Tod im Pfarrhaus
das wenig wahrscheinlich war.
»Was ist ein Konvent?«, fragte sie und kam sich dabei dumm vor.
Bengt Måårdh schien über ihre mangelnden Kenntnisse nicht weiter erstaunt zu sein. Mit einem vielsagenden Lächeln antwortete er:
»Eine Gruppe Pfarrer, die sich für rechtgläubiger halten. Am bekanntesten sind sie vermutlich wegen ihrer kategorischen Ablehnung von Pfarrerinnen.«
»Sind Sie auch gegen Pfarrerinnen?«
»Nein.«
»War Sten Schyttelius das?«
»Tja … nicht direkt. Aber er zog Kollegen vor. Zu Frauen in der Kirche hatte er eine altmodische Einstellung.«
»Dem Konvent gehörte er also nicht an?«
»Nein.«
»Wie hätte Sten Schyttelius sich verhalten, falls sich herausgestellt hätte, dass Jonas Burman wirklich homosexuell ist?«
Wiederum dachte Bengt Måårdh lange nach, ehe er antwortete:
»Akzeptiert hätte er das nicht. Er war sehr bestimmt, was Homosexualität anging. Er fand das vollkommen inakzeptabel. Letztes Jahr hatten wir eine Diskussion. Zwei Frauen wollten sich in Kullahult in der Kirche segnen lassen, nachdem sie die Lebenspartnerschaft eingegangen waren, aber für Sten kam das nicht in Frage. Für ihn war Homosexualität ganz klar ein Verbrechen gegen Gott. Der Herr habe Mann und Frau erschaffen, damit sie Freude aneinander hätten und sich um ihre Kinder kümmern könnten.«
Aus seinem Ton hörte Irene heraus, dass er diese Ansicht seines verblichenen Hauptpfarrers teilte. Sie beschloss, das Thema vorerst auf sich beruhen zu lassen.
»Ich habe gehört, Sten und Jacob Schyttelius hätten gejagt. Interessieren Sie sich ebenfalls für die Jagd?«
»Nein.«
»Geht von den anderen Pfarrern einer auf die Jagd?«
»Soweit ich weiß, nicht. Ich bin mir fast sicher, dass nicht.«
Irene hatte das Gefühl, am Ende angekommen zu sein, und dankte Bengt Måårdh für seine Hilfsbereitschaft. Dieser erhob sich und gab ihr einen festen Händedruck. Er wünschte ihr viel Glück bei ihren Nachforschungen und meinte dann, er hoffe von Herzen, der widerwärtige Mörder würde gefasst werden.
Die drei Polizisten entdeckten gegenüber vom Konsum eine Pizzeria mit vier Tischen. Da sich die meisten Kunden ihre Pizzen mitnahmen, hatten sie freie Wahl. Sie setzten sich so weit wie möglich vom Tresen entfernt. Nicht, weil sie Angst gehabt hätten, der Pizzabäcker könnte ihrer Unterhaltung folgen, sondern um überhaupt eine führen zu können. Hinter dem Tresen stand ein riesiger mehlbedeckter Kassettenrekorder, Modell Gettoblaster. Türkische Schlager dröhnten in voller Lautstärke ins Lokal.
Irene beugte sich über den kleinen Tisch, nachdem sie sich davon überzeugt hatte, dass sie mit ihren Ellbogen nicht in die eigenen oder in fremde Pizzareste geraten würde. Tommy und Fredrik taten es ihr nach. Der Lärm war ohrenbetäubend.
»Das Bild, das ich mir von den Opfern gebildet habe, ist recht eindeutig. Sten Schyttelius war fröhlich, extrovertiert und gesellig. Wie sein Sohn ging er gern auf die Jagd. In den Phasen, in denen Elsa Schyttelius an Depressionen litt, kümmerte er sich um die Familie. Als Chef war er autoritär und altmodisch, und sein Frauenbild war alles andere als aufgeklärt. Da er noch vor dem Sommer pensioniert werden sollte, spielte das aber auch keine große Rolle. Bengt Måårdh und Ur ban Berg haben sich wohl um die Stelle bewor ben. Bengt hat ziemlich aus dem Nähkästchen ge plaudert. Urban trinkt. Offensichtlich ist er zweimal wegen Trunkenheit am Steuer verurteilt worden.«
Tommy grinste.
»Was für Klatschweiber! Mir hat Urban Berg erzählt, dass Bengt Måårdh ein notorischer Schürzenjäger ist. Laut Urban ist keine Frau vor ihm sicher.«
»Und laut Måårdh kursieren Gerüchte, dass Jonas Burman schwul ist. Das hätte Sten Schyttelius nie geduldet. Außerdem gehört Jonas zum Konvent«, ergänzte Irene.
»Du meinst wohl, zu den Sündern.« Fredrik lachte.
»Man hört, dass du auch nicht weißt, was das ist. Laut Bengt Måårdh handelt es sich um einen Zusammenschluss von Pfarrern, die sich für fröm mer halten als der Rest der Welt. Rechtgläubig, glaube ich, hat er gesagt. Vor allem sind sie gegen die Ordination von Frauen.«
»Pfui, was für üble Zeitgenossen!«, sagte Tommy und verdrehte die Augen.
»Seit wann bist du Feminist? Um mit Elsa weiterzumachen: Meist scheint sie nur ein grauer Schatten gewesen zu sein. Das lag natürlich an ihren Depressionen. Bin gespannt, was Hannu uns über das Ehepaar Schyttelius sonst noch erzählen kann, auch
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