Tod im Moseltal
ihnen folgte.
Es war unendlich erleichternd gewesen, als sie sich gestern Abend in die Arme ihres Freundes hatte fallen lassen können. Peter hatte sie fast eine Viertelstunde regungslos gehalten, bis der größte Druck in ihr abgebaut war. Nachdem sie ihn kurz über ihre fatale Situation informiert hatte, war sie völlig fertig zu Bett gegangen und dankbar in seinen Armen eingeschlafen. Und natürlich hatte Peter ihr wie immer zum Wecken einen Milchkaffee ans Bett gebracht und sie nach dem Duschen mit Vollkorntoast und selbst gemachtem Holunderblütengelee am Frühstückstisch empfangen. Sie war froh, dass sie bei ihm in den nächsten Tag Halt und Unterschlupf finden würde.
Die lange Nachtruhe hatte ihr die notwendige Energie zurückgebracht und ihre Entschlossenheit gefestigt: Sie würde nicht zulassen, dass ihre Kinder durch diesen Mord, wer immer ihn begangen hatte, zu Schaden kamen. Die beiden mussten noch eine Weile bei ihrer Mutter in Metz bleiben, ob den Dreien das passte oder nicht.
»Hat mein Mann schon mit seinem Anwalt gesprochen?« Maries Frage schien auch die beiden Polizisten aus ihren Gedanken zu reißen.
Buhle drehte sich langsam im Beifahrersitz um. »Nein, Frau Steyn. Wir haben Ihren Mann gestern noch kurz vernommen, aber ohne dass wir den Eindruck hatten, er könne oder wolle uns noch etwas sagen. Wir haben ihn dann in seine Zelle bringen lassen.« Er blickte Marie in die Augen. »Natürlich hatten wir ihn vorher darauf hingewiesen, dass er einen Anwalt anrufen könne, aber er hat nicht darauf reagiert. Und heute Morgen sind wir direkt von der Kriminalinspektion zu Ihnen gefahren.«
Marie nickte nur und griff ihr Handy. Erst als sie den Anrufbeantworter der Anwaltskanzlei hörte, die sie selbst schon bei einem Rechtsstreit gut und erfolgreich vertreten hatte, dachte sie wieder an diesen überflüssigen Feiertag Allerheiligen. Sie bat um Rückruf und brach die Verbindung ab.
»Wenn Sie die Privatnummer Ihres Anwalts haben möchten, können wir Ihnen die besorgen.«
Marie schüttelte den Kopf. »Wann wird mein Mann das nächste Mal verhört werden? Wird unser Anwalt dann dabei sein können?«
Buhles Gesichtsausdruck hatte gegenüber dem Vortag nicht an Dynamik gewonnen, war aber wieder deutlich freundlicher als zuletzt. »Wir werden ihn so bald wie möglich befragen, spätestens heute Nachmittag. Dann werden wir sehen, ob sein Anwalt anwesend sein will oder kann.«
Er machte eine kleine Pause.
»Sie können sich sicher sein, dass wir Ihrem Mann nichts anhängen wollen, was er nicht zu verantworten hat. Aber es sind bis gestern Abend bereits eine ganze Menge Fragen entstanden, bei denen ich beim besten Willen nicht weiß, wie er sie uns beantworten will. Nur ist es um seiner selbst willen wichtig, dass er es versucht.«
Es sah nicht gut aus für Thomas, Marie machte sich da keine Illusionen. Dennoch stieg erneut leise Wut darüber in ihr hoch, dass ihr Mann anscheinend schon als Täter feststand. Aber sie wollte ihm helfen und hatte sich deshalb darauf eingestellt, sich der Polizei gegenüber kooperativ zu verhalten.
»Wie Sie es gestern gewünscht haben, können wir gleich die Zimmer durchgehen. Ich denke, heute bin ich eher in der Lage, mögliche Veränderungen zu erkennen. Weiß man denn schon, wer die Tote ist?«
Buhle, der sich immer noch zu ihr gewandt hatte, antwortete. »Auch wenn ich nicht dazu verpflichtet bin, Ihnen diese Frage zu beantworten: Nein, wir kennen die Identität der Toten noch nicht.«
»Und wissen Sie, wohin Marion Schroeder verschwunden ist?«
Buhle seufzte leicht. Immerhin eine Art Gefühlsregung, dachte Marie.
»Wir haben bislang weder eine Person mit dem Namen Marion Spiegelrodt, geborene Schroeder, ausfindig machen können, noch haben wir Hinweise darauf gefunden, dass sich überhaupt eine zweite Frau im Haus aufgehalten hat.«
Marie biss sich leicht auf die Unterlippe. Da Buhle nicht den Eindruck machte, voreilige Schlüsse zu ziehen, und jetzt mit ihr zum Tatort fuhr, um nach Beweisen zu suchen, die Thomas entlasten konnten, schien die Situation für ihren Mann wirklich schwierig zu sein. Konnte er wirklich der Täter sein? Konnte ihr Mann eine Frau, aus welchem Motiv auch immer, im eigenen Haus mit einem Messer erstechen?
Sie spürte eine leichte Unsicherheit aufsteigen. In der letzten Zeit hatten sie sich immer weiter auseinandergelebt, hatten sich nicht mehr viel Mühe gegeben, das Leben des anderen zu teilen. Waren eher damit beschäftigt
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