Tod im Sommerhaus
Innere des Wohnzimmers. Hier war es ein paar Grade kühler.
»Sie kann sich offenbar an nichts erinnern. Aber sie ist in dem Auto, das vor der Tür stand, zum Haus gebracht worden.
Wahrscheinlich nicht freiwillig. Blutspuren von ihr sind im Auto sichergestellt worden.«
»Und der Wagen gehörte also Bellander?«, fragte Lasse Henning.
Nielsen nickte.
»Aber Lindberg saß am Steuer. Zumindest auf der letzten Fahrt. Er hatte die Autoschlüssel in der Tasche. Aber alles Übrige …«
Er hob ratlos die Hände.
»… wird nach wie vor von dichtem Nebel verhüllt wie damals bei Lützen. Was eigentlich geschah. Wer was tat. Und warum.«
Lasse Henning zuckte mit den Schultern.
»Auch nicht ganz ungewöhnlich. Ich habe das selbst schon erlebt. Es gab Fälle mit mehreren Toten, in denen die Überlebenden keine Lust hatten, den Mund aufzumachen, und die Spurensicherung auch nicht alle Fragen beantworten konnte.
Da steht man dann da und kommt nicht weiter.«
Nielsen nickte.
»Schon möglich.«
Er ging im Zimmer auf und ab und setzte sich dann Henning gegenüber an den Tisch. Eine Tür fiel ins Schloss.
»Ist Gisela zu Hause?«
Lasse Henning nickte.
»Sie kommt sicher nachher noch runter«, meinte er entschuldigend. »Offenbar hat sie einiges vorzubereiten. Sie hat heute Abend zwei Besichtigungstermine.«
Als Lasse sie kennen gelernt hatte, war Gisela Schreibkraft auf der Polizeistation in Södermalm gewesen. Sie hatte ihre Arbeit verloren, als ein Großteil des Verwaltungspersonals entlassen worden war. Damit hatte sie das große Los gezogen. Nach einem halben Jahr als Sekretärin bei einem Immobilienmakler hatte sie die Möglichkeit erhalten, eine Ausbildung zur Maklerin zu absolvieren. Inzwischen verdient sie in manchen Monaten bestimmt doppelt so viel wie Lasse, dachte Nielsen. Er betrachtete Lasse Henning nachdenklich.
»Was findet sie eigentlich an dir?«, fragte er. »Kannst du mir das mal erklären?«
Lasse Henning sah auf.
»Meine Schönheit ist es nicht, meinst du? Tja, dann ist es wohl mein Charakter. Oder vielleicht mein Vermögen?«
Nielsen nickte langsam.
»Du hast also über alles nachgedacht, genau wie ich, und bist ebenfalls zu dem Schluss gekommen, dass da irgendwas nicht stimmen kann.«
Lasse Henning lächelte schwach.
»Jetzt treffen wir uns schon zum dritten Mal, Johnny. Und zwar innerhalb eines Monats. Es ist lange her, dass wir so regen Umgang gepflegt haben, ist dir das aufgefallen?«
Nielsen runzelte die Stirn.
»Wir rennen einander förmlich die Tür ein.«
»Wir sollten vielleicht auf der Hut sein. Das könnte zu einer schlechten Gewohnheit werden.«
Dann wurde Lasse Henning wieder ernst und kehrte zum Thema zurück.
»Wie haben sich Lindberg und Bellander eigentlich kennen gelernt?«
»Ich weiß nicht«, antwortete Nielsen, »und auch sonst scheint das niemand zu wissen.«
Er starrte eine Weile ins Leere.
»Aber ich glaube nicht, dass es sich um eine neue Bekanntschaft handelt. Sie könnten sich hier in der Stadt begegnet sein, schließlich haben beide hier mal gewohnt.
Wahrscheinlich verkehrten sie auch in denselben Kreisen.«
Er machte eine kurze Pause.
»Aber ich glaube, sie kannten sich schon länger. Sie sind nicht sonderlich weit voneinander entfernt aufgewachsen. Trotz des Altersunterschieds von zehn Jahren und der Tatsache, dass Lindberg in seiner Jugend so oft umgezogen ist, könnten sie sich schon früher begegnet sein.«
Er stützte einen Ellbogen auf den Tisch und massierte nachdenklich sein Kinn.
»Sie könnten sich zu Hause bei seinem Onkel kennen gelernt haben«, meinte er. »Ich kann mir vorstellen, dass sie sich schon lange vor dieser Sache kannten.«
»Gibt es irgendwelche Hinweise darauf?«, fragte Lasse Henning.
Nielsen schüttelte den Kopf.
»Das ist nur so ein Gefühl, ein Gefühl, das noch etwas dahinterstecken könnte - ein Pakt, ein Abhängigkeitsverhältnis oder etwas Ähnliches. Das würde ins Bild passen. Obwohl dieser Onkel behauptet, nichts über Bellander zu wissen, ihn nie gesehen und nie von ihm gehört zu haben. Aber das war kaum anders zu erwarten.«
Lasse Henning nickte.
»Eigentlich spielt es auch keine Rolle mehr, oder?«
Nielsen sah ihn nachdenklich an.
»Hast du schon aufgegeben? Gibt es keine Frage mehr, auf die du eine Antwort suchst?«
Lasse Henning schwieg.
»Eigentlich nicht«, meinte er schließlich, »außer einer. Und auf die werde ich keine Antwort mehr erhalten. Was wollte Bosse Lindberg überhaupt von mir?
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