Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod im Weinkontor

Tod im Weinkontor

Titel: Tod im Weinkontor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Siefener
Vom Netzwerk:
verhandelt, doch
dieser Mann ist der mutmaßliche Mörder meines Bruders!
Das sollte als Erstes verhandelt werden.« Sie setzte sich
wieder.
    »Wollt Ihr mir vorschreiben, wie ich meine Verhandlung
zu führen habe?«, fragte der Richter in
väterlichem Tonfall, dem seine blitzenden, grauen Augen Hohn
sprachen. An den Angeklagten gewandt meinte er: »Kommen wir
zurück zum Überfall auf Andreas Bergheim. Habt Ihr
allein gehandelt, oder hattet Ihr einen Mittäter?«
    Elisabeth wäre vor Wut beinahe wieder aufgesprungen. Sie
spürte plötzlich Andreas’ Hand an ihrem Arm und
drehte ihm den Kopf zu. Er lächelte beschwichtigend. Die Uhr
im Rathausturm schlug gerade die zehnte Stunde. Elisabeth dachte
daran, wie bei jedem Schlag der Platzjabbeck dort oben die Zunge
herausstreckte, und stellte sich vor, der Richter stehe vor der
Spottgestalt. Ihr Ärger wich, und sie erwiderte das
Lächeln des Priesters.
    Als die Uhr Mittag schlug, schien sich der Richter sein Bild
von dem Überfall auf Andreas gemacht zu haben. Er ordnete
an, dass auch Johannes Dulcken gefangen genommen werden
müsse, und fragte dann endlich Elisabeth: »Was wolltet
Ihr mit Eurem Einwurf vorhin sagen? Wen soll dieser
Engländer umgebracht haben?«
    »Meinen Bruder!« Elisabeth war erneut
aufgesprungen. »Er hatte herausgefunden, dass dieser ein
Verhältnis mit seiner Frau hatte, und von der
Jähzornigkeit und Unberechenbarkeit dieses Mannes konntet
Ihr Euch ja soeben ein Bild machen.«
    »So, konnte ich das?«, meinte der Richter und
verlangte vom Schreiber die Akten. Er las sie langsam, wobei sich
seine Lippen bewegten, über die aber kein Laut drang.
»Ich habe ein anderes Bild von diesem Angeklagten. War er
zur Zeit der Tat überhaupt in Köln?«
    »Der Wirt des Hauses Schönefrau sagte, Edwyn Palmer
habe sich zwei Tage vor dem Tod Ludwig Leyendeckers bei ihm
einquartiert«, mischte sich Andreas ein.
    »Sehr gut, nun übernimmt die Geistlichkeit schon
die Aufgaben des Gerichts«, sagte der Richter und warf
Andreas einen kalten Blick zu. »Wollt Ihr nicht der
Einfachheit halber auch gleich das Urteil sprechen? Ewige
Verdammnis und zuvor eine schöne kleine Hinrichtung auf dem
Scheiterhaufen? Damit hat Euresgleichen doch
Erfahrung!«
    Andreas schluckte. »Es liegt mir fern, die Würde
des Gerichts in Zweifel zu ziehen, doch es wäre
möglich, dass dieser englische Kaufmann des Mordes an einem
ehrbaren Kölner Bürger schuldig ist.«
    »Habt Ihr diesen… diesen…, ich habe seinen
Namen schon wieder vergessen. Habt Ihr ihn umgebracht?«,
wollte der Richter von Palmer wissen.
    Der Angeklagte senkte den Kopf und sagte laut:
»Nein.«
    »Na also. Damit wäre das erledigt.«
    »Das nennt Ihr Recht sprechen?«, erboste sich
Elisabeth. »Ihr habt ihn ja nicht einmal richtig
befragt!«
    »Richtig befragt?« Der Richter erhob sich langsam
und wandte sich ihr zu. »Ihr wollt, dass ich ihn richtig
befrage? Das kann ich tun. Ich kann ihn foltern lassen, bis die
Sonne durch ihn scheint, wenn Euch das Genuss bereiten sollte.
Wie wäre es, wenn Ihr seine Schreie hört und wisst,
dass Ihr dafür verantwortlich seid? Nun gut, es geschehe.
Das peinliche Verhör wird morgen Abend unter dem Turm
beginnen. Die Sitzung ist beendet.«
    Edwyn Palmer hob den Kopf und schaute seine Frau an. Seine
Augen waren schreckgeweitet. »Das dürft Ihr
nicht!«, schrie er. »Ich nicht stehe unter Eurem
Gesetz!«
     
    Der Richter kümmerte sich nicht um Palmers
Rechtsauffassung und setzte den genauen Zeitpunkt für die
Folter fest.
    In einem Gespräch mit dem Richter kurz vor dem peinlichen
Verhör hatte Andreas erreicht, dass er bei der Folter Edwyn
Palmers zugegen sein durfte, denn er kannte schließlich die
Einzelheiten im Fall Ludwig Leyendecker. Auch Elisabeth hatte
dabei sein wollen, aber der Richter hatte es ihr verwehrt.
    Palmer war an einen Stuhl gefesselt, und der Nachrichter
erklärte ihm gerade die Wirkungsweise der Beinschrauben, die
ihm langsam die Waden zerquetschen würden, und der
Daumenschrauben, die ein Gleiches mit seinen Händen machen
würden.
    »Leugnet Ihr, Ludwig Leyendecker getötet zu
haben?«, fragte der Richter mit seiner falschen,
väterlichen Stimme.
    »Jawohl«, antwortete Palmer fest. Schweiß
stand auf seiner Stirn. »Ihr dürft mich nicht
foltern.«
    »Wenn es um Mord geht, darf ich alles. Ich bin jetzt
für dich der liebe Gott, mein Sohn. Gleich wirst du reden.
Nachrichter, ein paar

Weitere Kostenlose Bücher