Tod im Schärengarten
sie klickte die SMS auf.
»Von den Ballistikern. Die Überprüfung von Ingmar von Hahnes Gewehren ist abgeschlossen«, sagte sie. »Die Probeschüsse haben ergeben, dass die Kugel, die Oscar Juliander getötet hat, aus keiner seiner Waffen stammt.«
»Er hatte ja auch kein Marlin-Gewehr, so überraschend ist das also nicht.«
»Aber Probe schießen mussten sie trotzdem.«
Thomas warf einen Blick aus dem Fenster. Es sah ganz danach aus, als würde das Wetter zum Wochenende trübe werden. Es war bewölkt und nicht besonders warm.
»Man kann sich ja Waffen auch ohne Waffenschein besorgen«,sagte er. »Denk an den Lasermann. Der ist nach Liège gefahren, hat seine Waffe auf der Straße gekauft und ist unbehelligt wieder nach Schweden eingereist. In den baltischen Staaten geht das auch. Was glaubst du, wie hoch das Risiko ist, dass sie dich in Trelleborg oder wo auch immer schnappen? Nicht mal ein halbes Prozent.«
Margit widersprach nicht.
An der Grenze wurden jedes Jahr nur wenige Waffen beschlagnahmt. Alle Ressourcen wurden darauf verwandt, den Drogen- und Alkoholschmuggel zu bekämpfen. Unerlaubte Waffeneinfuhr stand beim Zoll nicht sehr weit oben auf der Prioritätenliste.
»Jemand, der noch zwei funktionierende Gehirnzellen besitzt, würde doch nie mit einer Waffe morden, die auf seinen Namen registriert ist«, fuhr Thomas fort. »Die Spur wäre viel zu offensichtlich. Ingmar von Hahne wäre kaum so dumm, sein eigenes Jagdgewehr zu benutzen. Aber schießen kann er, das wissen wir.«
»Du hast dich wirklich an ihm festgebissen, nicht?«
»Der Mann verheimlicht uns was, da bin ich mir sicher.«
Irgendetwas war an diesem von Hahne, was Thomas nicht richtig einordnen konnte, und das ließ ihm keine Ruhe.
»Wenn er es nicht war, wer dann?«
»Wir haben nichts gegen ihn in der Hand. Das sind alles nur vage Verdächtigungen. Tut mir leid.«
»Ich weiß.« Thomas ließ seine Schultern sinken. In seinem Kopf hämmerte es und seine Glieder schmerzten.
»Was ist los mit dir?«, fragte Margit. »Du siehst schlecht aus.«
»Mir geht’s auch nicht so gut.« Er schüttelte sich, aber das machte die Sache nicht besser. Er spürte, wie seine Nase mit jeder Minute mehr zuschwoll.
»Soll ich dir was sagen? Der Alte hat dich angesteckt. Du gehörst ins Bett. Du hilfst niemandem damit, wenn du ernsthaft krank wirst. Geh nach Hause!«
Thomas sah auf die Uhr. Gleich halb sechs. Widerwillig sah er ein, dass sie recht hatte. Er fühlte sich elend.
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Samstag, vierte Woche
Kapitel 71
»Hole-in-one«, rief Simon. Er warf seinen Golfschläger in den Sand und führte vor Begeisterung einen Indianertanz auf.
Nora musste unwillkürlich lächeln, als sie sah, wie sehr er sich freute. Seine Augen strahlten und er machte ein V-Zeichen mit seinen kleinen Fingern.
»Hast du gesehen, Mama, hast du gesehen?«, rief er.
Adam, der seinen Ball erst nach sechs Schlägen eingelocht hatte, war nicht ganz so begeistert. Er sah seinen kleinen Bruder überheblich an und tat so, als machte es ihm nichts aus.
Nora und die Jungs waren zur Minigolfanlage gegangen, die im Hafen zwischen Seglerrestaurant und Poolgelände im Schatten einiger hoher Kiefern lag. Sie hatte zwölf Bahnen und war bei den Familien mit Kindern auf der Insel sehr beliebt.
Es war ein Wagnis, Adam dorthin mitzunehmen. Er hasste nichts so sehr, wie zu verlieren, und wenn die Wut mit ihm durchging, verdarb er auch allen anderen das Spiel. Dann war er manchmal den ganzen Tag lang bockig.
Aber heute Morgen hatten beide gequengelt, dass sie hierher wollten. Adam hatte fest versprochen, brav zu sein, und schließlich hatte Nora nachgegeben und war mit den Jungs zum Minigolf gegangen.
Sie musste sich sowieso etwas einfallen lassen, um die Kinder zu beschäftigen, nicht zuletzt, weil Henrik nicht wie versprochen am Wochenende nach Hause gekommen war. Er hatte nur eine kurze Nachricht auf dem Anrufbeantworter hinterlassen, dass er mit Johan Wrede zum Segeln an die Westküste fahren würde. Aussprechen könnten sie sich auch später noch.
Seiner Stimme war anzuhören, dass er immer noch sauer war. Der harte Tonfall war nicht misszuverstehen, nicht mal auf Band. Als Nora versucht hatte, ihn zurückzurufen, war sein Handy abgeschaltet.
Dass sie sich an diesem Wochenende nicht sehen würden, hattegemischte Gefühle in ihr ausgelöst. Einerseits war sie erleichtert, dass ihr die Konfrontation erspart blieb. Andererseits ärgerte sie sich darüber, dass er sie und die Jungs
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