Tod im Schärengarten
Damit haben wir zumindest eine ungefähre Richtung.«
Ein entschlossener Zug erschien auf seinem Gesicht.
»Macht euch auf ein Puzzle gefasst«, sagte er. »Wir werden Julianders Mörder Stück für Stück einkreisen.«
»Schläfst du?«, flüsterte Nora vorsichtig zu Henrik hinüber.
Es war halb zwölf nachts, und sie hatten gerade richtig guten ehelichen Sex gehabt. Eine intensive Begegnung zweier Körper, die einander gut kannten und dennoch neu erwachtes Verlangen nach dem anderen verspürten. Zum ersten Mal seit Langem hatte sie sich wirklich hingegeben und sich nicht zurückgehalten.
Nora war es leicht ums Herz. Ein schläfriges und zufriedenes Gefühl erfüllte sie, und sie wusste, dass sie gleich einschlafen würde. Aber es war so schön, im Dunkeln dazuliegen und den Moment zu genießen, bis der Schlaf sie davontrug.
Henrik schlief schon, sie hörte seine leichten Atemzüge neben sich.
Am Abend waren sie mit ihrem kleinen Boot hinaus nach Falkenskär gefahren, zehn Minuten von Sandhamn entfernt, um zu picknicken. Sie hatte einen Korb zurechtgemacht mit selbst gemachten Minipizzas für die Kinder und gratinierten Tortillas gefüllt mit Hähnchen, Västerbotten-Käse und süßer Chili-Soße für sich und Henrik. Dazu gab es grünen Salat und einen leichten Roséwein. Es war ein richtig schönes sommerliches Abendessen gewesen, abgerundet durch Himbeeren mit dunkler Schokoladensoße zum Dessert.
Sie hatten auf den warmen, glatten Klippen gesessen, die Silhouette von Sandhamn im Norden betrachtet und es sich schmecken lassen. Es war ganz windstill, nicht einmal das Strandgras hatte sich bewegt, und das einzige Geräusch weit und breit kam von den weichen Wellen, die in der milden Abendluft sanft ans Ufer plätscherten.
Als es dämmerte, hatten sie Kerzen angezündet, die vor dem dunkler werdenden Himmel flackerten und die Glimmersplitter in den Klippen funkeln ließen. Es hatte ausgesehen, als säßen winzige Sterne in den Steinen.
Im Dunkeln hatte Henrik seinen Arm um ihre Schultern gelegt, und sie hatte sich entspannt und den Moment genossen. Es war lange her, dass sie sich an der Seite ihres Mannes so gelöst gefühlt hatte. Sie hatte ihren Kopf an seine Schulter gelehnt und gespürt, wie eine warme Woge der Hingebung sie erfüllte.
Nach dem Gespräch mit Thomas hatte sie einen Entschluss gefasst. Sie würde die Brand’sche Villa für zwei Jahre vermieten. An jemanden, der Lust hatte, sich um das Haus zu kümmern und es zu pflegen. Auf diese Weise würde sie genug Zeit zum Luftholen bekommen, bis sie eine Entscheidung über die weitere Zukunft des Hauses treffen musste.
Falls Henrik darauf bestand, dass sie sich in der Stadt etwas Neues kauften, konnten sie immer noch ein Darlehen auf die Immobilie aufnehmen. Das war ja eine der wenigen Vergünstigungen, die die Bank ihren Angestellten bot: ein Kredit zu wirklich guten Konditionen.
Nora lächelte zufrieden ins Dunkel.
Keine Sorgen mehr, dass sie sich nicht genug um Tante SignesNachlass kümmerte. Kein schlechtes Gewissen mehr gegenüber Henrik.
Diese Lösung würde sogar ihre unerträgliche Schwiegermutter gutheißen können.
Sie seufzte zufrieden und schmiegte sich an Henrik. Einen Moment später schlief sie wie ein Kind.
»Lasst uns auf die frisch Verlobten anstoßen«, rief sein Vater aus und schenkte den Herren in der Runde großzügig vom Cognac ein. Dann zog er eine Cohiba hervor, seine Lieblingszigarre, und wedelte genüsslich damit.
Aus den Augenwinkeln sah er, wie seine Mutter eine kleine Grimasse zog. Sie schätzte es nicht, wenn das ganze Haus am nächsten Morgen nach Zigarre roch, aber es wäre ihr niemals eingefallen, das ihrem Mann gegenüber zu erwähnen.
Die zukünftige Braut stand mit den stolzen Müttern zusammen und besprach das Fest, das schon jetzt als wichtigste Hochzeit der Saison galt. Als seine Verlobte merkte, dass er sie beobachtete, schenkte sie ihm ein kokettes Lächeln. Bildete er sich das ein oder entdeckte er darin einen Funken von Besitzanspruch?
Sein Vater kam auf ihn zu.
»Eine hervorragende Partie, lass es dir gesagt sein. Sie ist nicht nur ein ganz entzückendes Mädchen, sie kommt auch noch aus einem guten Stall. Und sie hat ordentlich Geld an den Hacken, darüber haben wir ja schon gesprochen. Du hättest es weiß Gott schlechter treffen können, Junge!« Der Vater lachte zufrieden.
Tief im Herzen wusste er, dass er einen verhängnisvollen Fehler begangen hatte. Aber jetzt gab es kein Zurück. Es
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