Tod im Moseltal
eine kleine bedeutungsschwangere Pause, »… in einer Seite weiter hinten steckte ein Zettel mit einer Handynummer und dem Namen Mazzomaid. Und wisst ihr, was auf der Buchseite stand? … ›31. Oktober‹.«
»Der Tag, an dem Thomas Steyn den Besuch seiner alten Schulfreundin erwartet hatte. Passt genau.« Buhle merkte, wie jetzt auch Gerhardts immer mehr von seiner Zurückhaltung verlor. Auch Ducard nickte. »Außerdem haben wir im Mülleimer einen zusammengeknüllten Zettel mit der Zeitangabe ›achtzehn Uhr‹ und dem Namen eines Bistros in Luxemburg-Stadt entdeckt. Leider haben wir noch nicht ihr Handy gefunden, aber die Kollegen sind dabei, die Telefonverbindungen bei den Telefongesellschaften von Mazzomaid und Girardot zu bekommen und die Angestellten im Bistro zu befragen. Vielleicht hat sich das Opfer ja am Donnerstag mit seinem Mörder getroffen. -Ja bitte?«
Ein Kollege war an Ducard herangetreten und sagte etwas auf Letzebuergesch zu ihm. »Aha, Isabelle Girardot ist erst letzten Mittwoch von einem Kurzurlaub zurückgekommen. Sie war in der Dominikanischen Republik, und ihr ahnt, seit wann?«
»Seit dem 1. November. Zehn Tage Dom-Rep, als Belohnung oder um sie aus dem Verkehr zu ziehen.« Gerhardts nickte.
»Dann kommt sie wieder und kriegt mit, dass sie als Lockvogel für einen Mord benutzt wurde. Könnte sein, oder?«, sagte Buhle.
»Könnte gut möglich sein«, bestätigte Ducard. »Das würde aber auch bedeuten, dass sie von dem Mord nichts wusste.«
»Und dann hat sie es erfahren und wollte einen Aufpreis.« Wieder nickte Gerhardts.
»Gut, lasst uns aber noch die weiteren Ergebnisse abwarten. Du hast ja recht, dass wir uns sicher sein müssen. Ein zweites Mal können wir uns keinen falschen Verdächtigen erlauben.« Doch Buhle war sich jetzt erstmals sicher, dass sie auf dem richtigen Weg waren. Er musste nicht lange warten, bis die Bestätigung eintraf.
Zunächst kam das Ergebnis aus der Befragung des Bistropersonals. Eine Bedienung konnte sich gut an das Paar erinnern, das getrennt kam, sich kurz unterhielt, bis der Mann, ohne sein Getränk anzurühren, aufstand und ging. Die junge Bedienung erkannte Girardot und Mazzomaid auf den Fotos eindeutig.
Die Meldung, dass Girardot an jenem Donnerstagmorgen die Nummer von Mazzomaid gewählt hatte und sie exakt drei Minuten und vierundvierzig Sekunden miteinander telefonierten, war wichtig, aber nicht mehr entscheidend. Noch in dieser Stunde wurde Dennis Mazzomaid von der Polizei in Deutschland, Luxemburg, Belgien und Frankreich zur Fahndung ausgeschrieben.
24
Autobahnraststätte bei Nancy; Sonntag, 14. November
Er saß am Fenster und schaute auf den fließenden Verkehr hinab. Der gleichmäßige Strom von Autos und Lkws schaffte es zum ersten Mal nach dem abgebrochenen Konzertbesuch am Freitagabend, ihn so weit zu beruhigen, dass es für leidlich geordnete Gedanken reichte. Sein Plan war völlig aus dem Ruder gelaufen. Das durch die Rache-Endorphine zehn Tage anhaltende Hochgefühl hatte sich vollständig aufgelöst. Nicht einmal eine schwache Erinnerung an diese kurze Zeit der Genugtuung hatte sich gehalten. Jetzt musste er über andere Dinge nachdenken.
Zuerst hatte er überlegt, einfach mit dem Wohnmobil und Fotos von der Côte d’Azur zu Hause aufzutauchen und den Unschuldigen zu mimen. Welche Beweise hatten sie gegen ihn in der Hand? Vielleicht bekamen sie heraus, dass er bei der Girardot Sex gekauft hatte. Na und? Er hatte dafür bezahlt. Er konnte sogar eingestehen, dass ihn die Ähnlichkeit mit Marion Schroeder dazu verleitet hatte. War das ein Beweis? Später hatte er sich immer in Richtung des Schweins verkleidet. Sie hatten eine ähnliche Statur, Haare, Kleidung. Alles ließ sich so verändern, dass Fremde zumindest unsicher sein dürften, wen sie gesehen hatten. Kritisch waren nur die letzten zwei Wochen nach dieser herrlichen Inhaftierung. Da hatte ein anderes Opfer des Schweins herhalten müssen, eines, das nicht darüber hinweggekommen war.
Telefoniert hatte er abwechselnd mit rund zwanzig Prepaidkarten, die es mittlerweile in jeder Drogerie gab und die sich leicht anonym anmelden ließen. Ein Fehler war gewesen, dass er der Nutte seine eigene Handynummer gegeben hatte, als er Anfang des Jahres noch nicht daran gedacht hatte, so weit zu gehen. Diesen vielleicht letzten ihrer Anrufe würden sie sicher zurückverfolgen können.
Er schloss die Augen und sah die Autokolonne noch eine Weile im rötlichen Dunkel weiterziehen. Das
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