Tod im Moseltal
gemacht und die Teller mit dem Besteck in die Maschine geräumt. Ich glaube, es fehlt auch ein Schälchen, in dem Joghurt für Nora drin war.« Sie schaute Gerhardts fragend an.
»Das Geschirr aus der Spülmaschine ist wie alles, was augenscheinlich gebraucht aussah, im Labor. Aber bitte, machen Sie genau so weiter.«
Sie nickte, konnte aber keine weiteren Veränderungen in der Küche feststellen, außer dass im Kühlschrank neue Antipasti standen. Auch sonst war alles so, wie sie es vor ein paar Tagen verlassen hatte. Vor ein paar endlos weit zurückliegenden Tagen, wie ihr schien.
In den anderen Zimmern konnte Marie nichts entdecken. Sehr aktiv schien ihr Mann in ihrer Abwesenheit nicht gewesen zu sein. Im Erdgeschoss, auf der Schwelle zum Gästezimmer, blieb sie stehen. Jede Faser ihres Körpers sträubte sich dagegen, dieses Zimmer zu betreten. Schon von der Tür aus konnte sie erkennen, dass das Bettzeug, die Kissen und der Teppich vor dem Bett fehlten. Als sie in den kleinen Kleiderschrank schaute, stellte sie fest, dass ihr Mann seine alte schwarze Satinbettwäsche für seine Affäre aufgezogen haben musste. Dieselbe Bettwäsche, in der Thomas und sie sich das erste Mal geliebt hatten. Eine tiefe Bitternis stieg in ihr auf.
»Haben Sie etwas entdeckt?« Buhle, der sie an der Wand gelehnt von der Seite beobachtete, hatte die Veränderung an ihr registriert.
Marie pustete kräftig durch. »Nein, nur welche Bettwäsche er für seinen Gast aufgezogen hat. Ich verbinde damit leider eine sehr besondere Situation.«
»Sie erkennen auf einen Blick, welche Bettwäsche er benutzt hat?« Buhle schien ehrlich überrascht.
»Schwarze Satinbettwäsche ist so auffällig, dass sie auch im Schrank leicht zu bemerken ist. Und sie fehlt hier nun mal.« Irritiert blickte sie in jetzt wirklich überraschte Gesichter der Kriminalbeamten.
»Frau Stein, das Bett war nicht mit einer schwarzen Bettwäsche bezogen. Sind Sie sicher, dass sie fehlt?«
»Ja«, antwortete Marie zögerlich. »Ja, als ich hier letztens gewaschenes Bettzeug einsortiert habe, lag sie noch da, und zwar ziemlich weit unten. Wie war das Bett denn bezogen?«
»Mit der gleichen Bettwäsche, wie sie dort obenauf liegt.«
Marie schaute noch mal in den Schrank. »Stimmt, sie ist nur noch einmal da. Wir hatten neulich extra zwei Sets gekauft, weil die Farbe so gut zu unserem Schlafzimmerschrank passt.« Sie sah zuerst Buhle, dann Gerhardts fragend an. Doch in beiden Gesichtern schien sich nur ihre eigene Frage zu spiegeln.
5
Trier; Montag, 1. November
Kriminalhauptkommissar Christian Buhle hatte nicht wirklich mit neuen Hinweisen durch die Begehung des Tatorts mit Marie Steyn gerechnet. Jetzt schaute er doch recht nachdenklich in die Runde seines Teams, das in der Kürze der Zeit als Sonderkommission Domäne zusammengestellt worden war. Es hatte noch Lücken, aber der Grundstock an Leuten, auf die er bei den Ermittlungen bauen konnte, war anwesend. Erfreulicherweise waren auch Spurensicherung und sogar die Rechtsmedizin zugegen.
Insgesamt sieben Leute verteilten sich an diesem Feiertagsvormittag an dem achteckigen Konferenztisch im Besprechungsraum. Rechts neben Buhle saß die junge Anwärterin Nicole Huth-Balzer mit dem Notebook, der ihr gutes Aussehen eher lästig zu sein schien. Ihre langen nussbraunen Haare trug sie im Dienst stets zu einem nachlässigen Knoten geschlungen oder mit einem Haargummi zu einem Pferdeschwanz zusammengefasst. Sie hatte die Aufgabe, das Besprechungsprotokoll zu schreiben, was sie sicher auch an diesem Feiertag perfekt machen würde. Als sie seinen Blick spürte, schaute sie kurz auf und lächelte ihn wie so oft ein wenig zu freundlich an. Buhle irritierte das auch heute. Aber vielleicht bildete er sich da auch nur etwas ein, was die achtzehn Jahre jüngere Kollegin so gar nicht ausdrücken wollte. Er ließ seinen Blick schnell weiterwandern.
Daneben hing Kriminaloberkommissar Michael Reuter in seinem Stuhl und starrte griesgrämig auf die Unterlagen vor sich auf dem Tisch. Irgendetwas schien ihm wieder mal gegen den Strich zu gehen. Doch spätestens wenn er seinen ersten unflätigen Kommentar abgegeben hatte, würde Buhle wissen, ob sein chronisch schlecht gelaunter Mitarbeiter bei der Sache war. Eine Ecke weiter hatte sich Rechtsmediziner Tim Kordonbowski überraschend zu ihnen gesellt. Offensichtlich hatte er seine Untersuchungen am Morgen schon abgeschlossen. Er schien sich seiner Sache also bereits sicher zu sein.
Paul
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