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Tod in Blau

Tod in Blau

Titel: Tod in Blau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Goga
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der Inspektion D als
     unter seiner Würde betrachtete, und meldete sich bereitwillig für
     die Schicht, die am späten Nachmittag begann und deren Ende offen
     war. Sein Dienstschluss hing davon ab, wie der Verdächtige seinen
     Abend verbrachte. Hoffentlich war der Kerl kein Nachtschwärmer. 
    Nachdem er sich von den
     Kollegen verabschiedet hatte, begab er sich auf seinen Beobachtungsposten
     in der Winterfeldtstraße, wo der Verdächtige wohnte. Er zündete
     sich eine Zigarette an und klappte den Mantelkragen hoch. Eine Elektrische
     ratterte klingelnd über den benachbarten Nollendorfplatz, vereinzelte
     Automobile fuhren zischend durch die Pfützen, dass das Wasser in Fontänen
     spritzte. Die Straßenlaternen spiegelten sich gelb im nassen
     Pflaster. Verfluchtes Wetter, da hätte er sich
     wirklich eine schönere Abendbeschäftigung vorstellen können.
     Am Kamin sitzen, eine gepflegte Zigarre rauchen, dazu ein Glas Weinbrand
     und die Gesellschaftsbeilage der Zeitung.
    Die Versetzung nagte an ihm.
     Warum ausgerechnet er und nicht ein Mann wie Leo Wechsler, der mehr als
     einmal mit seinen Vorgesetzten aneinandergeraten war? Der es vorzog, sich
     mit Gesindel anzufreunden und auf diejenigen, die vor dem Krieg das Sagen
     gehabt hatten, herabzuschauen? Doch er wusste, dass Protest sinnlos war.
     Von Fritzsche war sein bester Kontakt im Präsidium, und es wäre
     unklug, ihn mit weiteren Beschwerden zu verärgern. Nein, lieber würde
     er sich bei diesem Fall auszeichnen und auf eine baldige Rückkehr in
     die Inspektion A hoffen.
    Von Malchow ging im Geiste
     die Informationen durch, die er von Rohde und Härtung erhalten hatte.
     Viel hatten sie zu dem Verdächtigen bisher nicht in der Hand; da hieß
     es, sich die Hacken ablaufen oder stundenlang im Regen stehen, um Material
     zu sammeln. Ein Allerweltsname. Hoffentlich nicht auch ein
     Allerweltsgesicht, das sich kein Zeuge merken konnte.

 
    7
    Die Mutter saß in der
     engen Stube und wiegte den Kleinen in den Armen. Ihr Gesicht war immer
     sorgenvoll, doch heute schienen die Falten noch tiefer als sonst. Paul drückte
     sich an der Tür herum. Er wagte nicht, sie anzusprechen, und hoffte
     dennoch, sie möge ihn endlich ansehen. Sein kleiner Bruder hustete.
     Ein unheimlicher, rasselnder Ton tief in seiner Brust, den Paul nur zu gut
     kannte. Wenn er den hörte, wusste er, dass seine Mutter keinen Blick
     mehr für ihn hatte.
    »Warst ja die ganze
     Nacht weg«, sagte sie schließlich, ohne hochzusehen. »Auf
     dem Herd steht noch Suppe. Und hier, 'n Kanten Brot. Iss, bevor Vater
     kommt.«
    Was so viel heißen
     sollte wie iss, bevor es eine Tracht Prügel setzt und er dir die
     Suppe wegnimmt. Zögernd trat Paul an den Herd und schaute in den
     Topf. Eine dünne Brühe mit wenigen Fettaugen, ohne Fleisch, nur
     ein paar Stückchen Sellerie und Porree. Vereinzelte Möhrenscheiben.
     Paul wusste nicht, wann er sich zuletzt richtig satt gegessen hatte. Ach
     ja, neulich hatte ihm Erich Oster eine Scheibe Braten mit Soße und
     Kartoffeln spendiert. Zu Hause hatte er nichts davon erzählt, weil er
     mit schlechtem Gewissen gegessen und es dennoch unendlich genossen hatte.
     Er löffelte die Suppe direkt aus dem Topf, wohl wissend, dass seine
     Mutter nicht schimpfen würde. Wenn es Berti gut ging, durfte er sich
     das nicht erlauben, doch solange der Kleine krank war, nahm sie es nicht
     so genau. Er schob das letzte Stück Brot in den Mund und wischte sich
     die Hände an einem fadenscheinigen Geschirrtuch ab, das neben dem
     Herd hing. Das Karomuster war völlig verwaschen.
    »Der Kleine hustet
     wieder«, sagte seine Mutter verzweifelt. Dabei war es nicht zu
     überhören. Paul hatte seine Mutter lieb, aber manchmal hätte
     er laut schreien mögen. Wie jetzt, wenn sie durch ihn durchguckte.
     Wenn sie nicht merkte, dass es tief in ihm drin wehtat. Weil er seinen
     Freund verloren hatte.
    »Ich hab gehört,
     es gibt so einen Frauendoktor«, sagte er vorsichtig. »Die Männer
     in der Kneipe haben drüber geredet. «
    Endlich blickte die Mutter
     hoch, ziemlich verwundert. »Was soll der Kleine denn beim
     Frauendoktor? Junge, manchmal redste wirklich Unsinn.«
    »Nein.« Paul spürte,
     wie er rot wurde. Die Gedanken rutschten bisweilen einfach weg, wenn er
     nach ihnen greifen wollte. »Ich meine eine Frau, die Doktor ist.«
    »Eine Ärztin? Ach
     ja, von der hab ich auch gehört. Soll nett sein«, sagte die
     Mutter geistesabwesend. »Aber die

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