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Tod im Moseltal

Tod im Moseltal

Titel: Tod im Moseltal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Ness
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›Bib‹ vorbei. Dritter Stock, Zimmer D 358.«
    »Ja, danke. Ich brauche wohl zehn Minuten. Bis gleich.«
    Er stand auf und ging um den Teich herum. Ein zügiger Schritt wollte ihm nicht gelingen. Als er suchend in der dritten Etage des Psychologiekomplexes umherschaute, sprach ihn eine Frau herrisch an: »Suchen Sie jemanden?«
    Thomas betrachtete die mit Bluse und Rock bekleidete, etwas mollige Frau kurz und antwortete betont belanglos: »Ja, Zimmer 358, Frau Dr. Steyn.«
    Der Blick der Frau wurde noch skeptischer. »Ich weiß nicht, ob Frau Dr. Steyn da ist. Darf ich fragen, wer Sie sind und weswegen Sie sie sprechen wollen? Sie sind doch nicht von der Zeitung?«
    »Nein, ich bin ihr Ehemann.«
    Bislang hatte Thomas Gefallen daran gefunden, andere so zu verblüffen, dass die Gesichtszüge im freien Fall entgleisten. Bei der Frau war das zweifelsohne so, doch in der gegenwärtigen Situation fand er es nur nervig.
    »Können Sie mir jetzt sagen, wo ich das Zimmer meiner Frau finde?«
    Sie zeigte wortlos zum Ende des Flurs und verschwand eilig, noch einmal ängstlich zurückblickend in die andere Richtung.
    *
    Marie schaute zu ihrem Mann auf, als er in ihr Büro eintrat und schnell die Tür hinter sich schloss. Seit dem Anruf hatte sie am Schreibtisch gesessen und auf den Kunstdruck des expressionistischen Gemäldes »Der Mandrill« von Franz Marc gestarrt, der an der gegenüberliegenden Wand hing. Einen klaren Gedanken, wie sie Thomas so spontan begegnen sollte, hatte sie nicht fassen können. Jetzt stand er vor ihr, und sie spürte diese unglaubliche Distanz, die drei mickrige Meter darstellen konnten. Sie stand auf, konnte aber keinen Schritt auf ihn zugehen. Er verstand und blieb stehen.
    »Setz dich doch bitte. Es tut mir leid, dass ich dich nicht anders begrüßen kann. Aber es geht nicht, noch nicht.«
    Thomas nickte. Dann ging er zum Besucherstuhl am Fenster, stellte ihn vor den Schreibtisch und setzte sich langsam. »Ja, ich habe die letzten Stunden auch überlegt, wie das ist, wenn wir uns wiedersehen. Es ist mir klar, dass …«
    Er hielt inne. Marie blickte in die Augen ihres Mannes, deren Ausdruck sie vorher noch nie bei ihm gesehen hatte. Vordergründig spiegelten sie Traurigkeit und Unsicherheit. Dahinter verbarg sich eine Entschlossenheit, die ihr Angst machte.
    »Marie, es tut mir sehr leid, dass ich dich verraten habe, uns verraten habe. Ich habe das so nicht gewollt.« Seine Stimme war stockend, aber dennoch von einer gewissen Sicherheit begleitet. Als ob er sich vorher überlegt habe, was er sagen wollte, jetzt aber doch nicht die richtigen Worte fand. »Was machen die Kinder? Wie kommen Nora und Mattis damit zurecht?«
    »Sie sind in der Schule. Es ist schwer für sie, aber sie halten sich tapfer. Juliette hilft sehr. Es ist gut, das sie und Philipp jetzt für uns da sind. Hast du deine Eltern angerufen?«
    Thomas schüttelte den Kopf. Es trat wieder Stille ein. Sie hörten ein Gespräch vor der Bürotür. Sabine Mayhold sprach mit einem Mann.
    »Bist du nicht allein gekommen?«
    »Nein, die Polizei folgt mir. Angeblich, um mich zu schützen.« Thomas lachte kurz und rau auf. »Aber ich glaube, die hoffen regelrecht, dass Mazzomaid mich umbringen will, damit sie ihn endlich kriegen.«
    Marie sah ihn erschrocken an, doch bevor sie etwas erwidern konnte, klingelte ihr Handy. Sie nestelte es eilig aus ihrer Jackentasche, schaute auf das Display und sagte sorgenvoll: »Mattis.« Gleichzeitig nahm sie das Gespräch entgegen: »Hallo, Mattis, was gibt’s?«
    Marie spürte, wie ihr Gesicht jegliche Farbe verlor und nackte Angst in ihr aufstieg. Ihre Stimme bebte, als sie hervor presste: »Wo ist Mattis, was haben Sie mit ihm gemacht? … Ich warne Sie, wenn ihm … Ich kann ihn Ihnen gleich geben. Er ist hier ….« Sie hielt Thomas wie in Trance das Handy hin. Dann kam sie wieder zu sich und riss die Tür auf. Auf dem Flur starrte sie in die überraschten Gesichter ihrer Chefin und Michael Reuters.
    »Mazzomaid hat Mattis«, zischte sie.
    Der Kommissar reagierte sofort. Während er sein Handy aus der Jacke herauszog, nahm er sie zur Seite: »Was ist passiert, schnell.«
    »Er hat angerufen, von Mattis’ Handy.«
    »Scheiße. Ist Ihr Sohn nicht in der Schule?«
    »Doch, ich habe ihn selbst hingebracht.«
    Reuter hatte bereits die Nummer von Gerhardts gewählt. Es dauerte nur ein Klingelzeichen, bis das Gespräch entgegengenommen wurde.
    »Mazzomaid hat soeben Marie Steyn angerufen, vom Handy ihres

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