber in dieser Situation sollte er doch ohne Gefahr an sein Handy gehen können.
    Mona suchte in der Handtasche nach ihrem

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