Tod im Schärengarten
rauswerfen sollte.«
»Hat er das öffentlich gesagt?«
»Er konnte ziemlich verletzend sein, wenn ihm etwas nicht passte.«
Reicht das, um sich jemanden zum Todfeind zu machen?, dachte Thomas. War Oscar Juliander so ausfallend geworden, dass deswegen jemand beschlossen hatte, ihn umzubringen?
»Wissen Sie vielleicht, ob er Kontakte zur russischen Mafia hatte?«
Diana Söder sah Thomas erstaunt an.
»Wieso fragen Sie das?«
»Wie es scheint, hat er Drohbriefe von Leuten erhalten, die mit der russischen Mafia zu tun haben könnten.«
»Davon habe ich nie was gehört. Aber er hätte es mir wohl auch nicht erzählt, wenn es so wäre.«
Thomas erhob sich.
»Ich denke, dann sind wir fertig. Danke, dass Sie sich die Zeit für unser Gespräch genommen haben. Und mein aufrichtiges Beileid.«
Diana Söder versuchte, zum Abschied zu lächeln, aber es wurde eher eine Grimasse daraus. Noch ehe Thomas die Eingangstür hinter sich zuziehen konnte, war sie in einem Raum ganz am Ende der Galerie verschwunden.
Er meinte ein leises Schluchzen zu hören, bevor die Tür ins Schloss fiel.
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Kapitel 22
Es war vermutlich das erste Mal, dass bei der Siegerehrung zum Abschluss von »Gotland Runt« die Fahnen auf halbmast wehten, dachte Hans Rosensjöö.
Er stand zusammen mit Ingmar von Hahne unterhalb der Bühne, auf der die Preisverleihung stattfinden sollte, zwischen Hafenmeisterei und Landungsbrücke. Ein großer Preistisch war aufgestellt worden, bedeckt mit schönem dunkelblauem Samtstoff, auf dem das Emblem des Segelklubs prangte. Silberpokale standen aufgereiht neben Magnumflaschen mit Champagner. Auf der einen Seite hatte man Medaillen in unterschiedlichen Größen ausgelegt, die an die Zweit- und Drittplatzierten vergeben werden sollten. Ein schönes Blumengesteck in der Mitte des Tisches krönte das Arrangement.
Als Vorsitzender würde Hans Rosensjöö die Preisverleihung vornehmen. Der Rennleiter von Gotland Runt sowie Ingmars hübsche junge Tochter Emma sollten ihn dabei unterstützen. Es war immer angenehm, ein bisschen weibliche Schönheit bei solchen Veranstaltungen dabeizuhaben, dachte er. Nicht zuletzt, weil neunzig Prozent der Regattateilnehmer Männer waren.
Die richtige Feststimmung hatte sich nicht eingestellt, aber das war auch kein Wunder. Das Seglerrestaurant, das an einem solchen Abend normalerweise überbucht war, hatte eine Flut von Abbestellungen verzeichnet. Der Restaurantchef war darüber gar nicht erfreut. Sie hatten in aller Eile umdecken müssen, damit das Lokal nicht allzu leer wirkte.
Hans Rosensjöö hätte die ganze Veranstaltung liebend gern abgesagt, wenn er nur gekonnt hätte. Aber da sie nun einmal beschlossen hatten, die Regatta fortzusetzen, mussten sie sie auch zu Ende bringen, mit Siegerehrung, Regatta-Dinner und dem ganzen Brimborium. Das waren sie allen Teilnehmern, die bis zum Schluss mitgesegelt waren, schuldig.
Er sah wieder auf die Uhr, noch zehn Minuten, dann würde derSchuss abgefeuert werden, das Signal für den Beginn der Preisverleihung.
Britta Rosensjöö stand plaudernd mit Isabelle von Hahne und einigen anderen Mitgliedern der Rennleitung zusammen. Wie üblich dominierte Isabelle die Konversation. Sie war mitten in einer langen Erläuterung ihrer Arbeit für ein Komitee, das Politiker dazu bringen wollte, jeglichen Autoverkehr auf Djurgården zu verbieten.
Als ob das durchführbar wäre. Wozu sollte das gut sein, mal ehrlich? Britta nippte an ihrem Champagner. Woher nahm Isabelle nur die Kraft? Wie bewältigte sie ihr vielfältiges Engagement in Komitees und freiwilligen Arbeitsgruppen? Was der Frau fehlte, war ein anständiger Job, in dem sie ihre rastlose Energie abreagieren konnte.
Aber das wäre in ihrer hochbürgerlichen Familie sicher undenkbar, vermutete Britta. Hans und sie bewegten sich ja schon in vornehmen Kreisen, aber Isabelles Herkunft lag noch mal eine ganze Etage höher. Ihr Vater war in den Fünfzigerjahren einer der bekanntesten Industriellen Schwedens gewesen. In der Familie wäre niemand auf die Idee gekommen, der hübschen Tochter zu erlauben, einen Beruf zu erlernen und Karriere zu machen. Stattdessen hatte man Isabelle mit einem Adligen verheiratet, der Abstammung und Titel mitbrachte. Papilein war sicher überglücklich darüber gewesen.
Britta hatte beinahe so etwas wie Mitleid mit Isabelle. Sie war ihrem Vater einige Male begegnet, bevor er starb, und konnte sich noch gut erinnern, wie steif und erzkonservativ er gewesen war.
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