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Tod im Staub

Tod im Staub

Titel: Tod im Staub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian W. Aldiss
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umgeben sah.
    Angesichts seiner Angst fand ich die Beherrschung wieder. Ich rannte ihm nach, ohne auf Dis Rufe zu achten.
    Als ich auf der Brücke ankam, fand ich Thunderpeck über die Instrumente gebeugt.
    »Weg mit Ihnen! Das hier ist mein Zuständigkeitsbereich!«
    Aber er tat so, als ob er nichts gehört hätte, und drehte sich zu spät um, als ich auf ihn losging. Er hatte an der automatischen Kurssteuerung herumgefummelt. Mit der Wucht eines Rammbalkens landete ich einen geraden Haken in seinem Solarplexus. Er stöhnte, sackte vornüber und fiel auf die Knie.
    Sofort tat es mir leid. Der alte Thunderpeck war mein Freund. Aber die Instrumente und Geräte gehörten mir, ganz allein mir; sie waren Symbole dafür, daß ich ein Mann war, der eine Aufgabe hatte. Ich wollte ihm das klarmachen und schrie auf ihn ein, um sein Keuchen und Stöhnen zu übertönen. Er rang ächzend nach Atem. Mit blaurot angelaufenem Gesicht blickte er auf und sagte etwas, das ich nicht verstehen konnte. Die Bordsprechanlage summte.
    »Brücke«, meldete ich mich.
    »Hier Abdul, Kapitän. Di ist gerade zu mir gekommen. Hat Doc Ihnen ausgerichtet, daß - wir schließen jetzt nämlich den Navigator wieder an, deshalb habe ich die Kurssteuerautomatik abgeschaltet, um eine Überlastung zu vermeiden. Doc sagte, daß wir ...«
    »Sie haben die Kurssteuerautomatik abgeschaltet - mein Gott!«
    Jetzt begriff ich, warum Thunderpeck sich an den Instrumenten zu schaffen gemacht hatte. Die Steuergehirne hatten ihre Arbeit getan, während ich schlief, und nicht daran gedacht, mich über alle Einzelheiten zu informieren ... und hatten sogar selbst einige dieser Einzelheiten vergessen ...
    Ich sah nach vorn. Das Wasser vor uns war schaumbedeckt. Eine Fahrrinne war nicht zu entdecken. Am Horizont war ein dunkler verschwommener Streifen zu sehen, der die Küste oder eine vorgelagerte Klippe sein konnte. Ich konnte nur noch eins tun - die Maschinen drosseln, auf volle Kraft zurück schalten, das Schiff stoppen und mit Handsteuerung langsam achteraus wieder herausmanövrieren.
    Aber noch ehe ich die Schalthebel berühren konnte, dröhnte aus den Tiefen des Schiffes ein knirschendes Geräusch herauf. Der Boden unter meinen Füßen bebte. Wir hatten eine Klippe gestreift!
    Jetzt war es zu spät, an einen Rückzug zu denken.
    Und dabei fällt mir etwas anderes ein. Ich hatte mich tatsächlich jahrelang wegen des Verrats an Jess den Wanderern gegenüber schuldig gefühlt, und als Kind wurde ich lange von dem Gefühl gepeinigt, daß ich irgend etwas hätte tun müssen, um March Jordill zu retten. Aber der alte Thunderpeck hatte wohl meinetwegen viel mehr gelitten als diese beiden, und ich habe mir eine Sekunde lang Sorgen gemacht, was aus ihm wurde. Auch wenn man es nicht wahrhaben will - es muß irgend etwas Besonderes an einem Mann wie mir sein. Ich meine damit nicht nur, daß ich so gut lesen und schreiben kann, sondern daß ich das Leben so vieler Menschen, die mir nahestanden, ruiniert habe.
    Diese Zerstörungswut muß schon immer in mir gewesen sein. Wenn das so war, dann loderte sie nie so hell auf wie damals, als die Trieste Star die Klippe vor der afrikanischen Küste streifte.
    Diese Küste hat eine grausige Geschichte. Ich wußte, wie viele Schiffe und Menschen sie vernichtet hatte. Viele der Schiffe waren an den Klippen aufgelaufen und auseinandergebrochen, und die Mannschaften hatten den gefährlichen Weg bis zur Küste nicht geschafft. Ich handelte damals rasch und ohne viel nachzudenken.
    Ich schob den Hebel für die Handsteuerung mit einem Ruck in die Stellung »volle Fahrt voraus«.
    Es waren großartige alte Schiffe, diese atomgetriebenen Frachter der Star-Linie .Niemand kann mich davon überzeugen, daß die Hovercraft-Transporter jemals für einen Menschen dasselbe bedeuten könnten. Das Meer brodelte, und wir preschten mit vollem Schub vorwärts. Ein tiefes, drohendes Mahlen glitt am Schiff entlang und erstarb.
    Auf den Schaltpulten flackerten Warnlampen und Alarmanlagen auf. Die doppelte Schiffswand war an zwei Stellen aufgerissen worden, und zwar in Höhe der Lagerräume Nr. 6 und 7 und des Lagerraums Nr. 3. Einen Moment lang glaubte ich zu sehen, wie das Wasser mit wütendem Gurgeln hereinschoß. Ich schloß die wasserdichten Schotts zum Lagerraum Nr. 3; die Lagerräume Nr. 6 und 7 enthielten Ballast, und die Schotts schlossen sich nicht. Die Pumpen hatten sich automatisch eingeschaltet, aber die Skala zeigte, daß sie das Ansteigen des

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