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Tod im Staub

Tod im Staub

Titel: Tod im Staub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian W. Aldiss
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Farmern die Schuld daran.
    Hammer und ich waren ungefähr so feinfühlig wie zwei Säcke Zement! Wir waren total ungebildet, unser geistiger Horizont war winzig, aber unsere Intelligenz war so scharf wie die Schneide eines Messers. Nachts, wenn wir unter unseren Decken lagen, waren wir im Traum das, wonach wir uns tagsüber sehnten.
    Einen Tag, an dem ich den Farmer spielte, habe ich immer noch vor Augen. Die ganze Grausamkeit, die in mir steckte, kam zum Vorschein und machte mich stark, und doch konnte ich Hammer nicht einfangen. Er spielte einen Wanderer. Wir stellten uns diese Männer als in bunte Lumpen gekleidete Riesen vor, mit langen Haaren, die ihnen ins Gesicht fielen und hinter denen ihre katzenhaft scharfen Augen hervorspähten, und die frei und mit weit ausgreifenden Schritten das Land durchquerten.
    Der Wanderer Hammer spurtete die tristen Seitenstraßen des verbotenen Bezirks entlang, bog unvermutet in kleine Gäßchen ab, preßte sich gegen zerbröckelnde Mauern und wartete, bis ich vorbei war, dann lief er auf seiner eigenen Spur zurück, schlug Haken, und oft griff meine Hand schon nach seinem ausgefransten Kragen, aber immer vergeblich. Da in diesem Stadtteil vor einiger Zeit eine gefährliche Krankheit gewütet hatte, war er zum Sperrgebiet erklärt worden und seitdem unbewohnt, trotz des fürchterlichen Gedränges, das in den übrigen Teilen der Stadt herrschte.
    Das heißt natürlich, nur offiziell war dieser Bezirk unbewohnt. Die menschliche Ratte konnte überall leben, die dünnste Holzplanke genügte ihr als Zuflucht. Wir hatten einen Weg durch die Absperrungen gefunden, und das gleiche war auch vielen anderen gelungen, den Ausgestoßenen der Stadt, die jetzt hier hausten. Tatsächlich hatte der Meister uns zu diesen Leuten geschickt, und wir hatten seine Ware - alte Kleider und Lumpen - hier mit gutem Profit verschachert. Mit dem Farmer-Spiel feierten wir den glücklichen Handel.
    Hammer raste um eine Ecke in einen ummauerten Hof hinein. Die Mauer am anderen Ende war zwar nur brusthoch, aber ich sah, daß er zu ausgepumpt war, um darüberklettern zu können. Er warf sich in einer Ecke zu Boden und rang keuchend nach Atem.
    Im Hof stand eine wacklige Hütte aus alten Ziegelsteinen und Kisten, darüber eine verzogene und verbeulte Kunststoffplatte als Dach, die mit Steinen beschwert war. Aus dieser Behausung war ein Mann herausgekommen, der jetzt am ganzen Leib zitternd an der Mauer lehnte, und wir sahen zu, wie er starb.
    Er hatte die sogenannte Flockenkrankheit - eine Art Fleischkrankheit. Weder Hammer noch ich hatten ihre Auswirkungen je zuvor beobachtet. Der Mann wankte und bebte und begann plötzlich einen Veitstanz. Dabei zerrte er sich die Kleidung vom Leibe. Gleichzeitig bröckelte das Fleisch stückweise von seinem Körper ab. Ich glaube mich erinnern zu können, daß die Wangen den Anfang machten.
    Blut war kaum zu sehen, nur dieses Abblättern seines trockenen, ausgedörrten Fleisches.
    Wir konnten uns nicht mehr beherrschen und brachen in schallendes Gelächter aus. Das war ein wahrhaft köstlicher Anblick, der dadurch, daß der Mann uns keinerlei Aufmerksamkeit schenkte, noch komischer wirkte. Er hopste weiter herum, und anfangs machten wir ihn nach; aber bald waren wir vor Lachen so erschöpft, daß wir nur noch zusehen konnten. Als der Mann auf seine entfleischten Knie niedersank, warf jemand einen Stein nach uns.
    Im Eingang der winzigen, improvisierten Hütte kauerte eine Frau. Es war kaum zu glauben, daß zwei Menschen darin Platz gefunden hatten. Es war der Ausdruck ihres Gesichts, der uns in die Flucht schlug, nicht der Stein, den sie nach uns geworfen hatte. Ihr Gesicht war vor Zorn völlig entstellt. Erst als wir aus dem Hof heraus waren, wagten wir wieder zu lachen.
    Wir liefen durch die Stadt, ohne unser Spiel wiederaufzunehmen. Es war Zeit, nach Hause zu gehen. Jeder hatte einen Arm um die Schulter des anderen gelegt, teils aus Freundschaft, teils, um in der dichten Menschenmenge außerhalb des verbotenen Bezirks nicht getrennt zu werden. Auf den Straßen waren nur vereinzelt städtische Fahrzeuge zu sehen. Der gesamte andere Verkehr spielte sich auf den Service-Straßen im Innern der Plattform ab. Es waren die Menschen, das riesige Beieinander und Aneinander von einzelnen, Gruppen und Prozessionen, die alle in verschiedene Richtungen strebten und den gesamten Raum auf den Straßen ausfüllten.
    Da gab es Passanten, die ein festes Ziel hatten, und andere, die

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