Tod im Netz: Kriminalroman (Oldenburg-Krimi) (German Edition)
Wochenende.« Wiebke verließ kopfschüttelnd die Küche.
Aus dem Wohnzimmer hörte man Tom schreien: »Werder führt schon 3:0.«
Paul schüttelte mit dem Kopf und ging ins Wohnzimmer. Er brauchte sich gar keine Mühe zu geben, Tom gewinnen zu lassen. Seine Gedanken waren schon bei dem bevorstehenden Einsatz.
» Papa, du musst dich schon anstrengen!«
Tom gewann 10:8 , und Paul nahm ihn zur Seite.
» Pass mal auf, mein Großer, ich will ein Rückspiel gegen Werder Bremen, die hatten heute nur Glück. Was hältst du davon, wenn wir es vor großem Publikum austragen? Wie viele Freunde hast du eingeladen?«
» Neun«, Tom überlegte kurz und rieb sich mit dem Zeigefinger über den Mund, «und die Mädchen, zählen die auch als Publikum?« Paul lachte herzlich.
» Aber sicher, komm, schlag ein. Samstag, 15.30 Uhr ist Anstoß. Die Wahrheit ist auf'n Platz. Du, ich muss jetzt noch mal weg.«
« Hä, wieso'n?«
» Geheimverhandlungen, ich brauche neue Spieler.«
« Das ist aber ungerecht.« Tom schaute ihn mit säuerlicher Miene an. Paul streichelte ihm über den Kopf. »Sorry, muss ich machen, sonst habe ich gar keine Chance gegen Werder.«
Paul rieb sich die Stirn , als er auf die Autobahn fuhr. Sein Sohn machte ihm die wenigsten Sorgen. Er hatte zwar noch gemurrt und versucht, noch etwas auszuhandeln, aber an einem solchen Tag der Reizüberflutung hätte er auch gemault, wenn es schon 22.00 Uhr gewesen wäre. Wiebke hatte ihn nicht mal verabschiedet. Sie saß stumm vor ihrem iPad und hatte was gemacht? Frustschuhkäufe bei Amazon oder Tschibo, vermutete Paul. Sie sollten mal wieder etwas zusammen unternehmen, aber das hatte er sich schon oft vorgenommen. Oder vielleicht würde ihr ein Wellness-Wochenende mit ihrer besten Freundin guttun?
» So ein Trottel!«, schrie Paul, nachdem ein Pkw mit ca. 100 km/h im letzen Moment ausgeschert war, um einen Lastwagen zu überholen. Für diesen Überholvorgang nahm er sich viel Zeit.
20.19 Uhr verriet ihm die Anzeige auf der Armatur. Zehn Minuten würde er mindestens noch brauchen. Es setzte leichter Schneefall ein, sodass die Straßen rutschig wurden.
Er wollte auf keinen Fall riskieren, dass der Fremde ihn wiedererk annte, falls er beim letzten Treffen in der Wallstraße doch vor Ort war und sich Pauls Gesicht eingeprägt hatte. Paul konnte im rückwärtigen Bereich der gegenüberliegenden Wohnung parken und über den Hinterhof in die Wohnung gehen. Dort waren zwei Fernrohre, das zweite war ein Nachtsichtgerät, aufgestellt worden, die einerseits den Hauseingang und anderseits das Wohnzimmer beobachteten. Über Funk würde er den Einsatz leiten. Die Mikrofone und die Kameras lieferten ihm jederzeit ein aktuelles Lagebild. Für alle Fälle hatte er mit Lissi als Codewort 'Problem' vereinbart. Wenn sie dieses Wort verwendete, würden die Kollegen über die Nebenwohnung die Aktion abbrechen.
» Du kommst aber spät«, bemerkte Frank Albers, als Paul abgehetzt um 20.32 Uhr die gegenüberliegende Wohnung betrat.
» Mein Kurzer ist heute sechs geworden, da musste ich nochmal kurz nach Hause. Und? Schon was passiert?«
» Nee, alles ruhig bisher. Aber guck da, der Typ mit den Blumen. Ich wette eine Kiste Bier, das ist unser Mann, ‚MrJudge‘.« Durch die Straßenlaterne konnte Paul die Gestalt relativ gut erkennen. Er trug eine dunkle Daunenjacke und eine beige Wollmütze. Seinen Blick richtete er auf ein Handy, kurz darauf auf die Hausnummer. Er schien sichergehen zu wollen, dass er an der richtigen Adresse war. Über die Mikrofone hörte Paul, dass in der sicheren Wohnung die Klingel läutete.
» Die Moorleichen fliegen«, sprach Paul ins Mikrofon, und Frank Albers grinste in sich hinein. Franks Idee war es gewesen, diesen Satz aus einem Otto-Film zu entwenden und als Zeichen, dass es nun losging und alle ihre Positionen einzunehmen hatten, zu benutzen.
Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis der Blumenkavalier endlich vor der Tür stand. War der Typ schlecht zu Fuß oder lernte er im Treppenhaus noch seine ersten Sätze auswendig? Oder wollte der gar nicht zu Lisbeth und hatte ein anderes Rendezvous, zufällig in diesem Haus? Was, wenn der Typ ohne Vorwarnung mit dem Messer gleich zustach? Lisbeth trug zwar eine leichte Kevlar-Weste, die Stichverletzungen und kleinkalibrige Patronen abhielt, aber ihr Hals und ihr schönes Gesicht waren ungeschützt. In diesem Moment fragte sich Paul, ob es richtig gewesen war, Lisbeth einer solchen Gefahr auszusetzen. Auch in
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