Tod im Pfarrhaus
hatte sie erneut Eva Möllers Stimme im Ohr.
»Rebecka, das hier sind die Herrschaften von der Polizei, die mit Ihnen sprechen wollen«, sagte Doktor Fischer.
Irene und Glen traten vor, gaben ihr die Hand und stellten sich vor. Rebeckas Hand war kraftlos und kalt. Irene war sich nicht sicher, wie sie anfangen sollte, und sagte deswegen zögernd und auf Schwedisch:
»Ich weiß nicht, wie ich Ihnen mein Mitgefühl und das meiner Kollegen ausdrücken soll. Es ist außerordentlich tragisch, was Ihrer Familie zugestoßen ist. Wir tun alles, was in unserer Macht steht, um diese Morde aufzuklären. Aber dazu brauchen wir Ihre Hilfe. Es gibt immer noch viel zu viele Fragen, auf die wir keine Antwort haben. Glauben Sie, dass Sie uns ein paar von diesen Fragen beantworten können?«
Rebecka nickte ganz leicht, sah dabei aber Irene nicht an.
»Meine erste Frage ist, ob Sie sich irgendein Motiv für die Morde vorstellen können?«
Kurzes Kopfschütteln.
»Haben Ihre Eltern oder Jakob jemals davon gesprochen, dass sie bedroht würden?«
»Nein«, antwortete Rebecka flüsternd mit rauer Stimme.
»Sind Sie selbst jemals bedroht worden?«
Erneutes, etwas kräftigeres Kopfschütteln.
»Kennen Sie jemanden, der Ihre Eltern so gehasst hat, dass er oder sie sie getötet haben könnte?«
»Nein.«
»Jacob hatte auch keine Feinde, die Sie kannten?«
»Nein.«
Doktor Fischer und Glen verstanden kein Wort ihrer Unterhaltung, saßen aber trotzdem ganz ruhig daneben. Irene hätte einiges darum gegeben, diese Vernehmung Glen überlassen zu können. Nach den Ereignissen der Nacht war sie etwas aus dem Gleichgewicht. Aber es blieb ihr nichts anderes übrig. Sie beschloss, es auf andere Weise zu versuchen.
»Wir haben gehört, dass Ihr Vater Sie darum gebeten hat, die Satanisten im Internet aufzuspüren. Stimmt das?«
»Ja.«
»Haben Sie etwas Brauchbares herausgefunden?«
Zum ersten Mal richtete Rebecka ihren Blick auf Irene, schaute aber rasch wieder weg, ehe sie antwortete:
»Wir stießen auf jede Menge Propaganda. Aber Papa wollte die finden, die die Kapelle niedergebrannt hatten. Im Netz gab es jedoch nur einige Chats.«
»Chats?«
»Ja. Jemand gratulierte zu ›dem geglückten Angriff auf den Tempel des Feindes am See‹. Unterzeichnet war das mit ›Satans treuer Diener‹. Es gelang mir, diese Nachricht zu einem Computer des Gymnasiums in Lerum zurückzuverfolgen. Aber dort war dann Sendepause.«
Sie sprach mit größter Mühe, und Irene bemerkte, dass ihr der kalte Schweiß auf der Stirn stand. Das Ganze schien sie wirklich sehr viel Kraft zu kosten.
»Wissen Sie, ob Ihr Vater bei seinen Nachforschungen etwas herausgefunden hat?«
»Nein. Ich glaube nicht.«
»Sie waren letzte Weihnachten nicht zu Hause?«
»Nein.«
»Dann ist es also schon eine Weile her, dass Sie Ihre Eltern gesehen haben?«
Absichtlich ließ Irene die Frage in der Luft hän gen, da sie nicht recht wusste, wie sie weitermachen sollte. Es erstaunte sie, dass Rebecka zusammen zuckte. Deutlich hörbar holte sie Luft und flüsterte:
»Ja.«
»Wann haben Sie sie zuletzt gesehen?«
Umständlich fuhr sich Rebecka mit der Zungenspitze über ihre trockenen Lippen.
»Ostern … vor einem Jahr …«
»Ist Ihnen damals irgendetwas Ungewöhnliches aufgefallen? Eine ungewöhnliche oder veränderte Stimmung? Irgendjemand, der etwas Merkwürdiges gesagt hätte?«
Rebecka schien nachzudenken.
»Nein.«
»Hat Ihr Vater damals etwas über die Satanisten gesagt?«
»Nein.«
»Ihre Mutter vielleicht?«
»Nein.«
Rebecka lehnte sich im Sessel zurück. Ihr Gesicht war aschfahl. Es war offensichtlich, dass sie nicht mehr lange durchhalten würde. Das nächste Thema war heikel, musste aber trotzdem angeschnitten werden. Mit leiser Stimme sagte Irene:
»Wir haben bei Ihrem Bruder ein Buch über Satanismus gefunden. Er hatte es im Sommerhaus versteckt. Einer der Führer der Satanisten hat es geschrieben …«
»LaVey.«
»Kennen Sie das Buch?«
»Ich habe es ihm gekauft. Hier in London.«
»Wieso?«
»Er wollte es haben. Er bekam es von mir zu Weihnachten.«
»Letztes Jahr?«
»Nein. Das Jahr davor.«
»Als Sie zu Hause waren?«
»Ja.«
»Haben Sie es auch gelesen?«
»Nein.«
»Das Buch war in seinem Schlafzimmer hinter der Wandverkleidung versteckt. Dort bewahrte er auch ein Gewehr auf. Kannten Sie dieses Versteck?«
»Ja.«
»Wussten Sie, dass dort ein Gewehr lag?«
Langsam schüttelte Rebecka den Kopf.
»Wer kennt dieses Versteck
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