Tod im Schärengarten
Besonders in einer Sozietät wie Kalling«, sagte Thomas und spießte mit der Gabel die letzten Fritten auf. »Wir haben ihren Managing Partner getroffen, oder wie er sich nun nannte. Er sprach von Millionenhonoraren. Das sollte wohl eine ganze Weile reichen.«
»Schon möglich. Aber Juliander hat wahrscheinlich eine Menge Stunden in Rechnung stellen müssen, um auf einen grünen Zweig zu kommen. Weißt du, was man über das Regattasegeln sagt?«
Thomas schüttelte den Kopf.
»Nein.«
»Regattasegeln ist, als würde man unter der Dusche stehen und dabei einen Tausender nach dem anderen zerreißen.«
Thomas verzog den Mund.
»Der Spruch stammt von einem Luftwaffengeneral, der ihn in den Siebzigern gesagt hat«, erklärte Nora. »Regattasegeln ist wirklich schweineteuer. Ich sehe ja, wie viel Geld Henrik und die anderen in seiner Crew für ihr Boot ausgeben, und sie segeln nur in schwedischen Gewässern.«
»Über welche Summen reden wir?«
»Ich denke, zehn bis zwölf Millionen für eine so große Swan. Ganz zu schweigen von den Kosten für Segel, Anmeldegebühren und Transporte, wenn man im Ausland Regatten segeln will. Allein schon die Teilnahme an Gotland Runt dürfte ihn fast hunderttausend Kronen gekostet haben.«
»Du machst Witze.«
»Er hat bestimmt ein paar Profis als Crew angeheuert. Und dann rechne noch Verpflegung dazu, Regatta-Dinner, außerdem die Segelkleidung mit aufgesticktem Bootsnamen. Der Skipper kommt für alles an Bord auf, das ist Tradition.«
Sie trank einen Schluck von ihrem Bier und sah hinaus auf den Hafen.
Das orangefarbene Lotsenboot war eben hereingekommen und hatte an der Zollbrücke angelegt. Simon, der gerade lesen gelernt hatte, fand es total komisch, dass mit großen Buchstaben PILOT am Rumpf stand. Ein Pilot war jemand, der ein Flugzeug flog, und keiner, der ein Boot steuerte. Nora hatte ihm erklärt, dass pilot die englische Bezeichnung für den Lotsen war. Aber er fand es trotzdem albern.
»Und wie kommt ihr nun voran?«, fragte sie.
Thomas zuckte die Schultern.
»Wir sind noch nicht im Hafen.« Er lächelte dünn über seine Anspielung. »Viele lose Fäden, aber kein konkreter Verdacht.«
»Was ist mit seinen Insolvenzobjekten? Gibt es da nicht etwas, was merkwürdig ist? Weißt du, woran er zuletzt gearbeitet hat?«
»Hier, schau selbst.«
Thomas streckte sich nach seiner Tasche aus, zog ein paar zusammengeheftete Blätter hervor und reichte sie Nora. Sie begann zu lesen.
»Wie seid ihr denn daran gekommen?«, sagte sie nach einer Weile und gab ihm die Liste zurück.
»Du kannst sie behalten, wenn du willst. Wenn dir was Interessantes auffällt, kannst du ja Bescheid sagen.« Er hob abwehrend die Hände. »Die Antwort auf deine Frage ist, dass wir mit dem Abgleichen angefangen haben, aber wir sind unterbesetzt und brauchen viel mehr Hilfe vom Wirtschaftsdezernat, als sie uns jetzt mitten im Juli geben können. Du weißt ja, wie das in der Urlaubszeit ist.«
Er schwieg und zögerte einen Moment.
»Meinst du, wir sollten das genauer untersuchen?«, sagte er dann.
Nora griff wieder nach der Liste und studierte sie eingehend.
»Gleicht die Namen aller Vorstandsmitglieder mit der Datenbank der Gewerbeverbote im Handelsregister ab, falls ihr das noch nicht getan habt. Dasselbe macht ihr anschließend mit den jeweiligen Geschäftsführern.«
»Klingt nach einer guten Idee«, sagte Thomas. »Erik kann mit denen reden, er kennt dort jemanden.«
Nora sah auf die Uhr.
»Du«, sagte sie, »können wir das Thema Juliander abschließen? Ich muss gleich nach Hause, wir essen gegen sieben. Und eigentlich wollte ich mit dir über etwas ganz anderes sprechen.«
Sie fingerte an dem Salzstreuer herum, der auf dem Tisch stand. Das alte Gefühl, Henrik gegenüber illoyal zu sein, meldete sich wieder, aber sie beschloss, es zu ignorieren. Ihr Bedürfnis, mit jemandem zu reden, war größer.
»Henrik will, dass wir Signes Haus verkaufen. Und es gibt schon einen Käufer.«
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Kapitel 25
Die Stille im Büro war überwältigend. Eine Leere, die nach einer wohlbekannten Stimme schrie, nach der einzigen Person auf der Welt, die sie ausfüllen konnte.
Eva Timell legte den Kopf in die Hände und fragte sich, was sie tun sollte. Der Kopfschmerz war unerträglich. Er saß halbkreisförmig über dem linken Auge, wenn sie es schloss, konnte sie ihn beinahe sehen. Wie ein Stück glühender Stahl, der zu einem Halbmond gebogen und dann auf die Augenbraue gepresst worden
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