Tod im Netz: Kriminalroman (Oldenburg-Krimi) (German Edition)
März, zwischen 23.00 Uhr und 1.30 Uhr?«, wollte Paul wissen.
» Das ist ja das Komische, wir wollten an diesem Abend auf ein Konzert in Bremen, ich hatte zwei Karten organisiert, aber sie sagte kurzfristig ab, weil sie sich nicht gut fühlte. Ich bin dann mit meinem Bruder, der in Bremen wohnt, dorthin, und habe bei ihm übernachtet.«
Paul atmete stoßartig aus, ging um den Schreibtisch herum und stellte den umgefallenen Stuhl wieder auf. Sein Alibi würden sie selbstverständlich überprüfen. Aber wenn dieses bestätigt werden würde, dann wäre Benedikt Vogel aus dem Schneider.
***
Der Kriminalhauptkommissar fuhr schneller auf der Autobahn 29 nach Hause als sonst. Üblicherweise fuhr er gemächliche 120 km/h, obwohl es auf dieser Strecke selten dichten Verkehr gab, von Staus mal ganz zu schweigen, einfach, um den Tag in Ruhe Revue passieren zu lassen. Eigentlich machte es gar keinen Sinn, für eine so kurze Zeit nach Friesland zu fahren. Um 20.30 Uhr wollte ‚MrJudge‘ Lisbeth besuchen, in einer 'sicheren Wohnung', also einer Wohnung, die extra von der Polizei dauerhaft angemietet worden war, wie auch die Nachbarwohnung, um einerseits Zeugen, die unter Polizeischutz standen, dort unterzubringen, oder, wenn sie unbewohnt war, für bestimmte Treffen. Die Wohnung war extra so ausgewählt worden, dass sie von der anderen Straßenseite her gut einsehbar war. Außerdem war sie von den Technikern mit versteckten Minikameras und Mikrofonen in jedem Zimmer, inklusive Flur und Hauseingang, ausgestattet worden. Lissi hatte schnell geschaltet und statt ihrer eigenen diese Adresse in der Lambertistraße angegeben.
Es war schon 19.13 Uhr, und Paul beschleunigte auf 190 km/h, obwohl er an der nächsten Ausfahrt Varel/Obenstrohe abfahren musste. Heute hatte Tom Geburtstag, er wurde 6 Jahre alt. Natürlich hatte es bereits morgens ein mit unzähligen bunten Luftballons geschmücktes Wohnzimmer, eine Geburtstagstorte mit sechs brennenden Kerzen und jede Menge Geschenke gegeben. Zu seiner Geburtstagfeier am kommenden Wochenende hatte Tom zwölf andere Kinder eingeladen, darunter auch drei Mädchen, die er aber nur duldete, weil seine Mutter darauf bestanden hatte. Paul hatte ihm hoch und heilig versprochen, dass sie abends noch mit dem neuen Tischfußballkicker gegeneinander spielen würden. Spätestens um 20.00 Uhr sollte er sich aber wieder ins Auto setzen. Dass er abends nochmal weg müsste, wollte er Wiebke am Telefon eigentlich erzählt haben, er war nur nicht dazu gekommen.
Paul hatte den Wagen noch gar nicht richtig eingeparkt, da kam ihm sein Junior schon schreiend entgegen.
»Papaaa, ich bin Werder Bremen, wenn wir gleich kickern, wer bist du?«
» Hallo, mein Großer: Eintracht Frankfurt natürlich.« Paul verriegelte den Audi mit der Fernsteuerung und nahm Tom auf den Arm. Wiebke begrüßte ihn mit einem Kuss an der Tür.
» Tom, geh schon mal vor. Deine Werderaner müssen eh noch trainieren, wenn sie eine Chance haben wollen.« Er setzte Tom ab, der sprintete mit den Worten »wirst schon sehen, Werder gewinnt« los.
Paul zog seine Jacke aus, hängte sie an der Garderobe auf und atmete tief durch. Wiebke war schon in der Küche verschwunden. Er hörte sie aber trotzdem. »Ich mach dir schnell noch das Essen warm.« Paul ging in die Küche, nahm ihre Hände und meinte: »Du, Schatz, ich will gar nichts essen…«
» Ach was, du kannst mit Tom erst eine Runde kickern, und dann macht ihr eine Pause, also Halbzeitpause.« Wiebke grinste ihn gut gelaunt an.
» Ich muss gleich nochmal los.« Wiebke stellte die Mikrowelle aus und verschränkte die Arme vor der Brust.
» Wann?«
» Um spätestens acht Uhr…« Wiebke schaute auf die Zeitanzeige des Radios, die 19.28 Uhr anzeigte, und schnappte nach Luft.
» Super, dann wünsche ich dir ganz viel Spaß, mit wem auch immer, aber das bringst du deinem Sohn bei. So aufgedreht, wie der heute ist, geht der nie um acht Uhr ins Bett.« Paul hob die Arme mit den Handflächen nach oben.
» Lissi trifft sich mit dem Typen aus dem Internet, in der Polizeiwohnung. Ich kann sie das nicht alleine machen lassen, das ist zu gefährlich, es sind ja auch andere Kollegen dabei, aber…«
» Stop, erzähl's mir gar nicht, ich will es gar nicht wissen, ob ihr einen Mister ‚Top Secret‘ jagt. Deine Zeit, dein Beruf, dein Fall, alles ist wichtiger als wir. Tom ist heute sechs geworden. Aber bitte, geh du nur. Tom wird nur einmal sechs...«
» Wir feiern doch noch am
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