Tod im Moseltal
Brüderkrankenhaus anstehen, und dann muss ich ein bisschen das missratene Brunchen vom letzten Sonntag ausgleichen. Ich hab Melanie heute Abend zum Wise-Guys-Konzert in die Arena eingeladen. Die sind echt gut, diese Kölner Jungs.«
»Schön für euch, Tim. Gibt es denn was zu berichten?«
»Ja, aber wohl kaum etwas, was den Fall in einem neuen Licht erscheinen lassen wird«, sagte Lutz Grehler. »Es standen noch die Proben aus dem Wohnzimmer aus. Die Spermaspuren sind wie vermutet auch von Steyn. Außerdem haben wir hier Haare von ihm und von der Toten. Etwas merkwürdig ist allerdings, dass kaum Haare Dritter nachzuweisen waren. Da muss jemand ziemlich gründlich gesaugt haben. Aber natürlich haben wir dann doch noch ein paar Exemplare in den Tiefen der Sofapolster gefunden. Von allen Familienmitgliedern und von drei weiteren Personen, die aber laut LKA in keiner Datenbank geführt sind. Darüber hinaus werden den Kindern auf dem Sofa offensichtlich gerne die Fingernägel geschnitten.«
Grehler machte wieder eine seiner berühmten Pausen. Buhle tat ihm den Gefallen und stellte eine Frage: »Das bedeutet dann wohl, dass Steyn und das Opfer auch auf dem Sofa Sex gehabt haben?«
»Nun, es spricht alles dafür.«
»Gut. Hast du sonst noch was für uns?«
»Natürlich. Wir haben herausgefunden, dass die Kleider der Toten wohl alle im benachbarten Ausland gekauft worden sind. Jedenfalls haben wir in Deutschland keinen Vertrieb der Klamottenfirmen ausfindig machen können. Mit einer Ausnahme: Der Slip, den gibt es zum Beispiel in Kaufhäusern in der Innenstadt. Der Rest kann eigentlich nur aus Frankreich, Luxemburg oder Belgien kommen. Also hat die Dame offenbar einen großen Aktionsradius und ist wohl deshalb auch schwer zu finden. Oder habt ihr die Identität der Toten mittlerweile und wieder vergessen, uns Bescheid zu sagen?«
»Natürlich hätten wir euch unterrichtet, wenn wir wüssten, wer die Tote ist«, erwiderte Buhle säuerlich. »Habt ihr nichts Genaueres über die Kleider herausfinden können? Da gibt es doch bestimmt auch Boutiquenketten oder Kaufhäuser.«
»Wir hatten noch keine Zeit, uns auf die Tour de France zu begeben. Das LKA will aber die französischen Kollegen einschalten.«
»Dann sollten sie auch die Luxemburger und Belgier nicht vergessen. Noch was?«
»Nun mal langsam mit den jungen Pferden. Wir haben zusammen mit Sven versucht, ohne Rechner des Verdächtigen dessen Internetverkehr nachzuvollziehen. Er hat seit etwa eineinhalb Monaten mit unterschiedlichsten Proxy-Servern kommuniziert. Eigentlich kein Problem, aber der oder die Adressaten haben sich nach dem Mixmaster-Prinzip getarnt. Und zwar ziemlich gut. Fest steht bislang, dass Steyn offenbar mit unterschiedlichen Rechnern in unterschiedlichen europäischen Ländern kommuniziert hat. Bislang konnte keiner identifizierten IP-Adresse eine reale Person zugeordnet werden. Die Anmeldungen waren rein fiktiv. Es lassen sich eigentlich nur zwei Rückschlüsse daraus ziehen. Erstens: Steyn hat mit verschiedenen Leuten oder in Foren kommuniziert, die viel Wert auf Anonymität legen. Zweitens: Steyn hat mit einer Person kommuniziert, die allerhöchste Energie darauf verwendet hat, unentdeckt zu bleiben. Hilft uns das im Moment weiter?«
»Das heißt, wir könnten mit euren Ergebnissen alle Thesen begründen: von Steyn als perversem Triebtäter bis hin zum Opfer eines ausgebufften Dritten?«
»Genau. Mach was draus, ich kann mich nicht um alles kümmern.«
Buhle hatte den Spruch ab und an in einer Comedy-Serie bei SWR3 gehört und fand ihn da durchaus amüsant. Hier und heute dagegen nicht. »Tim, hast du noch Neuigkeiten?«
»Nicht wirklich. Wir haben die forensische Odontologie abgearbeitet, können aber nur die Vermutungen bestätigen, dass die Tote aus Osteuropa, vielleicht aus Rumänien, stammt.« Kordonbowski überlegte kurz. »Dann haben wir eigentlich nur noch eine Sache: Wir haben Spuren von Gleitmitteln in der Vagina gefunden. Sie muss also sowohl ungeschützten als auch geschützten Verkehr gehabt haben. Spricht vielleicht auch für ihre Tätigkeit im horizontalen Gewerbe.«
Grehler wurde aufmerksam. »Stimmt, haben wir auch bei Thomas Steyn gefunden, zusammen mit dem Spermizid Nonoxynol-9–«
»Steyn hat behauptet, zumindest anfangs Sex mit Kondomen gehabt zu haben«, sagte Buhle. »Aber wenn die beiden so eifrig Kondome verwendet haben, wie passt das dann mit dem vielen Sperma zusammen?«
Der Rechtsmediziner und der
Weitere Kostenlose Bücher