Tod im Schärengarten
diesem Morgen, an dem Nora und Henrik nach dem gestrigen katastrophalen Maklerbesuch noch kaum ein Wort gewechselt hatten, war Monica unerträglich.
Nur mit großer Mühe gelang es Nora, sich zu beherrschen.
»Ich verstehe nicht ganz«, sagte sie. »Was hat Henrik dir erzählt?«
»Dass ihr die Brand’sche Villa verkaufen wollt, natürlich. Und dass man euch ein fantastisches Angebot gemacht hat.«
»So, hat er das.«
Monica schien Noras kühlen Ton nicht zu bemerken.
»Ich fand das Reihenhaus, das ihr habt, schon immer furchtbar langweilig. So klein und beengt. Und eure Nachbarn sind auch nicht besonders. Haben überhaupt keinen Stil.«
Sie machte eine kurze Pause, um Atem zu holen.
»Henrik ist ja von Kindesbeinen an ein stilvolles Ambiente gewohnt. Ich habe nie verstanden, wie er es in diesem armseligen Häuschen aushält. Es ist doch wunderbar, dass ihr jetzt die Möglichkeit habt, euch etwas Standesgemäßes zu kaufen.«
»Wir fühlen uns sehr wohl damit, wie wir wohnen«, sagte Nora verbissen.
Sie überlegte, ob sie einfach auflegen sollte. Aber wenn sie das tat, würde man es ihr noch jahrelang aufs Butterbrot schmieren, das wusste sie. Vielleicht konnte sie so tun, als wäre der Akku des schnurlosen Telefons fast leer. Eine verlockende Idee.
»Ich bin so erschüttert über Oscars Tod«, fuhr Monica fort. »So erschüttert. Was ist das heutzutage nur für eine Welt. Hast du in den letzten Tagen Zeitung gelesen?«
»Ja.«
»Wie kann ein so entzückender Mann ermordet werden? Das ist doch unfassbar! Und die Polizei tut wie immer nichts. Trotz all unserer Steuergelder. Die ist so etwas von inkompetent.«
Plötzlich kam Simon zur Tür hereingerannt, um seinen Fußball zu holen, und Nora hatte die rettende Idee.
»Simon möchte gerne mit dir sprechen.« Sie gab den Hörer an ihren Sohn weiter, ohne sich zu verabschieden.
Simon sah sie fragend an und schüttelte wild den Kopf. Nora blickte streng zurück, zischte »Oma Monica« und drückte ihm den Hörer ans Ohr.
»Sag was«, flüsterte sie so laut, wie sie verantworten konnte, ohne dass Monica es mitbekam. »Na los. Erzähl von der Schwimmschule.«
Widerwillig murmelte Simon ein paar Worte über seinen Schwimmunterricht, bevor er Grimassen schneidend darum bettelte, auflegen zu dürfen.
Auch bei ihren Enkeln stand Monica nicht gerade weit oben auf der Hitliste, denn sie nutzte jede Gelegenheit, sie zurechtzuweisen oder Nora zu erklären, wie sie die Kinder zu erziehen hatte. Sie war nicht sehr diskret, und die Jungs waren inzwischen alt genug, um es mitzubekommen.
Es machte die Sache nicht besser, dass die beiden ganz vernarrt in Noras Eltern waren, Lars und Susanne, die ihrerseits fanden, dass Adam und Simon die prächtigsten Jungs der Welt waren. Seit Lasse seinen Einmannbetrieb verkauft hatte und Susanne in ihrem Beruf als Buchhaltungsassistentin bei der Stadt in Altersteilzeit gegangen war, hatten sie außerdem jede Menge Zeit für ihre Enkelkinder.
Nora drückte ihrem Sohn einen flüchtigen Kuss auf die Stirn, als Dank für seine Bereitschaft, mit Oma zu sprechen. Er nahm seinen Fußball und lief nach draußen, wo Adam und ein paar Spielkameraden schon warteten. Die Kinder so fröhlich zu sehen, verbesserte gleich ihre Laune.
Sie musste über die ganze Verkaufssache mit jemand anderem reden als Henrik. Eigentlich wollte sie ihren Mann nicht übergehen, aber das hier war eine Notsituation. Und da kam nur einer infrage: Thomas. Außerdem war er über die ganze Geschichte mit dem Haus und Tante Signe bestens informiert.
Nora griff zu ihrem Handy und tippte eine SMS an Thomas. Ruf mich an, wenn du Zeit zum Reden hast.
Nach wenigen Minuten kam die Antwort.
Bin auf Sandhamn. Ist was passiert?
Nora lächelte. Typisch Thomas, schnell und effektiv wie immer.
Sie drückte auf »Antworten« und schrieb: Was hältst du von einem Bier in der Taucherbar gegen sechs?
Die Antwort kam ebenso schnell zurück:
OK – T.
[Menü]
Kapitel 24
»Jetzt erzähl doch mal«, sagte Nora.
Thomas stellte sein Bierglas ab, nachdem er es in einem Zug halb ausgetrunken hatte. Er gab einen diskreten Rülpser von sich.
»Was willst du wissen?«
»Du kannst dir doch denken, dass ich neugierig bin. Ganz Sandhamn fragt sich, wer Juliander umgebracht hat. Die Zeitungen schreiben seit Tagen über nichts anderes.«
»Und da glaubst du, dass ich über Ermittlungsergebnisse spreche, die dazu noch geheim sind?«
Thomas lächelte ein wenig müde. Margit und er
Weitere Kostenlose Bücher