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Tod in Blau

Tod in Blau

Titel: Tod in Blau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Goga
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völlig
     anderen Künstler dahinter vermuten können. Eine junge, fast
     unbekleidete Frau, an deren Körper Geldscheine klebten, vor einem
     warmroten Hintergrund. Ihre Haltung war so grazil, dass es sich nur um
     eine Tänzerin handeln konnte.
    »Was mag das hier
     gewesen sein?« Walther riss Leo aus der Betrachtung und deutete auf ein Häufchen
     Asche, neben dem einige verkohlte Holzstreben lagen.
    Leo kniete sich hin und
     beugte sich darüber. »Metallstücke, es könnten
     verbogene Nägel sein. Nehmt Proben von allem mit, Asche, Holzreste,
     Metall, was ihr findet. Auch die Essensreste. Wer weiß, wen er hier
     bewirtet hat. Und Fingerabdrücke.« Er wandte sich an Berns.
     »Sie sehen sich bitte draußen um. Ich glaube zwar kaum, dass
     wir verwertbare Fußspuren finden, weil alles von der Feuerwehr
     zertrampelt wurde, aber wir können mögliche Abdrücke mit
     den Sohlen der Feuerwehrstiefel vergleichen.« Berns nickte und
     verschwand nach draußen.
    Zeitler fotografierte den
     Tatort aus verschiedenen Winkeln, bevor Stahnke und Berns die
     Spurensicherung übernahmen. Sie bestäubten sämtliche Flächen
     mit Graphitpulver, konservierten die Abdrücke und verpackten
     Essensreste und Malutensilien. Nachdem Fräulein Meinelt das Protokoll
     mitstenographiert hatte, wandte Leo sich an Erichsen. »Wir fahren
     jetzt zu der Ehefrau des Verstorbenen. Haben Sie die Adresse?«
    »Sie steht in der Akte.«
    »Gut. Gehen wir.«
     Er warf noch einen langen Blick auf die Bilder, dann schaltete er das
     Licht aus und verließ als Letzter das Atelier.
    *
    Nelly Wegner öffnete
     ihnen mit verweinten Augen die Tür. Zum Glück hatte ihr schon
     jemand anders die schlimme Nachricht überbracht, dachte Leo,
     egoistischerweise erleichtert. Die Frau erinnerte ihn an eine zarte Blume,
     nicht unbedingt wegen ihrer Schönheit, sondern weil sie geradezu
     durchsichtig wirkte. Helles, fast weißes Haar, das flaumig um ihr
     blasses Gesicht wölkte, und riesige braune Augen. Ihr Kleid war
     zerknittert, als hätte sie darin geschlafen. Sie trat einen Schritt
     zurück, noch bevor sie sich ausweisen konnten.
    »Sie sind sicher von
     der Polizei. Kommen Sie bitte herein.«
    Leo fiel sofort der
     schimmernde honigbraune Dielenboden auf, auf dem kein einziger Teppich
     lag. Die Möbel waren schlicht, es gab kaum Dekorationsgegenstände
     außer den zahlreichen Bildern, die die weißen Wände schmückten.
     Im Wohnzimmer stand ein riesiger Gummibaum, dessen Triebe fast bis zur
     Decke reichten.
    Nelly Wegner bot ihnen Platz
     in zwei Sesseln an, über denen bunte Tücher mit geometrischen
     Mustern lagen. Leo warf einen anerkennenden Blick darauf, bevor er sich
     setzte. »Mexikanisch?«
    Sie nickte. »Arnold war
     einmal dort, noch vor dem Krieg. Er hat diese Tücher mitgebracht und
     konnte sich nie von ihnen trennen, obwohl sie hier und da fadenscheinig
     geworden sind.«
    »Setzen Sie sich doch
     bitte«, sagte Leo.
    »Nein, ich möchte
     lieber stehen.« Sie erinnerte ihn an ein Schulmädchen, wie sie
     mit gefalteten Händen zwischen ihnen stand, den Kopf gesenkt. Dann
     bemerkte er, dass ihre Finger ganz rot waren, während die Knöchel
     weiß hervortraten. Sie knetete unablässig ihre Hände und
     wartete schweigend ab. Es half nichts, er musste den ersten Schritt tun.
     »Sie wissen, warum wir hier sind?«
    Sie biss sich auf die Lippen.
     »N-nein, nicht genau.«
    Walther war froh, dass sein
     Kollege diesen Teil übernahm.        
    Leo beugte sich vor und
     schaute sie eindringlich an. »Ihr Mann ist verstorben, Frau Wegner.«
    »Ja.« Sie
     schluckte, schien irgendwie abwesend. »Bei einem Brand. Es war ein
     Unfall.«
    »Das steht noch nicht
     genau fest. Bitte beschreiben Sie uns, was genau Sie vorgefunden haben,
     als Sie das Atelier betraten. Später brauche ich eine Liste mit der
     gesamten Einrichtung des Ateliers, wir müssen herausfinden, ob etwas
     fehlt.«
    Sie sah ihn an, als wäre
     sie jetzt erst aufgewacht, und schluckte wieder. »Ich habe nur kurz
     hingesehen… es war entsetzlich. Gar nicht wie ein
     Mensch. Ich konnte nur noch schreien.« Dann, wie betäubt:
     »Was haben Sie da eben gesagt? Es steht noch nicht fest, ob es ein
     Unfall war?« 
    »Genau.«
    Sie zuckte sichtlich
     zusammen. »Wie meinen Sie das? Die Feuerwehr hat doch - ich meine -«
    »Die Feuerwehr hegt
     ernsthafte Zweifel an der Unfalltheorie.« Leo nahm Zuflucht zur
     amtlichen Ausdrucksweise. »Es gibt Hinweise, die

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