Tod im Pfarrhaus
Sicher funktionierte es auch bei denen, die es nötig hatten, vorzugsweise bei Frauen. In der heutigen Gesellschaft war Mitgefühl sicher eine begehrte Ware. Unser Bedarf an Trost ist unermesslich.
Sie wurde aus ihren Gedanken gerissen, als der Pfarrer leise sagte:
»Ich bin bereit, Ihre Fragen zu beantworten. Wenn ich etwas dazu beitragen kann, den Mörder von Sten, Elsa und Jacob zu fassen, will ich alles in meiner Macht Stehende tun.«
Immer noch mit gefalteten Händen lehnte er sich zurück.
»Haben Sie eines der drei Mordopfer jemals sagen hören, er oder sie fühle sich bedroht?«, begann Irene.
»Nein. Nie. Wer sollte einen von ihnen bedrohen? Sie waren die nettesten Menschen, die man sich vorstellen kann und …«
»Hat Sten Schyttelius mit Ihnen jemals über die Satanisten gesprochen?«, unterbrach ihn Irene.
»Direkt nach dem Brand sprach er sehr viel darüber. Der gute alte Sten konnte ziemlich aufbrausend sein, er war aber nie nachtragend. Aber auf die Satanisten und ihren Anhang war er wirklich ausgesprochen wütend. Sie müssen entschuldigen, aber er fand, dass sich die Polizei nicht genügend einsetzt. Manchmal klang es fast so, als hätte er vor, sie selbst zu jagen.«
Beim letzten Satz verzog Bengt Måårdh seinen Mund zu einem leichten Lächeln.
»Sprach er in den letzten Monaten davon, dass er die Satanisten jagen würde?«, fragte Irene.
Sein Erstaunen war echt.
»Nein. Überhaupt nicht! Das war vorigen Sommer und Herbst, also in der Zeit direkt nach dem Brand. Im letzten Halbjahr habe ich keinen Ton mehr von ihm über irgendeine Satanistenjagd gehört. Sten hatte andere große Projekte, die immer mehr seiner Zeit in Anspruch nahmen. Er engagierte sich sehr stark bei den Schwedischen Ökumenischen Kinderdörfern. Sie lagen ihm sehr am Herzen, und er wollte sich nach seiner Pensionierung noch stärker für dieses Projekt einsetzen.«
»Ich habe gehört, dass Jacob ebenfalls an dieser Arbeit beteiligt war …«
»Ja. Sten weckte sein Interesse. Im Herbst haben sie dann zusammen eine Reise unternommen. Sten war schließlich kein junger Mann mehr, es war also sicher gut für ihn, Jacob dabei zu haben.«
»Konnte Jacob denn mitten im Schuljahr freinehmen?«
Zum ersten Mal schien der Pfarrer zu zögern.
»Ich glaube, er hatte das ganze Winterhalbjahr frei. Vielleicht war er krankgeschrieben. Wie Sie wahrscheinlich wissen, hatte er sich letzten Sommer scheiden lassen.«
Das war Irene neu, aber sie nickte.
»Jacob und seine Frau wohnten irgendwo in Nordschweden. Sie unterrichtet ebenfalls.«
»Hatten sie Kinder?«
»Nein. So lange waren sie nicht verheiratet.«
»Ist er nach der Scheidung hierher gezogen?«
»Ja. Dort im Norden hatte er keine Verwandtschaft. Seine ganze Familie lebte hier.«
»Ist er bereits letzten Herbst in das Sommerhaus am Norssjön gezogen?«
»Ja. Jacob war immer rücksichtsvoll. Er wollte seine Eltern sicher nicht belasten. Besonders wegen Elsa und ihrer Krankheit. Ich weiß nicht, ob Ihnen jemand erzählt hat, dass Elsa an Depressionen litt, aber so war es leider.«
»Das weiß ich bereits. Wie war Elsa Schyttelius als Mensch?«
Erst hatte es den Anschein, als hätte Bengt Måårdh die Frage nicht verstanden, aber nach einer Weile runzelte er die Stirn. Er sah nachdenklich aus.
»Tja … Sie war nett, recht unauffällig. Sten hingegen war richtig gesellig und feierte gern. Elsa verabscheute das alles. Sie war zwar manchmal dabei, aber geredet hat sie eigentlich nie viel.«
»Hat sie nie was gesagt?«
»Doch, doch, das schon, aber sie war einsilbig.«
Plötzlich beugte er sich zu Irene vor und sah ihr direkt in die Augen. Seine Stimme und sein Blick verrieten deutliche Unruhe, als er fragte:
»Haben Sie Rebecka erreicht?«
»Ja. Die englische Polizei und ein Pfarrer der Schwedischen Seemannsmission haben sie davon in Kenntnis gesetzt, was passiert ist. Es hat eine Weile gedauert, sie ausfindig zu machen, weil sie gerade erst umgezogen war.«
»Das stimmt. Sten hat erwähnt, dass sie umziehen wollte. Irgendwann im Herbst muss das gewesen sein.«
»Erinnern Sie sich, ob er sonst noch was gesagt hat?«
»Er hat gesagt, das Unternehmen gehe richtig gut. Rebecka arbeitete bei irgendeinem Computerunternehmen, irgendwelche Spezialaufträge für verschiedene Auftraggeber. Ich habe keine Ahnung von Computern, aber so viel habe ich zumindest begriffen. Dann sagte er noch, die neue Wohnung sei sehr groß, dafür dass sie im Zentrum von London liege. Rebecka
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