Tod im Pfarrhaus
gestanden hatten, erreichten sie endlich das Thomsen Hotel. Irene hatte fast das Gefühl, nach Hause zu kommen, als sie die propere weiße Fassade vor sich sah. Ein junges Mädchen mit gegelten rot gefärbten Haaren stand an der Rezeption und lächelte. Irene nannte ihren Namen und bekam einen Schlüssel. Sie war angenehm überrascht, dass das neue Zimmer im zweiten Stock lag. Zwei Treppen weniger! Schnell warf sie ihre Sachen aufs Bett und machte, dass sie wieder runter in die Lobby kam.
Glen saß auf dem Sofa, in der einen Hand eine Zigarette, in der anderen sein Mobiltelefon. Er schaute auf und lächelte, als Irene auf ihn zutrat.
»Ich habe versucht, Andrew St. Clair zu erreichen, aber das ist mir nicht gelungen. Seine Sekretärin hat uns versprochen, dass er sich so schnell wie möglich mit uns in Verbindung setzt. Dagegen habe ich mit Doktor Fischer gesprochen. Er war außer sich! Ich hoffe, dass wir Christian erwischen, ehe er das tut.«
»Hat er eine Theorie, wo sie sein könnten?«
»Nein. Er hat nicht den blassesten Schimmer.«
Irene setzte sich neben Glen aufs Sofa. Zusammen grübelten sie, wer wissen könnte, wo sich Christian und Rebecka aufhielten. Glen hatte Andrews Sekretärin gefragt, ob sie wisse, wo Mary Lefèvre Prokuristin sei. Sie hatte ihnen bereitwil lig Auskunft gegeben. Aber als sie bei der Edin burgh Tweed Company angerufen hatten, erfuh ren sie nur, dass Mrs. Lefèvre gerade zu einer Dienstreise nach Deutschland aufgebrochen sei und erst Mittwoch der folgenden Woche zurückerwartet werde. Das Wochenende wolle sie bei deutschen Freunden verbringen, aber wo diese wohnten, wisse man nicht. Man versprach, bei dem Unternehmen, das sie besuchen wolle, eine Nachricht zu hinterlassen, dass sie sich so schnell wie möglich mit Glen Thomsen in Verbindung setzen solle.
»Wir müssen mit Andrew sprechen! Er weiß sicher, wen seine Tante in Deutschland besucht«, rief Irene.
»Wahrscheinlich. Aber im Augenblick können wir nicht viel tun. Wir gehen ins Vitória essen. Kate und die Jungen kommen auch«, meinte Glen.
Donna freute sich wie immer wahnsinnig. Sie drückte Glen und Irene an ihren Busen und zwitscherte, wie glücklich sie sei, dass sie wohlbehalten zurück seien. Man hätte den Eindruck haben können, sie seien mehrere Tage lang auf dem schottischen Hochmoor herumgeirrt und nicht nur für einen Tag weggewesen.
Kate und die Zwillinge kamen wenig später. Es wurde ein nettes, familiäres und sehr gutes Abend essen. Sicherheitshalber tranken Irene und Glen keinen Wein und nur Bier. Als der Kaffee und das Eis mit den exotischen Früchten serviert wurden, spürte Irene, wie müde sie war. Es war ein hektischer und ereignisreicher Tag gewesen. Zweimal hintereinander war sie besonders früh aufgestanden. Das merkte sie allmählich. Es war kurz nach neun, und die Jungen wurden ebenfalls müde. Kate sammelte ihre Söhne ein, küsste ihren Mann und ihre Schwiegermutter und umarmte Irene.
»Falls wir uns nicht mehr sehen, ehe Sie nach Hause fahren, können wir wegen der Sommerferien ja telefonieren. Ich bin schon ganz begierig darauf, die Mitternachtssonne zu sehen.«
Irene dachte, dass Kate und Glen wohl immer noch nicht klar war, wie langgezogen Schweden war. Vermutlich wussten sie ebenfalls nicht, wie viele Mücken es in Norrland gab. Dafür war Norrland andererseits wahnsinnig schön und die Mitternachtssonne faszinierend. Das Schlimmste war, dass sie einen am Einschlafen hinderte. Wer konnte schon schlafen, wenn mitten in der Nacht die Son ne schien? Trotzdem waren die Ferien in Norrland mit dem gemieteten Wohnwagen mit die schönsten gewesen. Das war jetzt fast zehn Jahre her.
Irene erzählte Glen gerade von ihrer Norrlandreise, als ihr Handy zu flöten begann.
»Irene Huss«, meldete sie sich.
»Hier ist Christian Lefèvre. Wo sind Sie?«
Irene war zuerst zu verblüfft, um zu antworten. Dann fing sie sich wieder.
»Im Restaurant. Ich habe gerade zu Abend gegessen.«
Sie gab Glen ein Zeichen und deutete auf ihr Handy. Überdeutlich formte sie mit den Lippen den Namen Christian.
»Sind Sie allein?«
Erst erwog sie zu lügen, entschloss sich dann aber dagegen.
»Nein. Inspector Thomsen sitzt bei mir.«
»Gut. Wie lange brauchen Sie von dort zur Ossington Street?«
»Tja … vielleicht eine Viertelstunde. Sind Sie dort?«
Glen beugte sich vor, um etwas von dem aufzuschnappen, was Christian sagte. Während er zuhörte, zog er sein eigenes Handy aus der Tasche und suchte nach
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