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Tod im Tauerntunnel

Tod im Tauerntunnel

Titel: Tod im Tauerntunnel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Huby
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will. Da darf ihn jetzt niemand aus dem Konzept bringen. Er zieht die Tür hinter sich zu und geht die Treppe hinunter. Dabei memoriert er vor sich hin wie ein Kind, das zum Einkaufen geschickt wird und nichts vergessen will: »26 75 31« und »22 42 13« und »55 98 48«. Im Lokal bittet er Gächter um einen Kugelschreiber und notiert sich die Nummern in sein Scheckbuch.
    »So ist es, wenn man immer meint, auf ein Notizbuch verzichten zu können«, sagt Gächter, während er krampfhaft versucht, Spaghetti um seine Gabel zu drehen.
    »Nimm den Löffel zur Hilfe, dann klappts«, sagt Bienzle und macht sich über seine Pizza her.
    Im Büro reißt Bienzle das Fenster auf; die Luft ist stickig. Aber was von der Straße hereindringt, bringt auch keine Erfrischung. Bienzle zieht die Krawatte aus, öffnet sein Hemd und trocknet mit dem Taschentuch den Schweiß auf der Brust und unter den Armen. Der Himmel ist dunkel.
    »Es wird ein Gewitter geben«, sagt Gächter.
    »Hoffentlich«, murrt Bienzle und zückt sein Scheckbuch.
    Er wählt die erste Nummer, die er auf Fontanas Schreibtisch gelesen hat. Eine monotone Frauenstimme sagt: Dieser Anschluß ist vorübergehend nicht erreichbar. Dieser An... Er legt auf. Bei der zweiten Nummer erfährt er dasselbe. Er wählt 55 98 48, hört das Freizeichen, dann eine lebendige Frauenstimme:
    »Ja, hier Korbut?« »Ist dort die Schmuckboutique Korbut?« fragt Bienzle.
    Gächter richtet sich überrascht in seinem knarrenden Holzstuhl auf.
    »Ja«, antwortet die weibliche Stimme; »was kann ich für Sie tun?«
    Am liebsten hätte Bienzle gesagt, ein paar wichtige Fragen beantworten; statt dessen improvisiert er: »Ach wissen Sie, ich habe meiner Frau kürzlich einen Ring gekauft, in so einem großen Laden - Jarosewitch oder so ähnlich. Jetzt paßt er ihr nicht. Das heißt nicht, daß er ihr nicht gefällt; er sitzt nicht, verstehen Sie? Und nun sagte man mir, daß Sie so etwas in Ordnung bringen.«
    »Ja, schon«, sagt die Dame am anderen Ende, »aber so gern mache ich das auch wieder nicht, wenn es nicht gerade ein Schmuck von mir ist.«
    »Das kann ich mir denken. Darf ich trotzdem mal vorbeischauen? Ich suche auch nach einem hübschen Anhänger oder einer Kette oder so was. Das finde ich doch bei Ihnen?«
    »Natürlich. Ich habe bis sechs Uhr geöffnet.«
    »Danke, vielen herzlichen Dank«, sagt Bienzle, für Gächters Geschmack etwas zu überschwenglich, und legt auf.
    Gächter fragt: »Das war eine der Nummern, die du dir im Fontana notiert hast?«
    »Richtig.«
    »Und die anderen beiden? «
    »Vorübergehend nicht besetzt; laß doch mal jemand nachforschen, wer die Besitzer dieser Anschlüsse sind.« Bienzle reicht Gächter den Scheck.
    »Vor Scheckfälschern fürchtest du dich überhaupt nicht?«
    »Na, in dem Fall wäre der Täter ja wohl leicht zu ermitteln. Im übrigen ist mein Konto sowieso überzogen.«
    »Und jetzt willst du auch noch einen Anhänger oder eine Kette oder so was kaufen? Deine Frau wird schnell versöhnt sein.«
    »Oh, heiligs Blechle - des hab i ganz vergesse!« Bienzle seufzt und wählt seine Privatnummer.
    Gächter sieht seinem Kollegen voller Mitleid zu, wie er schon beim Drehen der Wählscheibe noch heftiger ins Schwitzen kommt.
    »Was hast du denn meiner Frau erzählt?« fragt der Kommissar.
    »Du bist am Bodensee; wichtige Recherche.«
    »Hallo, Hanna - wie gehts?« ruft Bienzle aufgeräumt.
    Dann schweigt er lange, sagt mal »Aber...«, »Das mußt du doch...«, »Jetzt hör aber mal zu...«, »Ich habe doch...« Dann plötzlich laut und jedes Wort betonend: »Darauf kannst du dich verlassen - das werde ich auch tun!« Er legt auf.
    Gächter liest angelegentlich in einer Akte und macht sich Notizen. Ohne aufzusehen, sagt er: »Du kannst natürlich für ein paar Tage bei mir unterkommen.«
    »Danke«, sagt Bienzle, knöpft sein Hemd zu, bindet die Krawatte um, reißt sie wieder ab und geht zur Tür. »Ich schau mal bei der Korbut vorbei. Haußmann soll nicht vergessen, daß er den Breda im ›Ochsen‹ trifft, und du sorgst dafür, daß wir schnell erfahren, wer die Anschlußinhaber der beiden Nummern sind.«
    Bienzle nimmt einen Dienstwagen. Er kurbelt alle vier Fenster herunter. Das Schalten macht ihm Schwierigkeiten, weil noch immer jede Bewegung des Armes in der Schulter schmerzt. Über dem Fernsehturm zucken die ersten Blitze. Der Wind wirbelt weiße Staubwolken von den Straßen auf. Die Menschen rennen, um noch vor dem Beginn des Unwetters nach

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