Tod im Moseltal
Vorwärtskommen zuließ, konnte Buhle seinem Chef ausführlich von seinem Erlebnis mit der Luxemburgerin berichten.
Großmann hörte zu und sagte dann: »Ich dachte eigentlich, es würde um etwas anderes gehen. Was hast du gestern in Berdorf bei Marie Steyn gemacht?«
Buhle musste scharf bremsen, damit er nicht auf seinen Vordermann auffuhr. Die rote Ampel gab ihm einen Moment Zeit zu überlegen. »Ich war zum Frühstück eingeladen. Wieso?«
»Du warst zum Frühstück bei der Frau unseres Hauptverdächtigen eingeladen und bist auch noch hingegangen?«
»Eigentlich kam die Einladung von der Großmutter von Thomas Steyn.«
»Waaas? Sag mal, willst du mich hier verarschen?« Großmanns Gesichtsfarbe gewann zusehends an Intensität.
»Nein, ich will dir nur den offiziellen Grund für meinen Aufenthalt in Berdorf mitteilen.«
»Und inoffiziell?«
»Marie Steyn hat mich angerufen und mir von dem Brief an Claudille Laurant und dem Foto erzählt, über das wir heute Morgen gesprochen haben.«
»Und dann bist du mal eben rüber nach Luxemburg und hast die Beweismittel angenommen und Marie Steyn verhört? Sag mal, bist du noch ganz bei Trost? Ermittlungen im Ausland, weißt du, was das bedeutet? Wir haben eine offizielle Anfrage von den luxemburgischen Kollegen vorliegen. Irgendjemand muss dich gesehen haben. Und ich dachte, du hättest die Sachen hier bekommen. Mein Gott, bin ich blöd, dass ich das nicht sofort kapiert habe.«
»Deshalb war ich ja auch bei einer alten Dame zum Frühstück eingeladen«, sagte Buhle betont langsam.
Großmann saß zusammengesunken auf dem Beifahrersitz und schüttelte den Kopf. »Und dann hast du auch noch ohne Genehmigung der Staatsanwaltschaft ein Treffen zwischen Marie Steyn und ihrem Mann in der JVA arrangiert.«
»Ich hab sie beide zu dem Foto verhört«, erwiderte Buhle trotzig. Großmann schüttelte weiter den Kopf. »Das ist alles nicht gut, Christian. Gar nicht gut.«
Dieser Meinung war auch der oberste Trierer Polizist Hubert Monz. »Wenn ich das richtig sehe, haben Sie in den letzten vierundzwanzig Stunden im Ausland ohne Kontaktaufnahme mit den dortigen Dienststellen ermittelt, der Frau des Hauptverdächtigen ohne Genehmigung der Staatsanwaltschaft einen Besuch bei ihrem Mann in der U-Haft ermöglicht und sich eine Beschwerde wegen sexueller Belästigung eingehandelt. Herr Buhle, können Sie mir sagen, was ich jetzt machen soll?«
Mauricette Giesener war also tatsächlich zu Monz ins Polizeipräsidium gefahren und hatte sich über das angeblich sexistische Verhalten des Leiters der Mordkommission beschwert.
Buhle wusste, dass er in der Klemme saß. »Das mit Luxemburg lässt sich sicher regeln. Die Kollegen werden verstehen, dass ich nichts Verwerfliches oder etwas gegen sie Gerichtetes getan habe. Was hätte ich an einem Sonntag sonst tun sollen? Gleiches gilt für das Verhör mit den Steyns. Deren Anwalt wird bestätigen, dass es sich um ein reguläres Verhör gehandelt hat und wir zu einer Nachbesprechung nur für eine kurze Zeit das Zimmer verlassen haben. Staatsanwältin Haupt wird mir da bestimmt keinen Strick draus drehen. Und die Show, die diese Luxemburgerin bei mir abgezogen hat, ist doch ein Witz gewesen. Sie kennen mich. Bin ich der Typ, der aufgetakelten Frauen ins Dekolleté schaut? Ich bitte Sie.«
Monz zog Mund, Nase und Augen zusammen, als ob er sich von einem saueren Drops im Mund hatte überraschen lassen. Als sich seine Gesichtszüge wieder entspannten, stand darin eine resignierte Entschlossenheit. »Herr Buhle, Sie wissen, dass ich Ihre Arbeit sehr schätze, aber das hier kann ich nicht einfach so übergehen. Würden Sie uns bitte kurz allein lassen.«
Als Herbert Großmann zehn Minuten später das Zimmer des Polizeipräsidenten verließ, stand ihm der Kummer ins Gesicht geschrieben.
»Was ist?«
»Lass uns zurück in die Güterstraße fahren. Und dann sieh zu, dass du Paul alle Infos zum Fall mitteilst. Monz will noch Rücksprache mit der Haupt halten.« Großmann fuhr sich übers Gesicht. »Ich befürchte, du musst ab morgen Überstunden abbauen, bis wir zumindest die Giesener besänftigt haben. Schöne Scheiße!«
Es war mucksmäuschenstill in Buhles Büro. Er stand am Fenster und blickte auf den Hügel aus Lehm und Ziegeln und konnte keinen klaren Gedanken fassen. Er fühlte sich, als sei ein Tornado über ihn hinweggezogen, der alles verändert hatte, was vorher in festen Grundmauern stand.
Im Nachhinein fragte er sich, ob er völlig
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